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Do, 25. Apr. 2013 SPD kommt in Debatte um Steuerbetrug nicht voran Von Werner Kolhoff Berlin. Der Fall Uli Hoeneß ist eine Steilvorlage, Peer Steinbrück nimmt sie auf und schießt – ein Eigentor. Das zeichnen Karikaturisten, das ist bis in die eigenen Reihen der Sozialdemokraten hinein der Tenor in Berlin. Nicht einmal bei seinem ureigensten Thema – den Finanzen – gelingt es dem SPD-Spitzenkandidaten, klare Punkte zu machen. Die Affäre um den Steuerbetrug des Bayern-Bosses bot der SPD in Wahrheit sogar drei Großchancen. Hoeneß begründete seine Selbstanzeige mit dem Scheitern des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat. Es hätte ihm ermöglicht, die Dinge anonym zu bereinigen. „Jetzt wissen wir, wen Frau Merkel, Herr Seehofer und Herr Schäuble mit dem Schweizer Steuerabkommen schützen wollten“, triumphierte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Auch Steinbrück erinnerte daran, dass er der Schweiz schon mal mit der „Kavallerie“ gedroht hatte. Dieser Punkt saß. Die Tatsache, dass die CSU versucht hatte, Hoeneß als Kandidaten zu gewinnen und dass CSU-Chef Horst Seehofer eng mit ihm verbandelt ist, schien für die Sozialdemokraten ein weiteres Herrgottsgeschenk zu sein. Eine neue Amigo-Affäre mitten im bayerischen Landtagswahlkampf? SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte sogleich Aufklärung: „Ich kann Herrn Seehofer nur raten, öffentlich Farbe zu bekennen.“ Leider war Hoeneß irgendwie auch mit Peer Steinbrück verbandelt. Jedenfalls gehörte er zu einem Beraterkreis, den Steinbrück – damals Bundesfinanzminister – 2006 um sich geschart hatte. In dem Gremium saßen auch andere, etwa Bischöfin Margot Käßmann. Außerdem sei Hoeneß nur ein einziges Mal erschienen, betonte Steinbrück. Doch FDP-Chef Philipp Rösler verlangte gestern trotzdem noch einmal mehr Informationen über das Beratungsgremium. „Das interessiert die Menschen“, sagte der Vizekanzler treuherzig. Das Thema Speziwirtschaft wird wohl neutral ausgehen. Die dritte Großchance lag für die SPD darin, dass Hoeneß versuchte, mit seiner Selbstanzeige einer Bestrafung zu entkommen. Nur im Steuerrecht gibt es diese Möglichkeit. Sie wurde zwar 2011 eingeengt, doch empfinden viele Menschen sie inzwischen als höchst ungerecht. Damals hatte die SPD noch die ersatzlose Abschaffung der Selbstanzeige gefordert. Heute jedoch scheint das vergessen zu sein. Außerdem erweisen sich die Sozialdemokraten als schlecht koordiniert. Es gibt drei Machtzentren. Für die Fraktion erklärte der Fraktionsvize Joachim Poß schon am Montag entsprechend der alten Linie, dass die Selbstanzeige abgeschafft gehöre; sie habe den Steuerbetrug nicht gestoppt. Das unterstützte der schleswig-holsteinische Landeschef Ralf Stegner, ein Parteilinker. Ganz anders der Spitzenkandidat. „Ich bin dafür, dass das Recht auf Selbstanzeige bleibt“, sagte Steinbrück in einem Radiointerview – direkt zu Poß befragt. SPD-Chef Sigmar Gabriel versuchte daraufhin, so etwas wie eine Kompromisslinie zu formulieren. Man sei zwar nicht für die sofortige Abschaffung. Aber wenn die Steuerfahndung besser funktioniere – in ein, zwei Jahren – solle es die Selbstanzeige nur noch für Bagatellen bis 50 000 Euro Steuerschuld geben. Gestern verkündete das auch Steinbrück, wenn auch mit spitzen Fingern: „Ich kann mir vorstellen, dass, je erfolgreicher wir sind in der Bekämpfung von Steuerbetrug, man auf dieses Instrument verzichten sollte“, sagte er gewunden. Peinlich wird für die Sozialdemokraten, dass die Linksfraktion morgen ziemlich genau das im Bundestag zur Abstimmung stellen wird, was die SPD schon mal wollte – nämlich die ersatzlose Abschaffung der Selbstanzeige. Die SPD will nun eilig noch einen eigenen Antrag mit ihrer neuen Linie einbringen. Scharfe Debatte Die Bundesregierung lehnt eine Abschaffung der Selbstanzeige bei Steuerbetrug ab. „Vorläufig ist es geltendes Recht“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern im Bundestag. Opposition und Koalition warfen sich erneut gegenseitig Versagen im Kampf gegen Steuerbetrug vor. Grüne und SPD forderten eine härtere Gangart; „Oberschichtenkriminalität“ müsse genauso hart verfolgt werden wie jede andere Kriminalität. |