Innenminister gegen Abkassieren für Polizei im Stadion

Di, 14. Jan. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Innenminister gegen Abkassieren für Polizei im Stadion

In Bremen wird diskutiert, den Einsatz bei Fußballspielen vom Veranstalter zahlen zu lassen. Aus NRW gibt es rechtliche Bedenken.

Von Johannes Nitschmann

Berlin/Aachen. Bei den allermeisten Bundesländern gibt es derzeit keine Bestrebungen, der Deutschen Fußball Liga (DFL) und deren Vereinen Polizeieinsätze bei Bundesligaspielen in Rechnung zu stellen. „Geld bringt uns gar nichts, uns fehlen die Polizisten“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern in Düsseldorf, nachdem er für das nächste Jahr den Vorsitz der Innenministerkonferenz (IMK) übernommen hatte. Bei der Diskussion um die Eindämmung von Fußball-Krawallen müsse es das Ziel sein, „weniger Polizisten einzusetzen und nicht, die Kassen zu füllen“.

Der rot-grün regierte Stadtstaat Bremen will bis Ende Juni dieses Jahres prüfen, welche Gesetze geändert werden müssen, um die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen, Rockkonzerten und anderen Massen-Events beim Veranstalter eintreiben zu können. Die dortigen Regierungsparteien von SPD und Grünen haben in ihren Gremien entsprechende Beschlüsse gefasst, um die klamme Stadtkasse bei den Polizeikosten zu entlasten. Daraufhin hatte der Präsident des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, Klaus-Dieter Fischer, sein SPD-Parteibuch nach über 50 Jahren aus Protest zurückgegeben.

Der neue IMK-Vorsitzende Jäger erklärte, er habe große Zweifel, ob sich das Vorhaben des Bremer Senats gesetzlich umsetzen lasse. „Es gibt ganz erhebliche rechtliche Bedenken dagegen.“ Bremen wolle hier offenkundig einen Sonderweg beschreiten. Er könne derzeit nicht erkennen, dass andere Bundesländer dem folgen würden. Dagegen hatte der Bremer SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe prophezeit, dass andere Bundesländer bei der Berechnung der Polizeikosten nachziehen würden. „Da sitzen im Moment alle noch in den Büschen und warten ab.“

Auch Jägers Amtsvorgänger als IMK-Chef, der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius, wandte sich gegen ein Abkassieren der Fußball-Bundesligaclubs. „Ich halte nichts davon, dass für staatliche Leistungen – gerade im Bereich des Gewaltmonopols – Rechnungen ausgestellt werden.“ Zudem halte er eine saubere Abgrenzung der Kosten für schwierig, da sich die Krawalle häufig auf den Anreisewegen gewaltbereiter Fans ereigneten.

Jäger hob hervor, dass sich die Kooperation zwischen der DFL, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und den Sicherheitsbehörden deutlich verbessert habe. Dennoch müssten die Fußball-Bundesligisten noch viel konsequenter bei der Verhängung von Stadionverboten vorgehen. „Denn wer randaliert, zuschlägt oder rechtsextremistische Parolen brüllt, hat bei Fußballspielen nichts zu suchen.“ Wenige Gewalttäter dürften nicht „das fantastische Ereignis Fußball“ zerstören.

Kommentar: Überall fehlen Polizeibeamte, aber beim Fußball mit seinen astronomischen Gehältern wird nicht gespart. Hier wird die Sicherheit der Masse auf Kosten einer Minderheit vernachlässigt. Satt Fußballern Millionen zu zahlen sollen sich die Vereine, wenn sie Geschäft machen wollen, auch an den  Kosten beteiligen. Hier werden die Kosten sozialisiert, die Gewinne aber privatisiert.

Nach dem AN-Forum ist einiges in Bewegung geraten

Fr, 3. Jan. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 13

Das Thema: AN-Serie „Mein Ostviertel“

Nach dem AN-Forum ist einiges in Bewegung geraten

Was bewegt die Menschen zwischen Adalbertsteinweg und Düppelstraße? Welche Probleme sehen sie und welche Lösungen?

Von Heiner Hautermans

Aachen. Der 24. Oktober 2013 war eine Zäsur für das Ostviertel. An diesem Donnerstag wurde ein Polizist, der auf der Elsassstraße einen gesuchten Mann festnehmen wollte, selbst zum Verfolgten, weil eine herbeigerufene Gruppe junger Männer ihn bedrohte. Später zog sich die Polizei, die mit Verstärkung zurückkam, zurück, weil sie sich einer aufgebrachten Gruppe von 60 Personen gegenübersah und eine Eskalation vermeiden wollte. Seitdem hat die Polizei eine Vielzahl von Razzien zwischen Adalbertsteinweg und Düppelstraße durchgeführt, die unter anderem Fragen nach der Verhältnismäßigkeit aufgeworfen haben.

