Empörung über Verfolgung von Homosexuellen in Russland

Mo, 12. Aug. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Empörung über Verfolgung von Homosexuellen in Russland

Diskussion über Boykott oder Verlegung der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi entbrannt. Scharfe Kritik aus Deutschland.

Washington/Berlin/Moskau. Angesichts des staatlichen Drucks auf Homosexuelle in Russland ist im Westen eine Debatte über einen Boykott der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi entbrannt. Während sich US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron für eine Teilnahme aussprachen, kam gut einen Monat vor der Bundestagswahl besonders von deutschen Politikern überraschend scharfe Kritik an den russischen Behörden.

„Was in Russland stattfindet, ist staatliche Verfolgung“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), der „Welt am Sonntag“. Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fand deutliche Worte: „Mit der Ausgrenzung von Homosexuellen geht Russland einen weiteren großen Schritt in Richtung einer lupenreinen Diktatur.“ Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bezeichnete die Behandlung von Homosexuellen in Russland als „nicht akzeptabel“. Zugleich hält er die Debatte über einen Olympia-Boykott für falsch. „Das schadet dem berechtigten Anliegen des Minderheitenschutzes mehr, als es ihm nützt“, sagte er am Rande seiner Nahostreise.

Andere deutsche Politiker plädierten für eine Verlegung der Spiele. Der CDU-Politiker Jens Spahn sagte der „Welt am Sonntag“, es sei „grotesk, dass die Welt in einem Land zu Gast sein soll, in dem per Gesetz gegen Schwule und Lesben gehetzt wird“. Auch der Grünen-Politiker Volker Beck sagte, wenn die Sicherheit „von Schwulen und Lesben oder denen, die sich mit ihnen solidarisch zeigen“, nicht gewährleistet sei, „muss man sich einen anderen Austragungsort überlegen“. Allerdings sei ein Olympia-Boykott derzeit das falsche Signal. Auch US-Präsident Obama betonte, er halte einen Boykott nicht für angemessen. Er würde es lieber sehen, dass die US-Sportler mit Medaillengewinnen kontern.

Kremlchef Wladimir Putin hatte jüngst ein Gesetz unterzeichnet, das Äußerungen über Homosexualität im Beisein von Minderjährigen mit hohen Geldstrafen belegt. Das Auswärtige Amt warnt in seinen Reisehinweise für Russland Schwule und Lesben vor Gesetzesverstößen. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, forderte bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Moskau eine Klarstellung zu dem Verbot.

Russland hatte die internationale Kritik an dem Gesetz wiederholt als Einmischung in innere Angelegenheiten zurückgewiesen. Das Verbot von „Homosexuellen-Propaganda“, das laut Umfragen von weiten Teilen der russischen Gesellschaft unterstützt wird, gilt auch als Zugeständnis an die einflussreiche orthodoxe Kirche, eine wichtige Machtstütze Putins. (dpa)

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