Heftiges Tauziehen um die Knappschaft

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Di, 24. Apr. 2012
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 13

Heftiges Tauziehen um die Knappschaft

Verkäufer und Käufer gehen gerichtlich gegen das Vorkaufsrecht der Stadt Aachen vor. Eine Differenz von 1,1 Millionen Euro.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Hinter der Adresse Monheimsallee 22-24 verbirgt sich eine interessante Immobilie. Die Knappschaft, die sich mit ihrer knapp 90-köpfigen Belegschaft Ende letzten Jahres aus Aachen zurückgezogen hat, hat das stattliche Anwesen ausgeschrieben und verkauft. So interessant ist das Objekt, dass sich ein heftiges Tauziehen um das gediegene Gebäude am Rande des Stadtgartens entwickelt hat. An den beiden Enden des Taus: die Stadt Aachen auf der einen und ein Käuferkonsortium sowie die Noch-Besitzerin Knappschaft auf der anderen Seite.

Zu den Käufern gehört, und das macht die Sache noch interessanter, auch Annelore Einmahl, Frau des ehemaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Rolf Einmahl, zurzeit politisch noch ehrenamtlich tätig im Städteregionstag. Rechtsanwalt Einmahl vertritt die Käufer vor Gericht, wo der Fall geklärt werden muss. Stadtsprecher Hans Poth: „Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer haben einen Antrag auf gerichtliche Prüfung des Vorkaufsrechts der Stadt Aachen gestellt.“ Zuständig dafür ist die Kammer für Baulandsachen beim Landgericht Köln, wo entsprechende Schreiben nach Auskunft eines Sprechers aber noch nicht eingegangen sind.

Es geht um viel Geld

Natürlich geht es um Geld, um viel Geld. Sprecher Wolfgang Buschfort: „Der Marktpreis betrug 2,7 Millionen Euro, zahlreiche Bieter boten ähnlich hohe Summen.“ Aufgrund „eines vermeintlichen Vorkaufsrechts“ , so Buschfort weiter, biete die Stadt 1,1 Millionen weniger: „Wie sie zu diesem Betrag kommt, ist nicht nachvollziehbar. Auf dieses ‚Angebot‘ der Stadt kann die Knappschaft als Sozialversicherung und treuhänderischer Verwalter des Geldes der eigenen Versicherten nicht eingehen.“

Die Knappschaft sei an einer schnellen Klärung der Rechtsfrage interessiert. „Daher verwundert es schon, wenn die Stadt Aachen die Anträge der Knappschaft am 20. Januar erhält, sie aber erst zwei Monate später an das Landgericht weitergibt, obwohl das Gesetz von der Stadt die umgehende Weitergabe einfordert.“ Das habe halt seine Zeit gedauert, kontert Stadtsprecher Hans Poth. Man habe das 80-seitige Schreiben prüfen, sich schlau machen und einen Anwalt mandatieren müssen: „Es ist nichts zurückgehalten worden.“

Auch Rechtsanwalt Rolf Einmahl bezweifelt, dass derzeit kursierende Vorstellungen von der „Satzung über ein besonderes gemeindliches Vorkaufsrecht“, die im Januar 2006 vom Rat beschlossen worden war, gedeckt würden. Darin wird lediglich von der „Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung“ gesprochen. In einer Verwaltungsvorlage zu dem Thema war damals von einer „kulturell beziehungsweise sozialen Nutzung auf dem Gelände der Knappschaft“ die Rede. Im Gespräch ist derzeit etwa, die Musikschule, die den Standort Blücherplatz aufgeben muss, im Knappschaftsgebäude unterzubringen oder das Anwesen für das aus allen Nähten platzende Eurogress zu nutzen. Einmahl: „Man kann nicht sechs Jahre später etwas anderes nachschieben.“

Was die Investoren mit dem Gebäude vorhaben, sagt Einmahl, „kann ich öffentlich nicht erörtern“. Eine unzulässige Interessenverquickung sieht der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende ebenso wenig wie sein Nachfolger in diesem Amt, Harald Baal: „Ich finde das absolut in Ordnung, dass das so gelaufen ist. Auf Käuferseite ist niemand aufgetreten, der eine Verbindung zur Stadt Aachen hat.“ Das Ausüben des Vorkaufsrechts sei einstimmig im Rat beschlossen worden, beim Ermitteln des Verkehrswertes seien die von der Stadt beauftragten Gutachter halt zu einem anderen Ergebnis gekommen. Oberbürgermeister Marcel Philipp hat es „auf emotionaler Ebene schon überrascht, dass er (Rolf Einmahl, d. Red.) zum Umfeld der potenziellen Käufer gehört“.

Das Ehepaar Einmahl ist in Immobiliensachen ein eingespieltes Team. Seit vielen Jahren tritt die Ehefrau als Käuferin auf und der Ehemann als ihr Rechtsberater, etwa bei einem Freizeitzentrum in Richterich, einem Bauernhof in Horbach oder einer Gärtnerei am Lousberg. Dabei hatte es immer wieder Vorwürfe der Interessenkollision gegeben, die Einmahl aber stets zurückgewiesen hatte. Er habe nie Vorteile aus seiner Tätigkeit als Ratsherr gezogen, sagte er in einer der zahlreichen Debatten in diesen Fällen.

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