Gerade fertig – Wagen erneut aufgebrochen

Di, 16. Jul. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 13

Gerade fertig – Wagen erneut aufgebrochen

Kinder und Jugendliche sind betrübt über brachiales Vorgehen am Wochenende. Rechtsradikale Parole geschmiert. Angebot des Heimatvereins begehrt.

Von Mira Otto und Heiner Hautermans

Aachen. „Ich bin noch mit den Kindern durch den Wald gegangen. Die haben Stöcke und Tannenzapfen aufgehoben und wollten die jetzt bemalen“, berichtet Heiko Herms, ein Schüler des Käthe-Kollwitz-Berufskollegs. Doch daraus wurde nichts. Mit 13 Mitschülern hat Herms zwei Bauwagen des Heimatvereins Eilendorf repariert, die bei einem Einbruch vor einiger Zeit demoliert worden waren, ein Projekt der Klasse FP112. Liebevoll wurden die Wagen mit Figuren aus einem Märchen bemalt und innen wieder auf Vordermann gebracht. Dann der Rückschlag: Am Samstag wurden die auf einem Grundstück am Prunkweg stehenden Bauwagen erneut aufgebrochen und mit einer rechten Parole und weiteren Schriftzügen beschmiert – die Bauwagen sind vorläufig nicht benutzbar. Unverrichteter Dinge und mit hängenden Köpfen mussten die mit dem Bus angereisten Jungen und Mädchen der Kita Barbara­straße gestern wieder abziehen.

Lehrerin Heide Höhl ist über den Vandalismus genauso geschockt wie Daniel Bauer, Sprecher der Schüler: „Wir haben viel Zeit mit den Kindern investiert, das waren drei Wochen Arbeit. Dass die in einem Tag zunichte gemacht wurde, ist niederschmetternd.“

Heide Höhl, die mit ihrem Mann die Klasse leitet: „Mein Mann und ich waren geschockt. Das ist so traurig.“ Am Donnerstag wollten die angehenden Erzieher das Ergebnis ihres Projektes präsentieren, das wird sich jetzt auf die Dokumentation ihrer Arbeit beschränken – zu präsentieren ist nicht mehr viel.

Auch Helmut Kind, der Vorsitzende des Heimatvereins, ist der ständigen Einbrüche überdrüssig. „Das ist die reine Zerstörungswut“, weist er auf die brachiale Gewalt hin, mit der die Fenster und Türen geöffnet worden sind. Sie müssen mit stabilem Hebelwerkzeug aufgebrochen worden sein, auf der Wiese liegt ein wahrscheinlich dabei abgebrochener Besenstiel. Das Schloss einer Türe müsse mit einem Trennschleifer aufgeschnitten worden sein, von Tätern, die so etwas nicht zum ersten Mal machten: „Die knacken auch Fahrräder und Mopeds auf diese Weise.“ Nun sollen die Öffnungen der Bauwagen noch besser gesichert werden, durch Riegel, die ein Schlosser jetzt kostenlos anfertigt.

Tausende Euro und Hunderte Stunden ehrenamtlicher Arbeit haben die Eilendorfer in das Projekt investiert. Die beiden ausrangierten Wagen waren dem Heimatverein von einer Bauunternehmung im letzten Jahr geschenkt worden, eine Gruppe von Senioren machte sich daran, sie sandzustrahlen, anzustreichen und mit Motiven aus einem Märchen zu versehen. Erika Roussaint hatte im Juni 2012 das Malbuch „Oma Finchen – Das Galmeiveilchen, das einen Traum hatte“ herausgebracht, in dem die Bauwagen eine tragende Rolle spielen. In schönster landschaftlicher Umgebung wurden sie auf dem Ort Gottessegen aufgestellt – mit herrlichem Blick über den Aachener Talkessel, damit „die Kinder etwas über die Natur und ihre Heimat lernen“ könnten.

Hinweise an die Polizei

Im September waren die Wagen fertig. Einer, von den Kindern selbst gestaltet, dient zum Wohlfühlen, Kuscheln und Ausruhen, der zweite ist als Werkwagen ausgestattet. Die Wagen sind inzwischen heiß begehrt. Kindergärten stehen Schlange, um dort mit Picknick und Spaziergang einen ganzen Tag zu verbringen. Vor kurzem habe es dort eine Fortbildung des Umweltamtes zum Thema Naturerziehung gegeben, berichtet Vorsitzender Helmut Kind.

Im Winter sei noch nicht viel passiert, im Frühjahr sei es aber schon zu einzelnen Aufbrüchen der Wagen gekommen. Zunächst habe man die Fenster nicht geschützt, damit man sehen konnte, dass es im Innern nichts zu holen gab – es nutzte nichts. Dann wurden die Sicherungen verstärkt, stabile Flügel auf die Fenster von innen verschraubt, sie wurden jetzt mit Gewalt aufgebrochen. Figuren sind mit blauer Farbe überschmiert, Parolen aufgesprüht.

Nun sollen die Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verstärkt werden. Die Polizei hat ihre Ermittlungsgruppe eingeschaltet, die sich mit rechtsmotivierter Kriminalität (Remok) beschäftigt. Sie fragt, wer am Samstag zwischen 9 und 22.15 Uhr verdächtige Personen oder Fahrzeuge in der Nähe des Prunkwegs, der kurz vor Verlautenheide von der Heckstraße abgeht, gesehen hat. Hinweise können unter ☏ 0241/9577-36001 abgegeben werden (außerhalb der Geschäftszeiten 9577-34210).

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