Obama reist ohne Friedenskonzept in den Nahen Osten

 

Sa, 16. Mär. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Blickpunkt / Seite 2

Obama reist ohne Friedenskonzept in den Nahen Osten

In der kommenden Woche will der US-Präsident erstmals Israel und die Palästinensergebiete besuchen

Von Jan-Uwe Ronneburger

Tel Aviv/Washington. Als US-Präsident Barack Obama kürzlich seinen ersten Israel-Besuch ankündigte, schossen die Spekulationen ins Kraut. Nach jahrelangem Zögern und Zaudern könnte der mächtigste Mann der Welt endlich Israelis und Palästinenser an den Verhandlungstisch bringen und den vor 20 Jahren begonnenen Friedensprozess vorantreiben. Notfalls mit leichtem Druck. Sogar über einen Dreier-Gipfel mit dem alten und neuen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wurde gemunkelt.

Doch das war gestern. Jetzt, da der Besuch (20.-22. März) feststeht, sind Obama und seine Berater bemüht, überzogene Erwartungen zu dämpfen. Er werde definitiv keinen Friedensplan im Gepäck haben, sagte Obama Vertretern jüdischer Gemeinden bei einem Besuch im Weißen Haus. In einem Interview mit dem israelischen Fernsehen schloss Obama auch aus, dass er Israel zu einem Siedlungsstopp drängen werde. Zugleich übte er aber auch Kritik. Israel müsse sich fragen, ob seine Siedlungen im Westjordanland es für moderate palästinensische Politiker einfacher machten, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Klar sei aber, dass bei seinem Abstecher ins Westjordanland und dem Kurzbesuch in Jordanien zum Abschluss keine Sensationen zu erwarten sind, heißt es im Weißen Haus – die Großwetterlage in der Region sei derzeit schlichtweg zu volatil.

Hinter vorgehaltener Hand ist in Obamas Umgebung von einer „Goodwill-Reise“ die Rede. Vorrangiges Ziel: Klimaverbesserung. Nach all den Spannungen zwischen Obama und Netanjahu in den vergangenen Jahren macht das durchaus Sinn.

Tatsächlich hatte Obama zu Beginn seiner ersten Amtszeit vor vier Jahren mächtig Druck gemacht, Israel regelrecht die Leviten gelesen: „Die Situation für die Palästinenser ist unerträglich“, stellte Obama damals in einer Rede in Kairo fest. Immer wieder erzürnte ihn der israelische Siedlungsbau im Westjordanland. Fast sah es so aus, als sei zwischen beiden Männern das Tischtuch zerschnitten. Jetzt müssen sie sich neu zusammenfinden. Obama bezeichnete den Umgang als bisweilen „schroff“, betonte aber, dass „wir Sachen erledigt bekommen“ und Differenzen „zum Schluss überbrückt und gelöst“ würden.

Koalitionsvertrag ist unterzeichnet

Israels Premier Benjamin Netanjahu, Jair Lapid von der Zukunftspartei sowie Naftali Bennett von der ultrarechten Siedlerpartei haben gestern den Vertrag zu einer neuen Regierung unterzeichnet. Mit im Boot ist schon länger die Partei der früheren Außenministerin Zipi Livni. Die neue Mitte-Rechts-Koalition verfügt damit über 68 der 120 Parlamentssitze und hat sich vor allem in der Innenpolitik hohe Ziele gesteckt.

Premier Netanjahu kann jetzt fristgemäß Präsident Schimon Peres bis Samstagabend über die erfolgreiche Regierungsbildung in Kenntnis setzen.

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