Polizisten konfiszieren die Gewehrattrappe eines kostümierten Soldaten

Interessanter Artikel der Aachener Nachrichten – Stadtausgabe

Viel Lärm um die Penn-Gewehre
Polizisten konfiszieren die Gewehrattrappe eines kostümierten Soldaten, weil sie eine Anscheinswaffe ist. Kinder dürfen aber dennoch Cowboy spielen.

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10.01.2017

Viel Lärm um die Penn-Gewehre

Polizisten konfiszieren die Gewehrattrappe eines kostümierten Soldaten, weil sie eine Anscheinswaffe ist. Kinder dürfen aber dennoch Cowboy spielen.

Von Holger Richter

Aachen. Focus Online, n-tv, die Neue Osnabrücker Zeitung, die Münchner tz, die Kölnische Rundschau und natürlich die Bild-Zeitung… die Gewehre der Oecher Penn haben in den Internet-Auftritten dieser Medien gestern für mächtig viel Lärm gesorgt. Und das, obwohl sie gar nicht schießen können. Dazu verholfen haben der ruhmreichen Stadtgarde von 1857 zwei Beamte der Aachener Polizei, die einem uniformierten Soldaten der Oecher Penn am Samstagnachmittag seine hölzerne Gewehrattrappe abgenommen und beschlagnahmt hatten.

Der Karnevalist war gerade auf dem Weg zu einer Karnevalsveranstaltung, als er mit der Begründung „entwaffnet“ wurde, er trage eine sogenannte Anscheinswaffe bei sich, die in der Öffentlichkeit nicht geführt werden dürfe.

„Wir wollen bestimmt nicht die Spielverderber im Karneval sein“, sagt Polizei-Pressesprecher Paul Kemen auf Anfrage der „Nachrichten“, aber „die eingesetzten Beamten haben rechtlich absolut korrekt gehandelt.“ Bei dem sichergestellten Gewehr handele es sich zweifelsfrei um eine Anscheinswaffe nach dem Waffengesetz ( ▶ Infobox). „Sie müssen in einem verschlossenen Behältnis, nicht zugriffs- und nicht schussbereit, transportiert werden.“ Ausnahmen gelten unter anderem bei Brauchtumsveranstaltungen wie beispielsweise Umzügen.

„Die Karnevalsvereine wissen, dass sie im Zuge der Brauchtumsveranstaltungen diese Waffen im Zeichen der Tradition regulär mitführen und zeigen dürfen.“ Sie wüssten auch, dass sie diese Waffen in verschlossenen Behältnissen zu den Veranstaltungen transportieren müssten, „so dass sie verdeckt und ,nicht offen‘ getragen werden“, stellt Kemen klar. Angesichts der jüngsten Terrortaten weltweit mit einem offen getragenen Gewehr am Samstagnachmittag um 15 Uhr durch die Stadt zu spazieren, sei „unbedarft“, so Kemen wörtlich. „An dieser Einschätzung ändert auch das Tragen der deutlich erkennbaren Karnevalsuniform nichts.“

Augen auf bei der Kostümwahl

Etwas anders verhalte es sich mit Kindern, die im Karneval Cowboy und Indianer spielen. „Haben diese eine Spielzeugpistole oder ein Spielzeuggewehr dabei, ist das sicher unbedenklich“, sagt der Polizeisprecher, doch Erwachsene sollten in Zeiten wie diesen sensibel bei ihrer Kostümwahl sein: „Vielleicht sollten Erwachsene darüber nachdenken, ob sie nicht grundsätzlich auf eine Waffe zu ihrem Kostüm verzichten.“

Auch Frank Prömpeler fordert: Augen auf bei der Kostümwahl. „Gerade in der jetzigen Zeit sind die Menschen für Waffenattrappen außerhalb von Auftritten der Traditionskorps sehr sensibel“, sagt der Präsident des Festausschusses Aachener Karneval (AAK). „Wem der freundliche Clown, die einfache rote Pappnase oder einer der immerwährenden Klassiker wie Cowboy und Indianer nicht als Kostüm ausreicht, tut als Jeck für die laufende Session gut daran, täuschend echt aussehende Nachbauten von Waffen zu Hause zu lassen.“

Doch Paul Kemen räumt auch ein, dass die eingesetzten Kollegen neben dem rechtlich einwandfreien Einschreiten auch anders hätten reagieren können. „So hätte man durchaus den jungen Penn-Soldaten dazu bewegen können, die Beamten im Streifenwagen zum Treffpunkt der Penn zu begleiten. Dort hätten sie den ,Waffenträgern‘ noch einmal eine kurze Unterweisung im Umgang mit den Waffen geben können“, schlägt der Polizeisprecher vor.

Für die Penn kommt dieser Vorschlag freilich zu spät. Nachdem sie am Wochenende den Vorgang noch als „beispiellos“ bezeichnet hatte, hat sie sich gestern im Gespräch mit Polizeipräsident Dirk Weinspach einsichtig gezeigt. Natürlich werde sie ihre Waffen fortan verdeckt in geschlossenen Koffern transportieren, kündigte die Stadtgarde an. Polizeipräsident Weinspach indes betonte, dass die Aachener Polizei dem Traditionskarneval keine Sorgen bereiten werde, Regelungen aber klar zu treffen seien. Gemeinsam richteten Polizei und Penn den Appell an die Jecken im Straßenkarneval, dass Waffen, die bei den Menschen Ängste schüren, generell im Karneval nichts zu suchen haben – gerade im Hinblick auf die aktuelle Sicherheitslage.

Polizei und Oecher Penn begrüßten die einvernehmliche Regelung mit einem versöhnlichen gemeinsamen „Alaaf“.

Auszug aus dem Waffengesetz (WaffG)

In Paragraf 42a heißt es zum Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen unter anderem:

(1) Es ist verboten:
1. Anscheinswaffen,
2. Hieb- und Stoßwaffen […] oder
3. Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm zu führen.

(2) Absatz 1 gilt nicht:
1. für die Verwendung bei Foto-, Film- oder Fernsehaufnahmen oder Theateraufführungen,
2. für den Transport in einem verschlossenen Behältnis,
3. für das Führen der Gegenstände nach Absatz 1 Nr. 2 und 3, sofern ein berechtigtes Interesse vorliegt.

(3) Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.

„Wir wollen nicht die Spielverderber sein.“

Paul Kemen, Polizei Aachen

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Kommentar: Hat da jemand einen Wettbewerb ausgeschrieben, wie man sich in Aachen am schnellsten lächerlich macht? Der Gewinner wäre ohne Zweifel die beiden Streifenbeamten uns der Polizeipräsident!  

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