Fr, 3. Jan. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Aus aller Welt / Seite 5
So sicher wie in den ruhigen 60er Jahren
In den Metropolen der USA hat die Anzahl der Morde einen historischen Tiefstand erreicht
Von John Dyer
Boston. Die Mordrate in den USA ist gegenüber 2012 deutlich gesunken. Teilweise werden wieder Zahlen erreicht, die es zuletzt in den relativ ruhigen 60er Jahren gegeben hat. Die Bürgermeister verweisen als Grund auf innovative Polizeimethoden. Hinzu kommen aber auch verschiedene Gesetze, die bereits seit Jahrzehnten die Mordrate drücken.
Gerade Chicago ist über die positiven Zahlen erfreut. Eine Reihe von tragischen Todesfällen hatte über die Jahre den Bürgermeister der drittgrößten amerikanischen Stadt, Rahm Emanuel, unter Druck gesetzt. Doch nun ist die Anzahl an Morden im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent gesunken. Hielt die Heimatstadt von Präsident Barack Obama 2012 mit 503 Morden noch den landesweiten Rekord, waren es 2013 „nur noch“ 415. Die Häufigkeit von Schießereien nahm gar um 24 Prozent ab.
Mitte der 90er Jahre war es in Chicago noch jährlich zu knapp 1000 Morden gekommen. „Allgemein lässt die Zahl an Verbrechen nach“, erklärte Chicagos Polizeichef Garry McCarthy. „Intelligentere Polizeiarbeit verhindert Morde.“ Dazu gehört auch ein massives Polizeiaufgebot auf den Straßen. 100 Millionen Dollar zahlte die Stadt 2013 für die Überstunden seiner Polizisten. 2012 war es noch die Hälfte.
Doch auch geheimdienstliche Methoden halfen, die Mordraten zu senken. Gerade in Gegenden der Stadt, die von Banden beherrscht werden. „Wir machen wichtige Fortschritte bei der Präsenz in gefährlichen Gegenden. Zudem helfen uns geheimdienstliche Vorgehensweisen dabei, Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, ergänzte McCarthy.
Auch in New York ist die Mordrate drastisch gesunken. Die Metropole zählt inzwischen zu den sichersten Städten der USA. 333 Morde wurden im Big Apple 2013 gezählt, 20 Prozent weniger als im Vorjahr. 1990 waren es noch 2262 Morde. „Die weiterhin zurück gehende Mordrate ist das Ergebnis der Arbeit unserer Polizei“, erklärte der stellvertretende Polizeichef John McCarthy. Er verweist zudem darauf, dass die Anzahl junger Mordopfer gar um die Hälfte gesunken ist. Dies ginge auf eine Initiative zurück, mit der junge Menschen davon abgehalten werden sollen, Banden beizutreten.
Doch die Erfolgsbilanz hat auch eine Schattenseite. Soziologie-Professor Andrew Papachristos von der Universität Yale verweist darauf, dass zwar die Gesamtzahl sinkt. In verarmten Stadtteilen würde die Mordrate aber immer noch steigen. Dort käme es bei Streitereien zwischen Banden regelmäßig zu Morden. „Der Rückgang bei Verbrechen ist bestimmt eine gute Sache. Aber es gibt eine riesige Lücke zwischen den Gegenden mit den höchsten Verbrechensraten und denen mit den niedrigsten“, so Papachristos. (ce)