Radikale Imame wollten Gefängnisse unterwandern

Mi, 4. Mär. 2015
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Radikale Imame wollten Gefängnisse unterwandern

Drei muslimische Geistliche hatten sich als ehrenamtliche Seelsorger beworben. NRW sucht nun hauptberufliche Imame für die JVA.

Von Johannes Nitschmann

Düsseldorf. Radikale Imame haben offenbar versucht, die Gefängnisseelsorge in Nordrhein-Westfalen zu unterwandern. Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Rheinbach bei Bonn habe in kurzen Zeitabständen drei muslimische Geistliche wegen Salafismus-Verdachts als ehrenamtliche Häftlingsbetreuer abgelehnt, erklärte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gestern in Düsseldorf. Beim Verfassungsschutz seien die drei Imame wegen islamistischer Bestrebungen aufgefallen.

Laut Kutschaty sind derzeit in 30 von 36 Haftanstalten in NRW annähernd 100 Imame und Hodschas als ehrenamtliche Gefängnisseelsorger tätig. Diese Geistlichen seien alle vom Verfassungsschutz überprüft worden. 18 Prozent der 15 750 Häftlinge bekennen sich zum Islam.

Derzeit gebe es keine Erkenntnisse, dass sich Gefangene im nordrhein-westfälischen Strafvollzug „gewissermaßen zusammenrotten, um islamistische Ziele zu verfolgen“, sagte Kutschaty. Bis heute hätten die zuständigen Sicherheitsbehörden „keine Belege“ dafür, dass sich Häftlinge in NRW-Gefängnissen radikalisiert und der salafistischen Szene angeschlossen hätten. Häftlinge, die unter Islamismus-Verdacht stünden, würden sofort voneinander getrennt, versicherte der Justizminister. Auch Begegnungen auf dem Freistundenhof würden von den Anstaltsleitungen unterbunden.

Opposition fordert Konzepte

Die CDU-Opposition warf der rot-grünen Landesregierung vor, die Salafismus-Gefahr in den Haftanstalten „vollkommen unterschätzt“ zu haben. Beim Thema „Islamisten im Strafvollzug“ sei der Justizminister „in massiver Erklärungsnot“, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Biesenbach. „Operative Hektik“ ersetze keine Konzepte.

Kutschaty verwies darauf, dass die Landesregierung derzeit mit den muslimischen Verbänden im Gespräch sei, um die Voraussetzungen für die Einstellung hauptamtlicher muslimischer Gefängnisseelsorger zu prüfen. Dabei müsse sichergestellt werden, dass die religiöse Betreuung muslimischer Häftlinge auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung erfolge. Möglicherweise könne die Auswahl der Imame über einen Beirat erfolgen, dem Vertreter der Muslime und des Landes angehörten.

Der Justizminister trat zudem dafür ein, den Salafismus wissenschaftlich zu erforschen. Das Land werde unter Einbindung von Islamwissenschaftlern ein Forschungsprojekt zur Prävention von Radikalisierung in Haftanstalten starten. Dabei sollen Möglichkeiten gefunden werden, auf radikalisierte Häftlinge einzuwirken. Es sollten auch Erkenntnisse gewonnen werden, wie die religiöse Radikalisierung von Gefangenen verhindert werden könne.

Zudem kündigte Kutschaty an, den Anteil der Migranten im Justizvollzugsdienst erhöhen zu wollen. „Wer fremde Sprachen spricht und andere Kulturen besser versteht, kann frühzeitig Entwicklungen erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten.“ Er freue sich über Bewerber mit Zuwanderungsgeschichte und lade sie ausdrücklich ein, sich persönlich bei der Justiz einzubringen.

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