Do, 8. Aug. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / AN Politik / Seite 4
Kritische Bürger hinter Gittern
Verfolgungswelle in China trifft oppositionelle Blogger und Dissidenten
Peking. Hoffnungen auf eine Liberalisierung nach dem Generationswechsel in Chinas Führung sind enttäuscht worden. Im Gegenteil: Seit dem Machtantritt von Staats- und Parteichef Xi Jinping sind Dutzende von Aktivisten und kritische Intellektuelle in Haft genommen worden. „Bedauerlicherweise sehen wir weiter eine Verschlechterung der Menschenrechtslage in China“, attestierte die für Menschenrechte zuständige Abteilungsleiterin im amerikanischen Außenministerium, Uzra Zeya, bei ihrem jüngsten Besuch in Peking.
Ein „beunruhigender Trend“ sei die Verfolgung von Familienangehörigen von Dissidenten. Prominenteste Beispiele sind Liu Xia, die seit 2010 unter Hausarrest stehende Frau des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, oder Verwandte des in die USA geflüchteten blinden Bürgerrechtlers Chen Guangcheng. Mit harter Hand geht Chinas Staatssicherheit auch gegen Mitglieder der „Bewegung der neuen Bürger“ vor, eine Gruppierung von Intellektuellen, die gegen Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch kämpfen.
Das Regime reagiert panisch
Seit dem Frühjahr 2011, als die Sicherheitsorgane fast panisch auf den arabischen Frühling reagierten und „Jasmin-Proteste“ in China befürchteten, habe China nicht mehr eine solche Verfolgungswelle erlebt, stellt der Menschenrechtsforscher Nicholas Bequelin von der Organisation Human Rights Watch fest. Auch nach Zwischenfällen mit Tibetern oder muslimischen Uiguren in Xinjiang sei „eindeutig eine Verschlechterung der Lage“ in diesen Regionen erkennbar.
In der Verfolgung von Dissidenten setze der neue Präsident Xi Jinping die Politik seiner Vorgänger fort, sagt Bequelin. „Kritiker, Bürgerrechtler und Zivilgesellschaft gelten als Faktoren für Instabilität.“ Höhepunkt der neuen Kampagne ist die Festnahme von Xu Zhiyong, dem Kopf der „Bewegung der neuen Bürger“. Der Juradozent durfte schon länger nicht mehr unterrichten und stand seit drei Monaten unter Hausarrest. Mit ihm wurden 15 Aktivisten aus seinem Umfeld in Haft genommen. Dem 40-Jährigen wird „Organisation einer Menschenmenge mit dem Ziel der Störung der öffentlichen Ordnung“ vorgeworfen.