90 000 Flüchtlinge im Land noch ohne Asylantrag

Interessanter Artikel der Aachener Nachrichten – Stadtausgabe

90 000 Flüchtlinge im Land noch ohne Asylantrag
Grund sind mangelnde Kapazitäten beim Bundesamt für Migration. Fünf neue „Ankunftszentren“ in NRW sollen Abhilfe schaffen.

Den Artikel finden Sie im ePaper unter:
https://epaper.zeitungsverlag-aachen.de/2.0/article/d80e407685

21.07.2016

90 000 Flüchtlinge im Land noch ohne Asylantrag

Grund sind mangelnde Kapazitäten beim Bundesamt für Migration. Fünf neue „Ankunftszentren“ in NRW sollen Abhilfe schaffen.

Von Detlev Hüwel

Düsseldorf. Von den 230 000 Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr NRW zugewiesen wurden, haben nach Auskunft des Innenministeriums 87 000 Menschen bislang noch keinen Asylantrag stellen können. Der Grund seien mangelnde Kapazitäten beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewesen.

Abhilfe sollen die fünf neuen „Ankunftszentren“ in Mönchengladbach, Bonn, Dortmund, Bielefeld und Münster schaffen, in denen die Asylbewerber ihren Antrag dem BAMF vorlegen können. „Wir fahren jede Woche rund 3000 Menschen mit Bussen auf unsere Kosten dorthin, obwohl wir dafür gar nicht zuständig sind“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Er betonte, dass bis September der Antragsstau abgearbeitet sein wird.

Unterdessen hat die Union kritisiert, dass die Verteilung der Landesmittel für Flüchtlinge an die Kommunen weiterhin „sehr ungerecht“ erfolge. Die Zahlungen schwankten zwischen jährlich 1789 Euro pro Flüchtling (wie in Salzkotten) und insgesamt 1,1 Millionen Euro (Schöppingen). Weeze etwa erhalte 55 291 Euro; in Aachen sind es 10 201 Euro.

Der Grund für diese „Unwucht“ sei, dass die Gelder nicht nach tatsächlicher Anzahl der Flüchtlinge vergeben würden, sondern nach einem Schlüssel, der zu 90 Prozent die Einwohnerzahl der betreffenden Kommune berücksichtige, sagte gestern der CDU-Kommunalexperte André Kuper. Dies habe zur Folge, dass Kommunen Pauschalen für Flüchtlinge erhielten, die ihnen gar nicht zugewiesen worden seien, weil sich dort eine Landeseinrichtung befinde. Kuper: „Besonders Kommunen, in denen das Land große Einrichtungen für die Erstaufnahme von Flüchtlingen unterhält, profitieren von der derzeitigen Praxis.“

Kuper monierte auch, dass das Land Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern bei Rückführungen und Abschiebungen zu zögerlich sei. Zwischen 2010 und 2014 seien bis zu 27 Prozent aller Rückführungen aus NRW erfolgt; im ersten Halbjahr 2016 seien es dagegen lediglich 19 Prozent gewesen. Die CDU fordert die Rückführung auf Landesebene zu zentralisieren. Bislang sei dies Sacher der kommunalen Ausländerbehörden.

Freiwillig oder unfreiwillig: Immer mehr Flüchtlinge kehren in die Heimat zurück

Immer mehr Asylsuchende kehren gezwungenermaßen oder freiwillig in ihre Heimat zurück. Auch Nordrhein-Westfalen dringt stärker auf schnelle Abschiebung und unterstützt Rückkehrer.

In diesem Jahr wird sich die Zahl der freiwilligen Ausreisen abgelehnter oder chancenloser Flüchtlinge voraussichtlich verdoppeln. Dennoch würden in NRW überdurchschnittlich viele Ausreisepflichtige beherbergt, bemängelte die CDU-Opposition gestern in Düsseldorf.

Nach Angaben der Bundespolizei konnten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres rund 11 000 Flüchtlinge aus NRW freiwillig zurückgeführt werden – etwa ebenso viele wie im gesamten Jahr 2015.

8356 freiwillige Rückkehrer nahmen ein bundesweites Hilfsprogramm in Anspruch. In 2652 weiteren Fällen organisierte und finanzierte das Land NRW die Ausreise in die Heimat. „Die freiwillige Ausreise ist die bessere Lösung – für alle Beteiligten“, bekräftigte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).

Auch zwangsweise Abschiebungen aus NRW gab es deutlich mehr – von 1342 in den ersten fünf Monaten 2015 um rund 62 Prozent auf 2167 in den ersten fünf Monaten dieses Jahres. (dpa)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.