Zweiter Polizeischüler in Aachen entlassen

Mi, 17. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Zweiter Polizeischüler in Aachen entlassen

Rassistisches Mobbing: Zweiter Suspendierter gilt als Mitläufer. Kollegen aus dem Kurs müssen mit Konsequenzen rechnen.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Eine Woche, 15 Ermittler, 100 000 Datensätze. Am Ende dieser Ermittlungen stehen zwei suspendierte Polizeianwärter, die nun beide entlassen werden. Der 19-jährige B. aus dem Bereich Düren gilt weiterhin als Hauptbeschuldigter. Er war bereits vor einer Woche suspendiert worden. Monatelang hatte er eine Kollegin aus dem gemeinsamen Kurs an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln rassistisch beleidigt, ihr etwa ein Hakenkreuz in den Textmarker geritzt. Nur wenige Kollegen in dem Kurs hatten der 23-Jährigen mit ausländischen Wurzeln beigestanden.

Die Aachener Ermittlungsgruppe untersuchte deshalb 100 000 Postings, also Fotos oder Äußerungen, aus sozialen Netzwerken und einer geschlossenen Handy-Chatgruppe des Polizeianwärter-Kurses. Ziel war es herauszufinden, ob weitere Kollegen an dem Mobbing beteiligt waren. Gestern wurde schließlich auf Grundlage der beendeten Ermittlungen und Zeugenaussagen ein weiterer Polizeianwärter suspendiert. Dieser 22-Jährige hatte ebenfalls fremdenfeindliche und menschenverachtende Fotos in der Handy-Chatgruppe gepostet, wie die Aachener Polizei gestern mitteilte. Man betrachte den Mann aus der Städteregion Aachen als „Mitläufer“, sagte Polizeisprecher Werner Schneider. Er habe die junge Frau nicht direkt beleidigt.

Seine Karriere bei der Polizei ist nun beendet. „Wo wir den Nachweis für offene Sympathie und Unterstützung der Täter finden konnten, kennen wir kein Pardon: Rassismus wird konsequent verfolgt und geahndet“, sagte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach zu den Vorfällen. Die beiden jungen Männer, die nicht in rechten Gruppierungen organisiert sind, waren während der Ausbildung am Polizeipräsidium in Aachen angestellt. Die 32 Teilnehmer des Kurses an der FH verteilen sich außerdem auf die Polizeipräsidien Bonn und Köln. Die Behörden müssen nun darüber entscheiden, wie sie mit den Polizeianwärtern umgehen, die weggesehen haben. Weitere Suspendierungen wird es nicht geben, mit disziplinarischen Maßnahmen müssten einige Polizeischüler aber rechnen, sagte Schneider. Die Ermittlungsgruppe habe für jeden Kursteilnehmer ein Protokoll angefertigt. Dort sind jegliche Aktivitäten in dem Chat nachzuvollziehen: Wer hat was gesehen? Wer h at was gepostet? Wer hat welche Konsequenzen gezogen?

Tatsächlich haben wohl nicht alle 25 Kursteilnehmer mutwillig weggesehen. „Die Ermittlungen haben ergeben, dass einige Polizeianwärter zwar in dem Chat angemeldet waren, sich die Inhalte aber nicht angesehen haben“, erklärte Schneider. Wer aber reingeschaut und dann einfach weggesehen hat, muss mit einem sogenannten Verweis oder einer Geldbuße in Höhe eines „empfindlichen“ Prozentsatzes des Gehaltes rechnen. Ein Polizeianwärter verdient 1000 Euro monatlich.

Die Polizeianwärter hatten gestern erstmals wieder im Kursverband Unterricht in Köln. Man prüfe weiterhin, wie es dort weitergeht. Noch immer steht im Raum, den Kurs aufzulösen und anders zusammenzusetzen. Die Fachhochschule wolle außerdem ein zusätzliches Aufarbeitungsprogramm für die Studiengruppe entwerfen. Darin soll ab kommender Woche die Entstehung von Gruppendynamik und der Umgang mit latent rassistischen Provokationen analysiert werden.

Auch das Polizeipräsidium kündigte Konsequenzen an: In Aachen werde die Orientierungswoche zur Einführung neuer Polizeianwärter künftig einen eigenen Themenschwerpunkt zu Rechtsextremismus in der Region enthalten.

„Da kennen wir kein Pardon. Rassismus wird konsequent verfolgt und geahndet.“

Dirk Weinspach,
Aachener Polizeipräsident

Kommentar: Wundert es da noch, dass die Polizei in weiten Bereichen auf dem rechten Auge blind ist? Thema NSU!

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