In Berlin entführt, in Vietnam für immer im Gefängnis

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In Berlin entführt, in Vietnam für immer im Gefängnis
Der Fall Trinh Xuan Thanh macht weltweit Schlagzeilen. Ein Gericht in Hanoi hat den Geschäftsmann verurteilt. Todesstrafe droht.

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23.01.2018

In Berlin entführt, in Vietnam für immer im Gefängnis

Der Fall Trinh Xuan Thanh macht weltweit Schlagzeilen. Ein Gericht in Hanoi hat den Geschäftsmann verurteilt. Todesstrafe droht.

Von Christoph Sator

Hanoi. Die letzten beiden Wochen hatte Trinh Xuan Thanh morgens immer den gleichen Weg. Im Straflager B14, einem Sondergefängnis in Hanoi, wurden ihm Handschellen angelegt. Dann ging es ins Zentrum der vietnamesischen Hauptstadt, zum städtischen Gericht. Dort brachten ihn zwei Volkspolizisten zur Verhandlung. So war es auch am Montag. Nach zwei Wochen Prozess wurde der vietnamesische Geschäftsmann, der vor ein paar Monaten noch ein sorgloses Leben in Berlin geführt hatte, wegen Korruption und Wirtschaftsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt.

Der 52-Jährige nahm das Urteil so entgegen, wie er vor Gericht die meiste Zeit aufgetreten war – mit hängenden Schultern, äußerlich unbewegt. Zwar bestritt der ehemalige Chef des staatlichen Baukonzerns PetroVietnam Construction jegliche Korruption und bat um ein mildes Urteil, damit er zu Frau und Kindern nach Deutschland zurückkehren könne. Doch Vietnams Kommunisten hatten von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass der Prozess auch der Abschreckung dienen solle. In dem wirtschaftlichen Boomland mit mehr als 95 Millionen Einwohnern, aber nur einer einzigen Partei, ist Korruption weit verbreitet. Unter dem heutigen KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong läuft seit einer Weile eine Gegen-Kampagne. Trong hatte Thanh schon im November für schuldig erklärt. Viele vermuten, dass die Kampagne auch zur Abrechnung mit politischen Gegnern genutzt wird.

Bevor sich Thanh 2016 nach Deutschland absetzte, fiel er durch teure Autos auf. In Berlin pflegte er ebenfalls einen Lebensstil, der sich von dem anderer Asylbewerber deutlich unterschied – bis er im Sommer 2017 bei einem Spaziergang verschwand. Die Bundesregierung ist sich sicher, dass Thanh vom vietnamesischen Geheimdienst verschleppt wurde. Zwei vietnamesische Diplomaten mussten Deutschland deshalb verlassen. Zuletzt waren die Bemühungen vor allem darauf ausgerichtet, dem Ex-Manager ein Todesurteil zu ersparen.

Gestern kam Thanh um die Maximalstrafe herum. Die Staatsanwaltschaft verzichtete darauf – wozu beigetragen haben mag, dass seine Familie einen Großteil der Summe, die er abgezweigt haben soll, an den Staat zahlte. Mit diplomatischem Geschick ließe sich wohl auch erreichen, dass Thanh in einigen Jahren nach Berlin zurück könnte – trotz lebenslang. So ist es auch zu verstehen, dass das Auswärtige Amt erklärte: „Die Beobachtungen, die wir bekamen, waren in ganz großen Teilen die, dass dem rechtsstaatlichen Verfahren, was dieses vietnamesische Strafgesetzbuch für solche Prozesse vorgibt, entsprochen haben.“

In einem weiteren Verfahren droht Thanh dennoch das Todesurteil. Morgen beginnt der nächste Prozess. Dann muss er sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, die noch härter sind: Bei einem Bauprojekt in Hanoi soll er eine halbe Million Euro Schmiergeld kassiert haben.

Anwältin: Verfahren
ist „rechtsstaatswidrig“

Trinh Xuan Thanhs deutsche Anwältin Petra Schlagenhauf forderte die Bundesregierung auf, sich weiterhin um dessen Freilassung zu bemühen. Die Verurteilung sei in einem „rechtsstaatswidrigen Verfahren“ zustande gekommen. Die Anwältin war gehindert worden, am Prozess teilzunehmen.

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