Wenn Fluthelfer kein Lob, sondern die Kündigung erhalten

Mi, 19. Jun. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Wenn Fluthelfer kein Lob, sondern die Kündigung erhalten

Fünf Ehrenamtler aus Heinsberg bekommen Ärger mit ihren Chefs. Arbeitgeber eines entlassenen Stolbergers macht einen Rückzieher.

Von Daniel Gerhards

Heinsberg/Stolberg. Bundesweit ist das Lob für die vielen freiwilligen Fluthelfer allgegenwärtig. Doch einige Chefs haben für den ehrenamtlichen Einsatz offenbar wenig übrig – auch in unserer Region. Unterwegs ins überflutete Magdeburg waren vier Mitglieder des Malteser Hilfsdienstes aus Heinsberg, als ihre Arbeitgeber mit Kündigung oder Abmahnung drohten. „Ein Arbeitgeber hat einem unserer Helfer gesagt, dass er sofort aussteigen und zurückfahren soll. Sonst werde er gekündigt“, sagt Gudrun Käbeck, Zugführerin beim Malteser Hilfsdienst Heinsberg.

Sie war mit insgesamt 54 Helfern aus dem Kreis Heinsberg unterwegs nach Magdeburg – darunter auch Kräfte vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Ein Malteser trat nach der Drohung des Arbeitgebers die Rückreise an. „Dieser Helfer ist Familienvater, ich habe ihn nach Hause geschickt“, sagt Käbeck. Die Angst, den Job zu verlieren, sei einfach zu groß gewesen. Käbeck berichtet auch von einem Heinsberger DRK-Helfer, der im Einsatz die Kündigung erhalten habe. Dass ehrenamtliche Helfer von ihren Arbeitgebern so massiv unter Druck gesetzt werden, habe sie bisher noch nie erlebt. So werde es immer schwieriger, Menschen für das Ehrenamt zu begeistern.

Ähnliche Fälle waren den Landesbüros von DRK, Maltesern und Technischem Hilfswerk (THW) gestern nicht bekannt, es ist aber wohl davon auszugehen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt.

Bereits gestern haben wir über die Geschichte von Norbert Augusto aus Stolberg berichtet. Er fuhr als Mitarbeiter eines Toom-Baumarkts mit dem DRK ins Krisengebiet. Zurück kam er ohne Job. Der Grund für die Kündigung: Er ist nicht zur Arbeit erschienen. Seinen Chef hatte der 19-Jährige vorher versucht zu erreichen, ohne Erfolg. Augusto fuhr trotzdem nach Magdeburg. „Man wird dafür bestraft, dass man geholfen hat“, sagte er. Nach der Berichterstattung nahm die Geschäftsleitung der Baumarktkette die von der Stolberger Filiale ausgesprochene Kündigung gestern zurück. Man bedaure die „Verkettung unglücklicher Umstände“, die zu einer „unberechtigten Kündigung“ geführt hätten, hieß es. Da hatte Peter Timmermans, DRK-Geschäftsführer in der Städteregion, Augusto schon angeboten, hauptamtlich im DRK-Fahrdienst zu arbeiten. „Wenn die Voraussetzungen stimmen“, soll er auch die Möglichkeit bekommen, eine Ausbildung zum Rett ungssanitäter zu machen. Für Augusto ist klar, dass er das DRK-Angebot annehmen möchte.

„Recht und Realität klaffen auseinander“

Rechtlich scheint die Lage klar: Ehrenamtlichen Helfern dürfen wegen ihres Einsatzes keine Nachteile in ihrem Arbeitsverhältnis entstehen. Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter also freistellen – sofern sie im Rettungsdienst, dem THW oder der Feuerwehr aktiv sind. Allerdings kann der Arbeitgeber bei wichtigen Gründen die Teilnahme verbieten.

Den Lohn müssen Arbeitgeber während des Einsatzes auch fortzahlen. Die Kosten erstatten Städte, Gemeinden und Landkreise.

Recht und Realität aber „klaffen auseinander“, sagt Wolfgang Geicht, Ortsbeauftragter des Stolberger THW. Es habe sogar schon Unternehmen gegeben, die klipp und klar sagten, dass sie den Helfer „bei der nächsten Gelegenheit kündigen, wenn er in den Einsatz geht“.

Kommentar: Diese asozialen Typen, die entgegen Recht und Gesetz kündigen, mit Firmenname, Name und Anschrift im Internet veröffentlichen. Der Toom Markt hat jetzt einen Kunden weniger.

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