Nur das übliche Säbelrasseln?

Sa, 4. Feb. 2012
Aachener Nachrichten – Stadt / Blickpunkt / Seite 2Nur das übliche Säbelrasseln?

In Jerusalem wächst die Angst vor einer iranischen Atombombe. Die USA befürchten, dass Israel das Mullah-Regime im Frühjahr angreifen wird. Auch aus Teheran kommen martialische Drohungen.

Von Peer Meinert und Gil Yaron

Washington/Teheran. Nur ein Säbelrasseln, eine kalkulierte Drohung – oder steht wirklich ein Angriff auf iranische Atomanlagen bevor? US-Medien berichten gestern, Israel könne bereits im Frühjahr zuschlagen.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta geht offenbar davon aus, dass es eine „starke Wahrscheinlichkeit“ für einen Angriff im April, Mai oder Juni gibt. So berichtete es jedenfalls gestern die „Washington Post“, ohne allerdings konkrete Quellen für die Behauptung zu benennen. Auch der TV-Sender CNN berichtete über ähnliche Befürchtungen Panettas. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak leistete solchen Erwartungen weiteren Vorschub: „Es wird schwerer sein, mit einem nuklearen Iran umzugehen, es wird blutiger und teurer sein als wenn der Iran heute gestoppt wird“, sagte Barak. „Mit anderen Worten: Wer sagt, man solle später handeln, könnte feststellen, dass später zu spät ist“, zitierte ihn die israelische Zeitung „Haaretz“.

Jerusalem befürchtet, dass Teheran bereits sehr bald über genügend angereichertes Uran verfügt, um eine Atombombe zu bauen – dann könne nur noch die USA den Iran militärisch stoppen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wolle aber verhindern, „dass das Schicksal Israels vom amerikanischen Handeln abhängt“, schreibt die „Washington Post“. Eine endgültige Entscheidung über einen Angriff sei aber noch nicht gefallen.

Israel geht offenbar davon aus, dass ein begrenzter Militäreinsatz möglich ist. Den Plänen zufolge könnten die Atomanlage bei Natans und andere unterirdische Anlagen das Ziel sein. Die Anlage in Qom soll dagegen schwieriger mit einem Luftangriff auszuschalten sein.

Der geistliche Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, reagierte gestern umgehend auf die Berichte. Er warnte eindringlich vor einem Krieg. Chamenei drohte beim traditionellen Freitagsgebet in Teheran den USA und Israel: „Schon das Nachdenken über solche Angriffe wäre für sie von Nachteil. Das Einleiten dieser Angriffe wäre zehnmal so nachteilig für sie.“ Zugleich machte er klar, dass sich der Iran durch keine Drohungen oder Sanktionen von seinem Atomprogramm abbringen lassen werde. „Wir haben unsere eigene Art, auf solche Drohungen zu antworten“, sagte Chamenei, der laut Verfassung das letzte Wort in allen Staatsangelegenheiten hat.

US-Medien berichteten weiter, für den Fall eines Angriffs rechne Israel mit iranischen Vergeltungsaktionen. Einer israelischen Quelle zufolge sei von 500 möglichen Opfern die Rede. Hier hatte es in den vergangenen Monaten aber auch Warnungen vor wesentlich höheren Opferzahlen in Israel gegeben.

US-Präsident Barack Obama sowie Panetta versuchen seit längerem, Israel von einem Angriff abzuhalten. Washington ist der Ansicht, ein Angriff werde die Sanktionspläne gegen den Iran gefährden. Die USA gehen davon aus, dass die verschärften Sanktionen der internationalen Gemeinschaft das Regime in Teheran zunehmend unter Druck setzen.

Schon jetzt spürt der Iran die wirtschaftlichen Folgen der Konfrontation. Israelische Kommentatoren werteten die Warnungen deswegen als Versuch der Israelis, die Welt anzuhalten, den Druck nicht zu vermindern, und mit Sanktionen gegen Irans Zentralbank noch zu erhöhen. Israels Vizepremier Mosche Yaalon erklärte: „Wir brauchen eine glaubhafte militärische Option. Solange die Iraner glauben, dass dem Westen Mut und Entschlossenheit fehlen, sie zu nutzen, werden sie ihr Programm nicht stoppen. Im Augenblick glauben sie nicht, dass die Welt entschlossen ist.“

Seit dem vergangenen Jahr steigen die Spannungen um das iranische Atomprogramm. Teheran hatte im Falle weiterer Sanktionen mit einer Blockade der Ölexporte durch den Persischen Golf gedroht. Darauf hatten die USA umgehend erklärt, sie würden eine solche Blockade nicht hinnehmen.

Gerüchte und Spekulationen

Seit Jahren gibt es immer wieder Spekulationen und Gerüchte über mögliche israelische Angriffspläne. Angeblich hatte bereits US-Präsident George W. Bush Israel von einem solchen Schritt abgehalten. Der Westen und vor allem Israel befürchten, dass Teheran Atombomben bauen wolle, um gegen Israel vorzugehen und seinen Einfluss in der ölreichen Region zu erhöhen. Dagegen betont Teheran immer wieder, die Atomprojekte dienten lediglich zur Energiegewinnung.

De Maizière warnt vor „militärischem Abenteuer“

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat Israel vor einem Militärschlag gegen den Iran gewarnt. „Die Lage rund um das Thema Iran und sein Nuklearprogramm ist besorgniserregend“, sagte der Minister. Angesichts der Debatte über einen militärischen Präventivschlag gegen Teheran fügte er hinzu, man nehme die Sorgen Israels sehr ernst. „Aber wir warnen Israel auch vor Abenteuern.“ (dpa)

„Wer sagt, man solle später handeln, könnte feststellen, dass später zu spät ist.“

Ehud Barak, israelischer Verteidigungsminister

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