Mit Bio-Bombe aus Köln war Anschlag geplant

Köln. Das in einem Kölner Hochhaus sichergestellte hochgiftige Rizin war laut Bundeskriminalamt für einen Anschlag neuer Dimension mit einem biologischen Sprengsatz geplant. „Hier gab es konkrete Vorbereitungen zu einer Tat, mit einer, wenn Sie so wollen, Bio-Bombe. Das ist schon ein in Deutschland einmaliger Vorgang“ sagte BKA-Präsident Holger Münch gestern. Der verdächtigte 29-jährige Tunesier stand nach neuen Erkenntnissen in Kontakt zu „Personen aus dem radikal-islamistischen Spektrum“.

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Anschlag mit Bio-Bombe wohl nur knapp vereitelt

Der Kölner Islamist war schon sehr weit mit seinen Vorbereitungen. Bundesverfassungsschutz spricht von „neuer Dimension“.

Von Yuriko Wahl-Immel und Anne-Béatrice Clasmann

Berlin/Köln. Als Sief Allah H. nach Deutschland kommt, ist er für die Sicherheitsbehörden zunächst ein unbeschriebenes Blatt. Dass er in seinem Heimatland Tunesien Kontakt zu Islamisten hatte, wissen sie nicht. Anderthalb Jahre später stellt der Mann in Köln in einer Hochhaussiedlung im Verborgenen über Wochen hinweg hochtoxisches Rizin her – so der Verdacht. Eines der gefährlichsten Gifte, das schon in kleinsten Mengen töten kann. Offenbar plante er einen verheerenden Anschlag. Und möglicherweise war es knapp.

Von einer „Biobombe“ und von „ganz konkreten Vorbereitungen“ eines Anschlags einer neuen Dimension spricht der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, gut eine Woche nach dem Zugriff. Der 29-Jährige Sief Allah – zu Deutsch „Schwert des Islam“ – soll schon sehr weit gewesen sein mit seiner perfiden Planung.

Tag für Tag neue Details

„Sehr wahrscheinlich“ wollte er einen Terroranschlag begehen, schildert Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV). Was der Mann ganz genau im Schilde führte, welche Motive er hatte, wie nah er der radikalen Islamistenszene stand und ob er Mitwisser oder Komplizen hatte, ist noch ungewiss. Tag für Tag gibt es neue Details und Einschätzungen, die dafür sprechen, dass es bedrohlich hätte werden können.

Laut „Spiegel“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte der Ende 2016 nach Deutschland via Familiennachzug eingereiste Tunesier 2017 gleich zweimal versucht, nach Syrien zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auszureisen. Dem „Spiegel“ zufolge scheiterte er aber an den türkischen Behörden. Der Tunesier sitzt nun in Nordrhein-Westfalen in U-Haft. Ob der Beschuldigte sich zu den Vorwürfen äußerte, sagt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bisher nicht.

Sief Allah H. besaß einen Schlüssel, der auf mehrere, auch teils leerstehende Wohnungen in dem 15-stöckigen Hochhaus im Kölner Norden passt. In einer Wohnung lebte er mit seiner Frau – einer Deutschen, die zum Islam konvertierte – und ihren Kindern. In der anderen Wohnung lagerte er seine brisanten Materialien: Rizinussamen, eine elektrische Kaffeemühle und Utensilien für den Bau eines Sprengsatzes.

Tipp aus der Bevölkerung

Die Konstruktion einer Bombe mit Rizin gilt als technisch sehr anspruchsvoll. Es gibt laut BKA aber im Internet Anleitungen – auch von islamistischen Organisationen. Und daran habe sich der Verdächtige „offensichtlich auch orientiert“, erläutert Münch im RBB-Inforadio. Die Materialien hatte er laut Bundesanwaltschaft im Internet bestellt. Ein Tipp von einem ausländischen Geheimdienst brachte das BfV auf die Spur des Tunesiers. Die Bundesanwaltschaft bestätigt, dass er sogar „eine noch größere Menge“ als die zunächst bekanntgewordenen 1000 Rizinus-Samen online gekauft habe. Rizin gilt als potenzieller biologischer Kampfstoff.

Auch wenn unklar ist, ob es tatsächlich zu einem Anschlag größeren Ausmaßes gekommen wäre: Die Sicherheitsbehörden sind extrem erleichtert, dass die Planungen auch dank eines Tipps aus der Bevölkerung vereitelt werden konnten. Doch BfV-Chef Maaßen warnt generell vor Biobomben: „Islamistisch-terroristische Anschläge auch mit toxikologischen Substanzen sind in Deutschland jederzeit möglich.“

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