Mo, 6. Jan. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / AN Politik / Seite 4
Nicht nur mit der Eroberung der irakischen Stadt Falludscha belegt das Terrornetzwerk seine neue Stärke. Auch in Syrien eliminieren sie jeden, der sich ihrer religiösen Diktatur entgegenstellt.
Bagdad. Die Eroberung der Großstadt Falludscha durch mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Islamisten belegt das Wiedererstarken des Terrornetzwerks im Irak. Viele Iraker fürchten nun die Rückkehr der dunklen Zeiten, die 2003 dem Einmarsch der US-Truppen folgten. Die blutigen Kämpfe gegen die US-Invasion hatten den Einfluss der Al-Kaida-Anhänger im Westen des Landes stark steigen lassen. Erst als es den USA ab Ende 2006 gelang, die örtlichen sunnitischen Stammesmilizen als Verbündete zu gewinnen, erlitten die Al-Kaida-Kämpfer empfindliche Niederlagen. Seit dem Abzug der US-Truppen Ende 2012 konnten die Islamisten ihren Einfluss wieder ausbauen, die Einnahme von Falludscha ist der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung.
Die Al-Kaida-Terroristen gehen in Syrien und im Irak nach dem gleichen Schema vor: Sie warten erst ab, bis der Konflikt zwischen der Regierung und ihren Gegnern eskaliert. Dann nisten sie sich in den Gebieten der Regimegegner ein, aus denen sich die Staatsmacht zurückgezogen hat. Zuletzt eliminieren sie jeden, der gegen ihre Form der religiösen Diktatur aufbegehrt.
In der bevölkerungsarmen syrischen Provinz Al-Rakka waren die Terroristen der Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) mit dieser Strategie relativ erfolgreich. Auch in den Provinzen Aleppo und Idlib kamen die Fanatiker zunächst ganz gut voran, weil viele Rebellen davor zurückschreckten, in ihrem Krieg gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad „noch eine weitere Front zu eröffnen“.
Kämpfe an zwei Fronten
Doch damit ist jetzt Schluss. Aus mehreren Ortschaften in Aleppo und Idlib wurden am Wochenende Kämpfe zwischen Isis und der Freien Syrischen Armee (FSA) gemeldet. Das in Istanbul ansässige Bündnis der syrischen Opposition erklärte: „Es ist entscheidend, dass die Rebelleneinheiten ihren Kampf zur Verteidigung der Revolution gegen Assads Milizen und gegen die Einheiten von Al-Kaida fortsetzen.“
Auch in der irakischen Provinz Al-Anbar, die an Syrien angrenzt, versuchen die Isis-Terroristen jetzt, den Menschen ihre Vorstellung von einem „Gottesstaat“ mit Waffengewalt aufzuzwingen. Dabei wollen sich die sunnitischen Isis-Extremisten den Hass der fast ausschließlich von Sunniten bewohnten Provinz auf die Regierung zunutze machen.
Dieser Hass erhielt vor einigen Tagen neue Nahrung, als der schiitische Regierungschef Nuri al-Maliki Truppen in die Provinz entsandte, um ein Protestlager seiner Gegner mit Gewalt räumen zu lassen. Trotzdem haben die Bewohner der Städte Ramadi und Falludscha die Terroristen jetzt nicht mit offenen Armen aufgenommen.
In Ramadi liefern sich Stammeskämpfer und lokale Polizeieinheiten erbitterte Kämpfe mit den vermummten Eindringlingen. In Falludscha können sich die Isis-Terroristen zwar im Moment weitgehend ungehindert bewegen. Das liegt aber vor allem daran, dass die Stammesführer der Stadt beschlossen haben, erst einmal Al-Malikis Truppen zu vertreiben, die am östlichen Stadtrand stehen.
„Das sagt aber nur etwas über den Hass aus, den die Menschen hier auf die nationale Armee haben; es bedeutet aber nicht, dass sie Sympathien hegen für Al-Kaida“, erklärt ein Bewohner von Falludscha, der trotz der andauernden Kämpfe in der Stadt ausharrt. Er sagt: „Die Lebensmittel werden knapp, alle Schulen sind geschlossen, die Banken auch, an ein normales Leben ist nicht zu denken.“
Und was tut Al-Maliki, als Al-Kaida-Terroristen vier Monate vor den geplanten Parlamentswahlen versuchen, irakische Städte zu erobern? Er gießt zusätzlich Öl ins Feuer. Am Wochenende behauptete er bei einer Feierstunde zum zweiten Jahrestag des Abzugs der US-Armee aus dem Irak, die Protestbewegung in der Provinz Al-Anbar, die seit einem Jahr seine Absetzung fordert, sei letztlich nichts anderes als eine weitere Facette von Al-Kaida. (afp/dpa)
Kerry zeigt sich nach Nahost-Gesprächen optimistisch
Nach tagelanger Pendeldiplomatie hat sich US-Außenminister John Kerry optimistisch über eine mögliche Friedensregelung zwischen Israelis und Palästinensern geäußert. Er sei sich der Skepsis auf beiden Seiten deutlich bewusst, sagte er gestern in Jerusalem. „Aber mir ist klar, dass wir die verbleibende Kluft überbrücken und eine endgültige Friedensregelung mit zwei Staaten für zwei Völker erzielen können“, sagte Kerry, bevor er zu weiteren Gesprächen nach Jordanien und Saudi-Arabien reiste.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hätten „bereits wichtige und mutige Entscheidungen, schwere Entscheidungen getroffen“, betonte Kerry. Am Samstag war er drei Stunden lang mit Abbas und fünf Stunden lang mit Netanjahu zusammengetroffen.
Der US-Außenminister wirbt für eine Rahmenvereinbarung mit den Eckpunkten einer künftigen Friedensregelung. Ziel der im Juli aufgenommenen Gespräche sind ein umfassender Friedensvertrag und die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates. Alle Kernfragen des Konflikts seien auf dem Tisch, wie etwa der Status Jerusalems, der künftige Grenzverlauf und die Flüchtlingsfrage, sagte Kerry. (dpa)
„Die Lebensmittel werden knapp, alle Schulen sind geschlossen, die Banken auch, an ein normales Leben ist nicht zu denken.“
Ein Bewohner von Falludscha