Jetzt sind Akten verschwunden

Do, 7. Nov. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 17

Jetzt sind Akten verschwunden

Im dubiosen Fall eines mutmaßlichen polizeilichen Übergriffs auf eine Hotelbesitzerin wird es immer doller. Zeuge: „Sie saßen einfach im Auto, tatenlos“.

Von Wolfgang Schumacher

Aachen. Mit Tränen in den Augen akzeptierte Doris Schmitz-Kück gestern vor Amtsrichterin Andrea Rösch, dass ihr juristischer Leidensweg weitergeht und vorerst wohl kein Ende findet. Dies, weil wesentliche Teile einer Akte auf wundersame Weise verschwunden sind, wie die Richterin erstaunt bei der Vernehmung eines internen Ermittlers der Polizei feststellte.

Die Vorgeschichte: Weil sich die Betreiberin des Hotels am Bahnhof nicht alles gefallen ließ von der Aachener Polizei, wurde sie von der Staatsanwaltschaft vor den Kadi gezerrt. Dabei hatten die Beamtinnen Schmitz-Kück bei einem von ihr überhaupt nicht verschuldeten Vorfall vor dem Obdachlosenheim in der Bahnhofstraße vom Juli 2012 überfallartig, wie ein Zeuge berichtete, in Handschellen gelegt, dann gewaltsam ins Polizeiauto gezerrt und abtransportiert.

Am Elisenbrunnen ließ man sie mit schmerzenden Handgelenken und blauen Flecken wieder frei. Seit August nun muss sich die aufrechte Hoteliersfrau wegen „falscher Beschuldigung“ von Polizeibeamtinnen verantworten – oder eben einen Strafbefehl über 4800 Euro zahlen.

Gestern beschrieb ein Zeuge, der Rentner Anton L. (76), wie surreal diese Szene in der Bahnhofstraße anmutete. Er habe als Passant Lärm gehört, sagte er. Kein Wunder, denn oben aus dem Obdachlosenhaus warf ein betrunkener Mann Gegenstände aus dem Fenster mitten auf die Straße, unten schauten Menschen zu. Er sei dazugestoßen und habe sich neben Frau Schmitz-Kück gestellt. Sein Bericht: „Die Leute schimpften. Der da oben am Fenster trank Bier und machte den Spuk einfach weiter. Zwei junge Polizistinnen saßen im Wagen und sahen dabei zu, tatenlos.“

Anstatt dem Mann das Handwerk zu legen, seien sie plötzlich auf die Hotelbesitzerin zugestürzt und hätten diese dingfest gemacht, sagte L. fassungslos. Zuvor, das wusste der Zeuge nicht, hatte Schmitz-Kück die Beamtinnen aufgefordert, doch etwas „für ihr Steuergeld“ zu tun. Wegen des Übergriffs erhob sie durch ihren Anwalt Peter Schäfer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Polizistinnen.

Doch das Imperium schlug erbarmungslos mit einer Gegenanzeige zurück. Was allerdings gestern während des Verfahrens herauskam, macht weiter fassungslos. Der Polizeizeuge, der interne Ermittler Alfred W. (50), gab zu, dass in den dem Gericht vorliegenden Prozessakten mindestens drei Seiten der ursprünglichen Anzeige gegen die Hoteliersfrau fehlen. Wo sind die denn jetzt, fragte sich Richterin Rösch. Hat sie jemand absichtlich verschwinden lassen, fragten sich die Prozesszuschauer. Antworten gibt es vielleicht bei der Fortsetzung am 27. November ab14.15 Uhr im Justizzentrum.

Kommentar: Soviel zum Thema Rechtsstaat!

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