„Kameradschaft Aachener Land“ verboten

 

Fr, 24. Aug. 2012
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

„Kameradschaft Aachener Land“ verboten

Schlag gegen die rechte Szene in NRW: Innenminister löst insgesamt drei gefährliche Gruppen auf. Razzia mit 1000 Polizeibeamten.

Aachen/Stolberg/Düsseldorf. Die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) ist gestern gemeinsam mit zwei weiteren Neonazi-Gruppierungen aus Dortmund und Hamm verboten worden. Bei einer Großrazzia rückten am frühen Mittwochmorgen in 32 Städten etwa 1000 Polizeibeamte aus, um 146 Mitgliedern dieser drei rechtsextremistischen Vereine die Verbotsverfügung zuzustellen. Dabei wurden zahlreiche Waffen, das Vereinsvermögen sowie Propagandamaterial beschlagnahmt. So stellten die Beamten in Jülich unter anderem ein Hitler-Relief sicher.

Bei der Razzia stieß die Polizei auch auf „enge Verflechtungen“ zwischen den Neonazi-Gruppierungen und der rechtsextremistischen NPD. Zu Festnahmen kam es nach Angaben des Innenministeriums „vorerst nicht“.

„Menschen eingeschüchtert“

Die Verbotsverfügungen richten sich gegen die KAL, den „Nationalen Widerstand Dortmund“ und die „Kameradschaft Hamm“ sowie „etwaige Ersatzorganisationen“. Aus diesen drei Gruppierungen heraus seien „Straftaten geplant und verübt“ worden, heißt es in den drei 50 bis 70 Seiten starken Verfügungen. Mit „martialischem Auftreten und Gewalttaten“ der Neonazis seien Menschen in ihrem Umfeld „eingeschüchtert“ worden.

„Wir lassen nicht zu, dass diese geistigen Brandstifter sich hier mit ihren menschenverachtenden Parolen und ihrer faschistischen Propaganda breit machen“, begründete NRW-Innenminister Ralf Jäger sein Einschreiten.

Der SPD-Politiker sprach nach der Razzia von dem in der Geschichte Nordrhein-Westfalens bisher „härtesten Schlag“ gegen die Neonazi-Szene, der 400 bis 600 Aktivisten zugerechnet werden. Etwa ein Drittel dieser Rechtsextremisten sei von den Verbotsanträgen und Beschlagnahmungen betroffen. „Wir haben große Löcher in das rechtsextremistische Netzwerk geschlagen“, sagte Jäger vor Journalisten. „Es ist uns gelungen, wichtige Strukturen zu zerschlagen.“

Im Dortmunder Vereinsheim des „Nationalen Widerstandes“ wurden 1000 NPD-Plakate für die am Sonntag stattfindenden Rathauswahlen aufgefunden. Dies sei ein Beleg dafür, wie eng die NPD mit der Neonazi-Szene kooperiere, erklärte Jäger. Für die derzeit bei einer Bund-Länderkommission angesiedelten Prüfungen für die Einleitung eines NDP-Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht seien diese Razzia-Funde „wichtige Erkenntnisse“.

Auf einer Pressekonferenz in Stolberg sprach Aachens Polizeichef Klaus Oelze von einem „guten Tag für die Region“. Der Schlag gegen die rechte Szene sei über Wochen hinweg akribisch vorbereitet und erfreulicherweise auch geheimgehalten worden. Gleichzeitig warnte er: „Wir haben ein Signal gesetzt, aber wir gehen davon aus, dass unsere Arbeit noch nicht erledigt ist.“

Klaus Oelze kündigte an, konsequent auch gegen eventuelle Nachfolgeorganisationen vorgehen zu wollen, die ebenfalls von dem Verbot erfasst seien.

Die KAL reagierte gestern über das Internet mit einem höhnischen und offen drohenden Kommentar unter der Überschrift „Wir sind verboten – na und?“ auf die Razzia. Zwar sei die Szene geschwächt, doch blieben die Mitglieder in der Region weiterhin aktiv, hieß es auf der im Ausland betriebenen und für die Polizei daher bislang nicht greifbaren Internetseite. (jn/sim/mar)

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