Neue Hinweise auf Giftgasattacken in Syrien

Mi, 23. Apr. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / AN Politik / Seite 4

Neue Hinweise auf Giftgasattacken in Syrien

Nach Frankreich prüfen auch die USA die Vorwürfe. Es könnte sich um Chlorgas handeln.

Washington/Paris. Nach Frankreich gehen nun auch die USA Vorwürfen einer neuen Chemiewaffenattacke im syrischen Bürgerkrieg nach. Das Außenministerium in Washington teilte in der Nacht zum Dienstag mit, es gebe „Hinweise“ auf den Einsatz einer „giftigen Industriechemikalie, wahrscheinlich Chlor“. Eine Vernichtung von Chlorgas, das in der Regel für industrielle Zwecke eingesetzt wird, ist zwischen der Weltgemeinschaft und der syrischen Führung nicht vereinbart.

Derzeit werde geprüft, ob die Armee von Syriens Staatschef Baschar al-Assad einen derartigen Angriff verübt habe, teilte US-Außenamtssprecherin Jennifer Psaki mit. Sie vermied es aber, von Chemiewaffen zu sprechen. Noch müsse untersucht werden, ob es sich tatsächlich um den Kampfstoff Chlorgas gehandelt habe.

Assads Regierung und die syrischen Rebellen beschuldigten sich gegenseitig, vor gut einer Woche in Kafarsita Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Nach einem Luftangriff der Armee auf die von Rebellen kontrollierte Kleinstadt hätten die Einwohner über „Atemnot und Vergiftungserscheinungen“ geklagt, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Aktivisten der Opposition warfen Assads Truppen zudem weitere Attacken mit Chlorgas vor. Der jüngste Angriff soll sich demnach erst am Montag ereignet haben. Die syrische Führung in Damaskus warf hingegen der islamistischen Rebellengruppe Al-Nusra-Front den Einsatz von Chlorgas vor.

Frankreichs Staatschef François Hollande hatte am Sonntag erklärt, seine Regierung habe „Hinweise“ darauf, dass Assads Truppen weiter Chemiewaffen einsetzten. Allerdings gebe es dafür noch keine Beweise, sagte Hollande. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien gab es wiederholt Berichte über Angriffe mit Giftgas, deren Urheber nur schwer festzustellen sind.

Im vergangenen August wurden bei einem Chemiewaffenangriff nahe der Hauptstadt Damaskus 1400 Menschen getötet, der Westen machte Assad dafür verantwortlich. Nachdem die USA und Frankreich ihm mit einem Militäreinsatz drohten, stimmte der syrische Staatschef der Vernichtung des kompletten Giftgasarsenals zu.

Nach Angaben der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) übergab Damaskus inzwischen fast zwei Drittel seiner Chemiewaffen in internationale Hände. Gemäß dem vereinbarten Zeitplan soll die Zerstörung des Arsenals am 30. Juni abgeschlossen sein.

Der britische Chemiewaffenexperte Hamish de Bretton-Gordon sagte, Chlorgas falle „als Chemiewaffe unter die Chemiewaffenkonvention“. Eine Vernichtung des in der Industrie eingesetzten Stoffs ist unter dem OPCW-Mandat jedoch nicht vorgesehen. Nach Einschätzung de Bretton-Gordons könnten sowohl die Regierung als auch die Opposition jederzeit in den Besitz von Chlorgas kommen. (afp)

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