Glimpfliches Urteil im „Gauleiter-Prozess“
Volksverhetzung nicht zu beweisen
Bitburg/Aachen. Im Zweifel für den Angeklagten: Dieser juristische Grundsatz kam im so genannten „Gauleiter-Prozess“ zum Tragen: Der 50-jährige Polizeihauptkommissar des „Instituts für Aus- und Fortbildung Linnich“ wurde zu 60 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt.
Volksverhetzung, Körperverletzung, Diebstahl und Untreue, diese Taten wurden dem Polizisten zur Last gelegt: Was am letzten Verhandlungstag noch übrig blieb, war aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine recht magere Anklage. .Von den Tatvorwürfen hat sich nur die Untreue und die gefährliche Körperverletzung bewiesen“, so der Staatsanwalt. Viele der Zeugen seien zwar glaubwürdig gewesen, .und einige der Äußerungen sind sicherlich auch gefallen“, führte der Staatsanwalt zum Anklage -punkt der Volksverhetzung aus, .doch den Tatbestand sehe ich als nicht bestätigt. In diesem Punkt habe ich erhebliche Zweifel“.
Bei den Diebstahlsvorwürfen sah die Staatsanwaltschaft keine .Zueignungsabsicht“. So blieben nur noch die Tatvorwürfe der .Untreue“ (private Fahrten mit dem Dienstwagen zum Eintreiben der Miete) und die gefährliche Körperverletzung an einem Jungen. Hier nahm die Staatsanwaltschaft einen minder schweren Fall an und schloss das 15-minütige Plädoyer mit dem Antrag auf eine Gesamtstrafe von 100 Tagessätzen zu 70 Euro und Freispruch in den übrigen Anklagepunkten.
„Kein Bonus“
Vor allem hat unseren Mandanten der Vorwurf der Volksverhetzung getroffen“, sagte Verteidiger Joussen, Es ist eine Genugtuung, dass nach viereinhalb Jahren ein Freispruch erfolgt.“ Verteidiger Strauch sagte: .Auf keinen Fall soll hier der Eindruck entstehen, dass hier eine Art Polizistenbonus gewährt wird.“
Das Gericht unter Vorsitz von Richter Udo May schloss sich der Ansicht der Staatsanwaltschaft an, dass nur die Untreue und die Körperverletzung zu bestrafen waren. Für den Polizeibeamten steht nun noch ein Disziplinarverfahren aus.
Quelle: Aachener Nachrichten 25.09.2003