Kein Entkommen aus der Sackgasse

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Fr, 27. Jan. 2012
Aachener Nachrichten – Stadt / Blickpunkt / Seite 2

Kein Entkommen aus der Sackgasse

Israelis und die Palästinenser können sich wieder nicht einigen, ihre Friedensverhandlungen fortzusetzen

Von Sarah Lemel

Tel Aviv. Die Unkenrufe in Nahost haben sich einmal mehr bewahrheitet: Israelis und Palästinenser haben es nicht geschafft, sich auf neue Friedensverhandlungen zu einigen. Die erhoffte Ankündigung über einen Neustart von Verhandlungen blieb auch nach dem fünften und vorerst letzten Treffen von Unterhändlern beider Seiten in Amman aus. Wieder verstrich eine Frist des Nahost-Quartetts. In altbekannter Manier sind beide Seiten nun bemüht, sich die Schuld für mangelnde Fortschritte gegenseitig in die Schuhe zu schieben.

„Israel hat das unangenehme Gefühl, dass die Palästinenser nicht mit gutem Willen zu den Gesprächen gekommen sind“, sagte ein Vertreter Israels gestern. „Sie wollen sich gar nicht mit uns einigen.“ Er glaube, dass die Palästinenser lieber auf der internationalen Bühne weiterkämpfen wollten, „weil sie verstanden haben, dass sie bei Verhandlungen unangenehme Kompromisse machen müssten“, sagte der Funktionär, der namentlich nicht genannt werden wollte. „Man kann aber auch nicht sagen, dass die Verhandlungen tot sind.“

Die Palästinenser werfen Israel hingegen vor, es verfolge eine Hinhaltetaktik, wolle nur zum Schein verhandeln und in der Zwischenzeit die Siedlungen immer weiter ausbauen. Sie sind deshalb nur dann zu einer Rückkehr zu formellen Friedensverhandlungen bereit, wenn Israel einen neuen Siedlungsstopp verkündet. Außerdem verlangen sie, dass die Grenzen vor Beginn des Sechstagekrieges von 1967 die Basis für Verhandlungen sind. Israel lehnt seit Monaten beide Forderungen ab.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat während der Gespräche in Amman einen Entwurf mit 21 Punkten vorlegen lassen, deren Inhalt jedoch nicht bekannt ist. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat diesen Plan als „absurd“ zurückgewiesen.

Ein palästinensischer Repräsentant betonte gestern, die Palästinenser hätten die Forderungen des Nahost-Quartetts aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und Russland erfüllt und in Amman einen Vorschlag über den künftigen Grenzverlauf sowie Sicherheitsregelungen vorgelegt. „Von der anderen Seite haben wir nichts bekommen – warum sollten wir den Prozess fortsetzen?“

Die Palästinenser stehen jedoch international unter Druck, genau dies zu tun. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kam eilig angereist, um einen vollständigen Abbruch der Kontakte zu verhindern. Kommende Woche will UN-Generalsekretär Ban Ki Moon beiden Seiten ins Gewissen reden.

Der palästinensische Nahost-Experte Hani Masri sagte, die Palästinenser hätten letztlich keine andere Wahl, als sich weiter um eine Annäherung an Israel zu bemühen. „Sie reden über einen neuen Vorstoß bei den Vereinten Nationen und die innerpalästinensische Versöhnung“, sagte Masri. „Aber dies sind letztlich nur Versuche, Druck auszuüben, und die Gespräche in die richtige Richtung zu drängen.“ Er rechne damit, dass die Kontakte in Jordanien nach einer kurzen Unterbrechung und Bewertung durch die Arabische Liga wieder weitergingen. „Wir werden keine dramatischen Veränderungen sehen“, sagte er. „Es wird wohl eher so weitergehen wie in den vergangenen Jahren.“

„Es wird wohl so weitergehen wie in den vergangenen Jahren.“

Hani Masri, palästinensischer Nahost-Experte

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