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Überfälle bleiben für drei junge Täter ohne Konsequenzen
Polizei muss jugendliches Trio schnell wieder auf freien Fuß setzen. Entscheidung der Staatsanwaltschaft sorgt für Unmut und Kritik.
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08.03.2018
Überfälle bleiben für drei junge Täter ohne Konsequenzen
Polizei muss jugendliches Trio schnell wieder auf freien Fuß setzen. Entscheidung der Staatsanwaltschaft sorgt für Unmut und Kritik.
Aachen. Die Staatsanwaltschaft spricht von versuchten Trickdiebstählen, die Polizei ordnet die Delikte eher als Raubversuch ein. Begangen wurden sie am Montag von drei jugendlichen Tätern, die zwar von der Polizei festgenommen werden konnten, die aber allem Anschein nach keine Konsequenzen zu befürchten haben. Auf Geheiß der Staatsanwaltschaft mussten sie schnell wieder laufengelassen werden. Vor allem im Internet sorgt das für viel Aufregung, einige anonyme Kommentatoren sprechen von einem Armutszeugnis für die Justiz.
Nach Angaben der Polizei sollen eine 17-Jährige und zwei Mittäter im Alter von 14 und 16 Jahren am Morgen zunächst einen älteren Mann an einem Geldautomaten an der Oppenhoff Allee um 300 Euro erleichtert haben, am Nachmittag sollen sie dann mit der gleichen Masche versucht haben, einem 76-Jährigen an einem Automaten am Friedrich-Wilhelm-Platz Geld abzunehmen. Nur dank des beherzten Einschreitens von Zeugen konnte dies verhindert werden.
Zeugenaussagen zufolge sollen die drei jungen Leute gespuckt und rumgepöbelt und dabei auch den 76-Jährigen bei seinem Bankgeschäft immer wieder gestört und belästigt haben. Auch sollen sie ihn gegen die Wand gedrückt haben. Als er sein Geld aus dem Geldschacht nehmen wollte, hätten sie zuerst zugegriffen. Der Mann habe laut geschrien und so Hilfe von Passanten herbeirufen können. Diese Passanten haben nach Polizeiangaben dann auch die Verfolgung der Flüchtenden durch den Elisengarten aufgenommen und die anrückenden Beamten per Handy auf die richtige Spur gesetzt. In der Sackgasse am Klosterplatz klickten schließlich die Handschellen.
Bei dem Trio fanden die Beamten mehrere hundert Euro. Das Geld wurde sichergestellt. Ermittlungen ergaben, dass die jungen Leute einige Tage zuvor bereits in Oberhausen wegen eines ähnlichen Delikts erkennungsdienstlich behandelt worden waren. Noch während der Ermittlungen meldete sich der ältere Mann, der zuvor an der Oppenhoff Allee überfallen worden war. Beide Opfer blieben unverletzt.
Die Festgenommenen hätten jegliche Aussage verweigert und die Beamten schwer beleidigt, teilt die Polizei weiter mit. Dennoch konnten sie die Wache schnell wieder verlassen, denn die Staatsanwaltschaft entschied nach telefonischer Rücksprache im Eildienst, dass keine ausreichenden Haftgründe vorlägen. Es handele sich ja noch „um halbe Kinder“. erklärt Katja Schlenkermann-Pitts, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zudem gelten die Grundsätze der Haftvermeidung und der Verhältnismäßigkeit. Für diese Taten, bei denen letztlich kein Schaden entstanden sei, käme kein Jugendlicher ins Gefängnis, sagt sie. Daher habe man sie auch nicht länger auf der Wache festhalten können. Dass nicht einmal der Wohnsitz der Jugendlichen aus Süd- oder Osteuropa festgestellt werden konnte, spiele für die Entscheidung keine Rolle. Einziger Nachteil: Man könne nun nicht „erzieherisch“ auf die Jugendlichen einwirken, was in solchen Fällen das Übliche wäre. Denkbar sei etwa die Auflage von Sozialstunden.
Dass die schnelle Freilassung von der Polizei und den mutigen Zeugen als frustrierend empfunden wird, ahnt auch Schlenkermann-Pitts. „Wir sind dem Gesetz verpflichtet“, sagt sie, da dürfe man nicht „emotional überreagieren“.(gei)
Kommentar: Dies ist nicht das erste Mal, das die Aachener Staatsanwaltschaft im Nachhinein feststellt, das sie (als Experten) die Lage rechtlich völlig falsch beurteilen.