Diese Fragen wurden unter anderem gestellt auf einem von den „Nachrichten“ im Zeitungsverlag an der Dresdener Straße veranstalteten Forum „Brennpunkt Ostviertel“, bei dem sich Polizeipräsident Klaus Oelze zum ersten Mal der Kritik stellte und unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallten. Klar wurde an diesem Abend auch, dass die Debatte überfällig ist. Viele Besucher der sehr gut besuchten Diskussion begrüßten, dass sie ihre Position einmal darlegen konnten, von den Geschäftsleuten, die über die stundenlange Sperrung der Elsassstraße klagten, über junge Muslime, die sich im Kennedypark bis auf die Unterhose ausziehen mussten, bis hin zu Senioren, die sich unsicher fühlen und die Aktionen der Ordnungshüter sehr begrüßen. Klar wurde aber auch, dass die Polizei – trotz überdurchschnittlicher Kriminalitätsrate – die Probleme nicht allein lösen kann. Alle konnten aber an diesem 18. Dezember nur kurz zu Wort kommen, die Ze it war an diesem Abend – trotz kräftiger Überziehung – nicht lang genug. Seitdem ist etwas in Bewegung geraten, so der Eindruck vieler.

Die „Nachrichten“ geben daher allen Interessierten Gelegenheit, sich noch einmal ausführlicher zu äußern, diesmal unter dem Titel „Mein Ostviertel“. Verschiedene Anwohner erzählen, wie lange sie in dem Quartier leben, welche Verbindung sie zu ihm haben, welche Probleme sie dort sehen und wie ihrer Meinung nach die Lösung derselben aussehen kann. Auch dort ansässige oder beruflich tätige Leser können sich melden unter 0241/5101-411 oder per E-Mail an-lokales-aachen@zeitungsverlag-aachen.de, Stichwort „Mein Ostviertel“.

Die neue Serie startet heute mit dem Pfarrer Markus Frohn.

Rockergang findet in Aachen Anhänger

Fr, 20. Dez. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Rockergang findet in Aachen Anhänger

Polizei beobachtet die Situation insbesondere im Ostviertel mit große Sorge. Das wird beim Forum der Nachrichten deutlich. Stellung zu Kritik bezogen.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Junge Männer aus Aachen, die aus dem Ostviertel oder seiner Umgebung stammen, wenden sich zunehmend Streetgangs oder Rockergruppen wie den „Satudarah“ zu. Dies erklärte Polizeipräsident Klaus Oelze während des Forums der „Nachrichten“ zum Thema „Brennpunkt Ostviertel“. Der 1990 in den Niederlanden gegründete Motorrad-Klub hat im Sommer 2012 ein Chapter in Duisburg gegründet, von dem aus Bestrebungen im Gang seien, nach Aachen zu expandieren, erklärte Oelze. „Das sind ehemalige Jugendliche aus dem Ostviertel, die sich unter dem Dach Satudarah zusammenschließen.“ Die konkurrierenden Rockergruppen „Bandidos“ in Aachen und „Hells Angels“ in Köln waren 2012 verboten worden.

Die „Satudarah“ werden von einigen offiziellen Stellen als kriminelle Vereinigung eingestuft. Sie sind mit befreundeten Gangs in unregelmäßigen Abständen schon mehrfach in Aachen aufgetaucht, so wurden am Abend eines Joe-Cocker-Konzerts 19 Mitglieder in der Innenstadt kontrolliert. Diese hatten zwei Messer und eine Elektroschockpistole dabei.

Viele Waffen

Noch größer war die Waffenausbeute Ende September, als sich im Stadtbezirk Driescher Hof rund 100 Kuttenträger zusammenrotteten und besorgte Anwohner die Polizei riefen, die starke Kräfte zusammenzog: Gefunden wurden elf Messer, zwei Äxte, fünf Pfefferspraydosen, zwei Gaspistolen und ein Hockeyschläger. Den Rockern geht es nach Angaben von Beobachtern vor allem um Geschäfte im Drogen- und Rotlichtmilieu sowie der Türsteherszene. Die Polizei versucht, mit allen rechtlichen Mitteln gegen drohende Auswüchse vorzugehen.

Oelze bezog in der gut besuchten Veranstaltung zum ersten Mal Stellung zur Kritik von Jugendlichen und Geschäftsleuten, die sich über rabiate Praktiken bei Kontrollen, bei denen sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen mussten und sogar geschlagen worden seien, und stundenlange Absperrungen der Elsassstraße, die zu sinkenden Einnahmen führten, beschwerten. Der Polizeipräsident stellte in Abrede, dass es zu Übergriffen seiner Beamten gekommen sei. Falls doch, sollten die Betroffenen Beweismaterial wie selbst gedrehte Filme vorlegen und Anzeige erstatten.  ▶ Lokales

„Das sind ehemalige Jugendliche aus dem Ostviertel, die sich unter dem Dach der Satudarah zusammenschließen.“

Aachens Polizeipräsident
Klaus Oelze