Gabriel-Kritik auch von Genossen

Di, 19. Mai. 2015
Aachener Nachrichten – Stadt / Blickpunkt / Seite 2

Gabriel-Kritik auch von Genossen

Nicht nur SPD-Außenminister Steinmeier rät zu mehr Zurückhaltung in der BND-Affäre. Auch andere Sozialdemokraten halten den Vorstoß ihres Parteichefs für zu schrill. Die meisten wollen anonym bleiben.

Von Werner Kolhoff

Berlin. Das harsche Auftreten der SPD-Spitze gegen die Kanzlerin und die US-Regierung in Sachen BND/NSA-Affäre ist bei der Union auf Empörung gestoßen. Aber auch in den eigenen Reihen finden etliche mindestens die Tonlage problematisch.

Namentlich zitiert werden wollte niemand, doch hielten einige prominente Sozialdemokraten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Ein ehemaliges Mitglied der Führungsmannschaft von Gerhard Schröder – heute noch in Regierungsdiensten – sagte sichtlich empört: „Damit machen wir uns international doch lächerlich, das ist absolut unseriös.“

Kritik an Fahimis Wortwahl

Gemeint war die Forderung von SPD-Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die Liste der Suchbegriffe, die der US-Geheimdienst NSA dem BND untergejubelt hatte, dem NSA-Untersuchungsausschuss auch ohne Genehmigung Washingtons zur Verfügung zu stellen. Es gebe klare völkerrechtliche Vereinbarungen mit den USA. Würden sie absichtlich gebrochen, so der Kritiker, „können wir die Zusammenarbeit mit denen vergessen – und mit anderen Nationen auch.“ Jeder wisse zudem, dass Unterlagen im Untersuchungsausschuss nicht geheim blieben.

Altkanzler Schröder selbst nannte Gabriels Forderung nach Aufklärung in einem Interview gestern zwar gerechtfertigt, fügte aber hinzu: „Ob die Aufklärung nicht besser im Bereich der Regierung auf der einen Seite und des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages auf der anderen Seite bleibt, das ist eine andere Frage.“

Andere Sozialdemokraten stießen sich mehr an der Wortwahl insbesondere Fahimis. Sie hatte davon gesprochen, dass Deutschland sich nicht zum „Vasallen“ der USA machen und „nicht unterwürfig um Erlaubnis betteln“ dürfe. Einen „gewissen Antiamerikanismus“ erkannte einer in diesen Formulierungen, ein anderer, ein einflussreiches Fraktionsmitglied, sagte, er würde sich so nicht ausdrücken.

Auch Fahimis Vergleich mit dem Nein zum Irak-Krieg („Gerhard Schröder hat vorgemacht, wie man Rückgrat zeigt“) stieß auf Kopfschütteln. Anders als der Irak-Krieg sei die BND-Affäre in der Bevölkerung keine große Sache. Es sei die Frage, ob dieser Vorgang, über den in zwei Jahren niemand mehr reden werde, es wert sei, einen solchen Konflikt anzuzetteln. Zum Vergleich: Gabriel hatte von einer „Staatsaffäre“ gesprochen und von Merkel verlangt, „Rückgrat“ zu zeigen.

Offiziell dementiert wurde gestern allerdings eine Meldung, dass es zwischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Gabriel in der Angelegenheit ein Zerwürfnis gebe und dass beide deswegen miteinander telefoniert hätten. Allerdings bezog Außenamtssprecher Schäfer das Dementi ausdrücklich nur auf ein Telefonat – nicht auf andere Gespräche zwischen beiden.

Außerdem machte er deutlich, dass Steinmeier die Sache weit vorsichtiger angeht. Schäfer sprach von „berechtigten Sicherheitsinteressen“ der Amerikaner. Zwischen ihnen und dem Aufklärungsinteresse des NSA-Ausschusses müsse es einen Kompromiss geben. Als Möglichkeit ist inzwischen in Berlin in der Diskussion, dass nur die Obleute der Fraktionen im Untersuchungsausschuss die Listen einsehen dürfen, ohne sie kopieren zu können. Das dürfte eine der Lösungen sein, die in den derzeit laufenden Konsultationen mit der US-Regierung erörtert werden. Offen ist, ob es bis zu den Sitzungen des Kontrollgremiums und des Untersuchungsausschusses Mitte dieser Woche schon Klarheit geben wird.

Seehofer: Das ist inakzeptabel in einer Koalition

CSU-Chef Horst Seehofer hat den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel für dessen jüngste Aussagen in der Geheimdienstaffäre gerügt. „Das Vorgehen von Herrn Gabriel in der Sache BND, das halte ich für inakzeptabel in einer Koalition“, sagte Seehofer gestern in München vor einer CSU-Vorstandssitzung. Dies entspreche „nicht der Staatsverantwortung, die eine Regierungspartei hat“, sagte Seehofer.

Gabriel hatte vor einer Staatsaffäre gewarnt, falls nicht der Verdacht ausgeräumt werden könne, der Bundesnachrichtendienst könnte dem US-Geheimdienst NSA beim Ausforschen deutscher Unternehmen geholfen haben. Außerdem forderte er von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Rückgrat zu zeigen und die bislang geheimen Spählisten des NSA zur Not auch ohne US-Zustimmung zu veröffentlichen. (afp)

„Damit machen wir uns international doch lächerlich.“

Prominenter Sozialdemokrat,
der anonym bleiben will,
zu Gabriels Forderung

Kommentar: Warum wird Gabriel nie Bundeskanzler? Weil er nicht in der Lage ist, das Gesamte zu sehen und einzelne Probleme dann zu lösen. Er polemisiert leiber an einem Problem ohne zu bemerken, dass er das Ganze zerstört. 

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