Fr, 17. Mai. 2013
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DGB: Hartz-IV-Empfänger sitzen in der Armutsfalle
Gewerkschafter haben die Situation von Langzeitbeziehern untersucht. Die offizielle Statistik kritisieren sie als unzureichend.
Von Stefan Vetter
Berlin. Die Zahl der Arbeitslosen im Hartz-IV-System ist im letzten Jahr mit durchschnittlich knapp zwei Millionen auf den niedrigsten Stand seit Einführung der Reform vor acht Jahren gesunken. Den verbliebenen Betroffenen gelinge es jedoch immer schlechter, ihren Hilfebezug aus eigener Kraft längerfristig zu überwinden. Dabei zeige die amtliche Arbeitsmarktstatistik „lediglich die Untergrenze verfestigter Arbeitslosigkeit und Armut“. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes, die den „Nachrichten“ vorliegt.
Nach der gängigen Definition gilt als langzeitarbeitslos und damit häufig als Hartz-IV-bedürftig, wer mindestens ein Jahr ununterbrochen keinen Job hatte. Im September 2012 waren das offiziell 883 000 – eine Zahl, die nach Auffassung des DGB die Realität aber nur unzureichend widerspiegelt.
Es wird immer wieder neu gezählt
Denn vorübergehende Unterbrechungen der Erwerbslosigkeit etwa durch Ein-Euro-Jobs oder zeitweilige Erkrankungen seien hier unberücksichtigt. „Bei erneuter Arbeitslosigkeit beginnt die statistische Uhr neu zu zählen, auch wenn sich an der Hilfebedürftigkeit und der Lebenslage des Betroffenen praktisch kaum etwas geändert hat“, erklärt Wilhelm Adamy, Arbeitsmarktexperte beim DGB-Bundesvorstand.
Um die sich verfestigende Armut besser erfassen zu können, hat der DGB deshalb den Langzeitbezug von Hartz IV unter die Lupe genommen. Als Langzeitbezieher gelten demnach alle erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger, die in den letzten 24 Monaten mindestens 21 Monate hilfebedürftig und zuletzt arbeitslos gewesen sind. Nach den Berechnungen des DGB fielen im September 2012 gut 1,3 Millionen Menschen in diese Kategorie. „Die Zahl der Langzeitbezieher von Hartz IV ist also wesentlich höher als die Zahl der in der Statistik ausgewiesenen Langzeitarbeitslosen“, sagt Adamy. Diese größere Gruppe sei auch der entscheidende Indikator für eine Verfestigung prekärer Lebensverhältnisse. „Ein nachhaltiger Ausstieg aus Hilfebedürftigkeit gelingt weit seltener, als es die Entwicklung der Arbeitslosigkeit zunächst vermuten lässt“, heißt es dazu in der DGB-Untersuchung. Unter den erwerbsfähigen Langzeitbeziehern gebe es einen harten Kern von rund 46 Prozent, der mit einer ein- oder mehrmaligen Unterbrechung von insgesamt maximal 31 Tagen sogar schon mehr als vier Jahre lang Hartz IV beziehe. „Je länger solche Personen auf staatliche Fürsorge angewiesen sind, desto schwieriger ist jedoch zumeist die soziale und arbeitsmarktpolitische Reintegration“, sagt Adamy.
Laut Studie darf der Langzeitbezug allerdings nicht mit Inaktivität der Betroffenen gleichgesetzt werden. So hätten mehr als ein Drittel der Hilfeempfänger bereits an arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen teilgenommen. Gut jeder Vierte sei auch zeitweilig sozialversichert beschäftigt gewesen. Dass Hartz-IV-Empfängern trotzdem nur selten der soziale und berufliche Aufstieg gelingt, führt der DGB auf politische Defizite zurück. So seien staatliche Fördermittel gekürzt und spezielle Förderinstrumente für die Gruppe der Langzeitbezieher gestrichen worden.