Frauen in Saudi-Arabien trotzen dem Fahrverbot

Mo, 28. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / AN Politik / Seite 4

Frauen in Saudi-Arabien trotzen dem Fahrverbot

Autofahren ist in dem ultrakonservativen Königreich für das weibliche Geschlecht immer noch tabu. Doch es regt sich Widerstand.

Von Nehal El-Sherif und Gregor Mayer

Kairo/Riad. Die junge Frau ist vollverschleiert und sitzt entspannt am Steuer ihres Wagens. „Wir sind jetzt in der Al-Nadschah-Straße, in Ihsa“, sagt sie mit fröhlicher Stimme. Die Handy-Kamera ihrer Beifahrerin nimmt sie bei dem in Saudi-Arabien verbotenen Treiben auf. „Ich fahre mit meinen Schwestern und mache Besorgungen, so brauchen sie nicht zu warten, bis der Chauffeur kommt. Ich habe einen Führerschein und kann fahren, wir sind nicht in Gefahr.“

Der 46-Sekunden-Clip aus der saudischen Ost-Provinz ist einer von rund einem Dutzend Kurzfilmen, die autofahrende Frauen aus Saudi-Arabien am Samstag über die Internet-Plattform YouTube veröffentlicht haben.

Die Gruppe „Women2Drive“ hatte für den Samstag zum Aktionstag gegen das Fahrverbot für Frauen aufgerufen. Möglichst viele Frauen im islamischen Königreich sollten an diesem Tag das anachronistische Verbot missachten und sich demonstrativ hinters Steuer klemmen. Wie viele Bürgerinnen dem Aufruf Folge leisteten, lässt sich nicht abschätzen. Einige ließen sich dabei filmen und stellten das Ergebnis ins Internet.

Auf den Filmen sind meist vollverschleierte Frauen zu sehen, wie sie am Steuer von Mittel- oder Oberklassewagen durch saudische Städte kreuzen. Eine besonders verwegene Autofahrerin hat nur ihr Haar mit einem Kopftuch bedeckt. Sie zeigt ihr Gesicht und gibt ihren Namen mit Mai al-Sawjan an. Auf einem anderen Clip begeistert sich der Ehemann der Autofahrerin auf dem Beifahrersitz für die Aktion und ruft in die Kamera: „Kommt hervor Mädchen und macht mit!“

Die Behörden hatten ein hartes Durchgreifen angekündigt. Großflächige Polizeikontrollen blieben aber aus, wie Augenzeugen berichteten. Dennoch wurden insgesamt 14 Autofahrerinnen festgenommen, wie die Zeitung „Al-Madina“ am Sonntag vermeldete. Ihnen droht möglicherweise eine heftige Geldstrafe.

Das Fahrverbot für Frauen ist indes in Saudi-Arabien durchaus umstritten. 20 000 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten die Petition der „Women2Drive“-Kampagne. Weibliche Abgeordnete des Schura-Rates – solche gibt es überhaupt erst seit Jahresbeginn – verlangten, die Aufhebung des Fahrverbots auf die Tagesordnung zu setzen. Der Schura-Rat ist ein rein beratendes Gremium, dessen Mitglieder von König Abdullah ernannt werden.

In einem Land mit unterentwickeltem öffentlichen Verkehr sind Frauen als Berufstätige ebenso wie als Mütter abhängig von Chauffeuren, die extra bezahlt werden müssen. Darauf spielte auch die Autofahrerin in dem Clip aus Ihsa an. Andere Gesetze engen sie noch mehr ein: Ohne „Vormund“, das heißt Ehemann oder männlichen Blutsverwandten, dürfen sie keine Verträge unterschreiben, ja sich nicht einmal in der Öffentlichkeit zeigen.

Technische Veränderungen und wirtschaftliche Globalisierung ziehen auch Saudi-Arabien in ihren Sog. Die Auswirkungen auf den Lebensalltag treffen die Frauen besonders hart, weil sie unverändert in das Korsett der puritanischen Gesetze und Regeln gezwängt bleiben. Viele von ihnen haben inzwischen das Autofahren gelernt und den Führerschein in den benachbarten Golfstaaten erworben. Doch der ultrakonservative islamische Klerus sträubt sich gegen jede Veränderung. In jedem kleinsten Zugeständnis sieht er eine Bedrohung für die gottgewollte Herrschaft des Hauses Saud.

Absurde Argumentation

Dabei kommt es zu den absurdesten Argumentationsverrenkungen. So meinte Scheich Saleh bin Saad al-Luhaidan, seines Zeichens Berater des Psychologen-Verbands der Golfstaaten, dass das Autofahren schädlich für die Eierstöcke sei und vermehrt zu Geburten mit Missbildungen führen würde.

Anhängerinnen der Kampagne gegen das Fahrverbot machten sich am Samstag im Internet besonders über diese Ansage lustig. „Ich fahre seit 6 Jahren Auto, habe seitdem 2 Kinder, und meinen Eierstöcken geht es bestens“, twitterte die Sympathisantin Sabiha Mahmud.

Bemerkung: Für die, die meinen und erzählen, wie stark die Frau im Islam seien!

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