„Die Menschen fühlen sich alleingelassen“

Di, 29. Dez. 2015
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 17

„Die Menschen fühlen sich alleingelassen“

Stiftung fordert mehr Polizeipräsenz im Ostviertel. Bevölkerung zunehmend verängstigt, Umsatzeinbußen in den Geschäften.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Verunsicherung bis hin zu panikartigen Reaktionen, Umsatzrückgänge, Furcht vor Schutzgeldzahlungen, Überlegungen, eigene Maßnahmen zu ergreifen: Jürgen Kutsch, Initiator der gleichnamigen Stiftung, hat rund um Elsassplatz und Kennedypark bedrückende Beobachtungen gemacht, seit dort immer häufiger verfeindete Rockergruppen ihr Unwesen treiben und das Ostviertel zum Schwerpunkt ihrer Schauläufe gemacht haben. Kutsch hat deshalb einen offenen Brief an den Rat, die Stadtverwaltung, die politischen Parteien und die Polizei in Aachen verfasst. Durch das Auftreten von „Hells Angels“ und „Bandidos“ werde die Bevölkerung zunehmend verängstigt. Kutsch verweist dabei auf ein Picknick der Stiftung mit mehr als 100 Teilnehmern im Kennedypark, als einige Frauen und Kinder beim Auftauchen von etwa 50 Kuttenträgern panikartig geflüchtet waren.

„Nicht nur die Häufigkeit dieser Versammlungen hat zugenommen, sondern die sich dort versammelnden Menschen werden zunehmend übergriffig, indem sie Geschäfte betreten und sich zufällig vor Ort aufhaltende Passanten einschüchtern“, schreibt Kutsch an die Verantwortungsträger. Zwar erfolge regelmäßig eine Reaktion der Polizei, die jedoch über beobachtende Maßnahmen nicht hinausgingen. Ein präventives Verhalten der Sicherheitskräfte, das derartige Zusammenrottungen offensichtlich gewaltbereiter Personen verhindere, „konnte bis jetzt leider nicht festgestellt werden“.

Seit Monaten seien die Bürger des Viertels bemüht, das zunehmende Negativ-Image zu überwinden: „Diese Bemühungen werden durch die häufiger werdenden, massiven Bedrohungen nicht nur erschwert, sondern es ist mittlerweile eine Situation eingetreten, in denen sich die Menschen von den zuständigen Instanzen alleingelassen fühlen.“ Weiter hießt es: „Da die fast immer mit Motorrädern vorfahrenden Gruppen auf keinen nennenswerten Widerstand stoßen, ist nicht zu erwarten, dass ihre überfallartigen Angriffe auf den ohnehin schon schwierigen Frieden in diesem multikulturell geprägten Stadtteil in Zukunft aufhören.“ Kutsch schlägt „im Hinblick auf die Leuchtturm-Funktion, die das Ostviertel für unsere weltoffene, über 150 Nationen bietende Stadt ausübt“, die zügige Umsetzung geeigneter Maßnahmen vor, etwa kurzfristig eine verstärkte Polizeipräsenz und langfristig eine städtebauliche Aufwertung des Platzes, der oft menschenleer sei, o bwohl er im Zentrum des Viertels liege.

Durchaus präventiv tätig

Die Polizei nimmt die Sorgen der Anwohner und Geschäftsleute sehr ernst. Sprecherin Petra Wienen: „Dass die Betroffenen das Aufkommen solcher Gruppierungen mit Unbehagen verfolgen, ist verständlich, das Auftreten an sich ist jedoch nicht verboten.“ Es würden allerdings sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um wirkungsvoll und nachhaltig zu verhindern, dass sich kriminelle Rockerbanden festsetzten und die Bürger verunsicherten. „Dazu dienen die jüngsten Festnahmen, weitere laufende Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft sowie ebenfalls das kürzlich durch die Stadt Aachen ausgesprochene Kuttentrageverbot.“ Die Polizei sei durchaus präventiv tätig, Beamte seien verstärkt uniformiert als auch zivil vor Ort; zudem würden zusätzliche Kräfte anlassbezogen eingesetzt. „Die betreffenden Personen sind im Blick der Polizei.“

Die Stadt Aachen verweist darauf, dass auch das Ordnungsamt routinemäßig im Ostviertel im Einsatz ist. Der Elsassplatz sei 2004 zuletzt – im Rahmen der Stadtteilerneuerung Aachen-Ost – umgestaltet worden, sagt Axel Costard vom Presseamt: „Eine veränderte Verkehrsführung reduzierte die Schadstoffbelastung, und durch das Absenken der den Platz umrandenden Mauern wurde mehr Sicherheit erreicht, da nun alle Himmelsrichtungen gut einsehbar sind. Der Elsassplatz ist damit heller und offener geworden.“ Weitere Ideen und Veränderungswünsche nehme man gerne auf, allerdings lasse sich mit städtebaulichen Mitteln nur in begrenztem Maße steuern, welche Personen sich dort aufhielten.

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