Putin beschwichtigt, droht und bestreitet Krim-Invasion

Mi, 5. Mär. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Putin beschwichtigt, droht und bestreitet Krim-Invasion

Beim ersten öffentlichen Auftritt seit Krisenbeginn hält der Präsident an seinem Kurs fest. OSZE entsendet Beobachtermission.

Moskau. Russland will sich die Halbinsel Krim nach den Worten von Kremlchef Wladimir Putin nicht aneignen und auch keinen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine führen. Zudem sei er offen für Gespräche mit dem Westen, versicherte Putin gestern nach tagelanger Zuspitzung des Konflikts. Wenige Stunden später zündete seine Armee allerdings in Astrachan im Süden Russlands eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete, die nach ihrem Testflug planmäßig in Kasachstan einschlug – offenbar als Demonstration militärischer Stärke.

Der Westen empörte sich weiter über den Militäreinsatz auf der Krim. Moskau müsse seine Truppen zurück in die Kasernen rufen, forderte US-Außenminister John Kerry. Sonst würden die USA und ihre Partner Russland „politisch, diplomatisch und wirtschaftlich isolieren“.

Die USA beschuldigen den Kreml, mit Tausenden Soldaten, die aus Kalkül keine Abzeichen tragen, die überwiegend von Russen bewohnte Halbinsel besetzt zu haben. Putin bestritt dies und sprach von „Selbstverteidigungskräften“, die auf der Krim für Sicherheit sorgten.

Klarheit soll nun eine militärische Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) bringen, die schon heute auf die Krim reisen soll. Die OSZE fährt auf Einladung der Ukraine in das Land. Ob die unbewaffneten Beobachter tatsächlich Zugang zur Krim bekommen, sei noch unklar.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen äußerte sich alarmiert. „Trotz wiederholter Aufforderungen verletzt Russland weiterhin die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit und missachtet die eigenen internationalen Verpflichtungen“, sagte Rasmussen.

US-Präsident Barack Obama warnte, seine Regierung erwäge eine ganze Reihe von Maßnahmen, um Russland ökonomisch zu schaden. Auch die 28 EU-Staaten könnten schon am Donnerstag Sanktionen beschließen.

Auf der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim blieb die Lage derweil angespannt, aber ruhig. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf Putin einen Bruch des Völkerrechts vor. „Die autonome Republik Krim war, ist und bleibt auch ukrainisches Territorium“, sagte Jazenjuk. Zugleich forderte er Russland auf, den Konflikt friedlich und auf diplomatischem Weg zu lösen.

Putin zeigte sich offen für Gespräche mit dem Westen, insbesondere für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe. Er drohte allerdings einen Militäreinsatz in der Ostukraine für den Fall an, dass es dort zu Übergriffen auf russische Bürger komme. Im Moment aber sehe er dafür keine Notwendigkeit. „Russland hat keine Absicht, Krieg gegen das ukrainische Volk zu führen.“ Über den künftigen Status der Schwarzmeer-Halbinsel sollten die Bewohner selbst entscheiden, sagte Putin. Auf der Krim ist am 30. März ein Referendum geplant.

Die Aufnahme des entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Russland bezeichnete Putin als humanitären Akt. „Ich denke, er hat keine politische Zukunft mehr“, betonte Putin. Ungeachtet dessen betrachte er Janukowitschs Entmachtung als nicht legitim. ▶ Seite 2, 8 und Karlo

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