Di, 10. Mär. 2015
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1
Salafisten gehen auf Seelenfang
Polizei und Sicherheitsbehörden sind gegen die Propaganda der Koran-Verteiler relativ machtlos. Auch in der Region haben sie vor allem junge labile Menschen im Visier. Aachen gilt als eine der Hochburgen in NRW.
Von Marco Rose
Aachen/Düren. Mit gezielter Propaganda gehen Salafisten auch in der Region auf Seelenfang. Nahezu wöchentlich sind die Koran-Verteiler des radikalen Kölner Predigers Ibrahim Abou-Nagie in Aachen, zuletzt meist jedoch in Düren unterwegs, um vor allem junge und labile Menschen für ihre Bewegung zu gewinnen. In Düren liegt das Propaganda-Material inzwischen sogar in zwei Supermärkten im Bahnhofsviertel aus.
Polizei und Sicherheitsbehörden sind gegen die Umtriebe der Salafisten in aller Regel machtlos, denn die Extremisten achten peinlichst genau darauf, keine Gesetze zu verletzen.
Im Netz fällt die Maske
Zuletzt hatte die Aachener Polizei im November vorigen Jahres nach Beschwerden von Bürgern reagiert, jedoch keinen Grund für ein Einschreiten erkennen können – obwohl man „personelle Überschneidungen“ mit der örtlichen Salafisten-Szene durchaus registriert hat. Bis zu 40 Islamisten beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz im Raum Aachen. Damit gilt die Hochschulstadt mit ihrem Umland als Hochburg der Extremisten in Nordrhein-Westfalen. Knapp zehn Personen werden nach jüngsten Aussagen dem „harten Kern“ zugerechnet.
Unterdessen lässt der Kölner Prediger Abou-Nagie, der inzwischen als führende Figur der Salafisten in Deutschland gilt und seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird, erst im Internet die Maske fallen. Dort hetzt er gegen Ungläubige, pocht auf die Einführung der Scharia und fabuliert vom Dschihad, dem heiligen Krieg. Allerdings ist der gebürtige Palästinenser nach Ermittlungen wegen eines angeblichen Tötungsaufrufs vorsichtig geworden. Konkrete Aufrufe zu Terror und Dschihad finden sich auf seinen und den Seiten anderer bekannter Salafisten im Netz und den sozialen Medien nicht.
Trotzdem sind vor allem labile Jugendliche und Heranwachsende hier enorm gefährdet: Meist sind es nur einige wenige Klicks bis zu den einschlägigen Blogs oder Foren, in denen Gewalt gegen „Ungläubige“ propagiert wird.