Fr, 2. Aug. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1
Tivoli: Zahlt NRW 20,9 Millionen?
Das Land wird aufgrund seiner Alemannia-Bürgschaft für Ausfallzahlungen zur Kasse gebeten. Erstmals sind geheime Details zu den Risiken bekannt, die das Land für andere Klubs übernommen hat.
Von Johannes Nitschmann
Düsseldorf. Nach der Insolvenz von Alemannia Aachen könnte das Land NRW aufgrund seiner Bürgschaft für den Tivoli-Neubau zu Ausfallzahlungen in Höhe von bis zu 20,9 Millionen Euro herangezogen werden. Dies geht aus einer „vertraulichen Vorlage“ des NRW-Finanzministeriums hervor, die den „Nachrichten“ vorliegt. Auf die zu erwartenden Forderungen hat das Land bereits am 10. Januar 2013 eine Abschlagszahlung in Höhe von 13 Millionen Euro geleistet, „um einen Auflauf der Zinsen zu vermeiden“.
Die Höhe der endgültigen Bürgschafts-Inanspruchnahme hänge vom weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens bei der Alemannia ab, teilte Finanzminister Norbert Walter Borjans (SPD) den Mitgliedern des Finanzausschusses im Düsseldorfer Landtag mit. Ursprünglich hatte das Land beim Neubau des Tivoli-Stadions im Jahre 2007 mit 29,1 Millionen Euro gebürgt – zur Mitfinanzierung der Investitionskosten in Höhe von rund 51,6 Millionen Euro. Noch vor der Insolvenz war im Jahre 2012 nach einer Beteiligung der Stadt Aachen an der Tivoli-Gesellschaft durch den Fußballclub im Rahmen einer Umfinanzierung eine Sondertilgung auf den Bürgschaftskredit in Höhe von 6,2 Millionen Euro erfolgt.
Eine vollständige Tilgung der Tivoli-Kredite durch die Alemannia war nach dem ursprünglichen Bürgschaftsvertrag mit dem Land Nordrhein-Westfalen im Dezember 2031 vorgesehen.
Nach der Aufstellung des NRW-Finanzministeriums hat das Land seit 1995 bei sieben Fußballarenen an Rhein und Ruhr insgesamt 14 Ausfallbürgschaften für Kredite in Höhe von 318,8 Millionen Euro bewilligt. Nach entsprechenden Tilgungen steht das Land bei diesen Stadion-Bürgschaften nach Angaben von Walter-Borjans gegenwärtig noch mit Sicherheiten für 128,2 Millionen Euro im Risiko. Mit der Insolvenz von Alemannia Aachen musste das Land nach eigenen Angaben erstmals Ausfallzahlungen bei einer Stadionbürgschaft leisten.
Spitzenreiter ist Schalke
Details über Bürgschaften unterliegen der strikten Geheimhaltung. Die Risiken des Landes bei den umstrittenen Ausfallbürgschaften für Fußballclubs werden jetzt erstmals in der als vertraulich eingestuften Aufstellung für den Landtagsausschuss deutlich. Spitzenreiter bei den Landesbürgschaften ist dem Vermerk zufolge der FC Schalke 04. Für dessen Fußballarena wurden seit 1999 gleich drei Ausfallbürgschaften in Höhe von insgesamt 145,1 Millionen Euro bewilligt. Bis September 2018 will der Revierclub alle Kredite getilgt haben.
Bei Borussia Dortmund bewilligte das Land seit 1995 für drei Stadionausbaumaßnahmen Landesbürgschaften in Höhe von 64,6 Millionen Euro. Trotz jahrelanger Rekordeinnahmen belaufen sich dessen Kredite laut Finanzministerium derzeit immer noch auf 30,1 Millionen Euro. Diese Gelder sollen bis 2026 zurückgeführt werden. Borussia Mönchengladbach wurden 2002 für die Errichtung seiner neuen Fußballarena und den Neubau von Trainingsanlagen Landesbürgschaften in Höhe von 46 Millionen Euro bewilligt, bis zum 30. April 2013 sollen die Kredite sämtlich abgelöst sein.