Luftrettung vor der deutschen Küste in Gefahr

Mi, 28. Jan. 2015
Aachener Nachrichten – Stadt / Aus aller Welt / Seite 5

Luftrettung vor der deutschen Küste in Gefahr

Von 21 „Sea King“-Helikoptern der Bundesmarine sind nach NDR-Informationen maximal vier einsatzbereit

Hamburg. Deutschland kann die Seenotrettung auf Nord- und Ostsee aus der Luft kaum noch gewährleisten. Das legen vertrauliche Dokumente aus dem zuständigen Bundesverkehrsministerium nahe, die dem NDR-Politikmagazin „Panorama 3“ vorliegen.

Bei Unglücken mit größeren Schiffen verlässt sich das Ministerium bislang auf die Such- und Rettungshubschrauber der Marine. Deren Helikopter vom Typ „Sea King“ sind jedoch bereits 40 Jahre alt. In dem vertraulichen Bericht wird explizit vor einem „Ausfallrisiko“ der Hubschrauber gewarnt. Der Bericht stellt „eine z. T. kritische Verfügbarkeit der Helikopter bis hin zu einer vollständigen Stilllegung der Sea-King-Flotte“ fest.

Nach NDR Informationen waren zuletzt von den insgesamt 21 „Sea King“-Hubschraubern regelmäßig nur noch vier oder weniger Maschinen einsetzbar. Manchmal war sogar nicht ein einziger Hubschrauber einsatzfähig. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Rettungskette, die in Notfällen greift. Laut internem Bericht war zum Beispiel im Jahr 2013 „überwiegend nur eine von zwei SAR-Außenstellen mit einem einsatzklaren Helikopter besetzt“.

Problemfall Warnemünde

Besonders betroffen war nach Informationen von „Panorama 3“ die Such- und Rettungs-Außenstelle Warnemünde an der Ostsee. Im vergangenen Jahr stand dort weniger als einen Monat lang ein einsatzfähiger Hubschrauber bereit. Auch für 2015 ist bis auf weiteres keine Stationierung eines Hubschraubers in Warnemünde vorgesehen. Rettungseinsätze in der Ostsee müsste die Marine demzufolge von den Rettungsstellen an der Nordsee aus (Nordholz bei Cuxhaven oder Helgoland) fliegen.

„Das würde von Nordholz bereits bis in die Mecklenburger Bucht eine Stunde Flugzeit bedeuten, bei einer Fluggeschwindigkeit von rund 90 Knoten“, kritisiert Reinhard Schlepphorst, Vorsitzender der Interessengemeinschaft des fliegenden und luftfahrzeugtechnischen Personals der Bundeswehr. Für den Bereich Ostsee sei demnach die Stunde Rettungszeit, die bis zur medizinischen Versorgung von Verletzten eigentlich empfohlen werde, nicht mehr einzuhalten.

Ein Marine-Sprecher räumt ein: „Wir müssen erheblichen Aufwand betreiben, um die Einsatzfähigkeit sicherzustellen.“ Den­noch erfülle die Marine ihre Aufträge. Bislang habe es keinen Fall gegeben, „wo wir nicht rechtzeitig da waren, wenn wir gerufen wurden“.

Für den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Hans-Peter Bartels, ist dies nur eine Frage der Zeit. Er bezeichnet die derzeitige Lage als „desaströs“. Bartels: „Wir können von Glück sagen, dass wir kein großes Unglück hatten.“

Das Verkehrsministerium wollte sich bislang nicht äußern. (dpa)

768 Menschen
in Seenot geholfen

Die Seenotretter sind 2014 zu mehr Einsätzen gerufen worden als im Jahr zuvor. Insgesamt waren sie 2183 Mal unterwegs, teilte die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Dienstag in Cuxhaven mit. 2013 waren es rund 100 Einsätze weniger.

768 Menschen wurden aus Seenot oder einer bedrohlichen Situation gerettet, 2013 waren es 718 gewesen. Ende Mai feiert die Gesellschaft ihren 150. Geburtstag. (dpa)

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