Die Linke und Syrien

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Sa, 14. Jan. 2012
Aachener Nachrichten – Stadt / Blickpunkt / Seite 2

Das aktuelle Stichwort

Die Linke und Syrien

Heftige Attacken haben sechs Bundestagsabgeordnete der Linken auf ihre Partei gezogen, weil sie einen Appell zur „Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens“ unterschrieben. Der Text wurde von der politischen Konkurrenz als kaum verkappte Solidarität mit Syriens Diktator Assad interpretiert. Die Führung der Linken sah sich zur Klarstellung genötigt.

„Kein Linker ist mit irgendeinem Präsidenten solidarisch, der auf sein eigenes Volk schießt“, erklärte Parteisprecher Alexander Fischer, nachdem die Kritik an der Aktion der Sechs immer lauter geworden war. Assad müsse unverzüglich alle gewaltsamen Übergriffe beenden und politische Gefangene freilassen.

In dem Aufruf einer Initiative „Freundschaft mit Valjevo“ (eine im Kosovo-Krieg von der Nato bombardierte serbische Stadt), den die linken Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter, Sevim Dagdelen, Diether Dehm, Heike Hänsel, Annette Groth und Ulla Jelpke mit unterzeichneten, ist davon freilich nicht die Rede. Sondern nur, dass USA und Nato „offen einen Krieg gegen die strategisch wichtigen bzw. rohstoffreichen Länder Syrien und Iran“ vorbereiteten. Länder, „die eine eigenständige Politik verfolgen und sich ihrem Diktat nicht unterordnen“. Mit Wirtschaftssanktionen werde versucht, die Wirtschaft beider Staaten „planmäßig lahm zu legen“. Ziel sei die Entfachung eines Bürgerkrieges. Auch Israel wird als Akteur genannt. Kein Wort fällt in der Resolution über die Morde an Demonstranten in Syrien oder über das iranische Atomprogramm. Das „Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten müsse konsequent eingehalten werden“, schließt der Appell.

Die noch mildeste Kritik daran äußerte gestern Grünen-Fraktionsgeschäftsfüher Volker Beck. Die Linke wirke mit dem früher vom Ostblock verwendeten Prinzip der Nichteinmischung „wie aus der Zeit gefallen“. Wer sogar Sanktionen prinzipiell ablehne, habe das Prinzip der internationalen Schutzverantwortung „nicht ansatzweise“ verstanden. Drastischer formulierte es der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). Die Links-Abgeordneten hätten sich mit ihrer Erklärung an die Seite des Mörders Assad gestellt. „Letztlich sagen sie: Es ist richtig, dass Assad seine Menschen umbringt.“

Das wiederum löste die empörte Forderung von Links-Parteichefin Gesine Lötzsch aus, dass Außenminister Guido Westerwelle diese „Entgleisung“ seines Mitarbeiters Löning rügen müsse. Auch die sechs Unterzeichner reagierten: Gemeinsam schoben sie eine Erklärung nach, in der es hieß, dass sie „selbstverständlich“ jeglichen Staatsterror verurteilten, „so auch den iranischen Mullahs und den des Assad-Regimes.“ (kol)

„Wir sind auf dem rechten Auge nicht blind“

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Sa, 17. Dez. 2011
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 18

Das Thema: Rechtsextremismus

„Wir sind auf dem rechten Auge nicht blind“

Staatsanwaltschaft Aachen weist alle Vorwürfe, sie ermittle gegen Linke schneller, weit zurück. 194 Verfahren gegen Neonazis.

Von Heiner Hautermans
und Wolfgang Schumacher

Aachen. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen.“ So formulierte es der für politische Fragen zuständige Dezernent Lutz Bernklau: Die Aachener Staatsanwaltschaft sei konsequent gegen rechte Umtriebe vorgegangen und keineswegs „auf dem rechten Auge blind“, wie immer wieder aus linkem politischen Umfeld zu hören sei. In einem rund zweistündigen Gespräch mit der Aachener Strafverfolgungsbehörde fragten die „Nachrichten“ – nach den jüngsten Terror-Offenbarungen aus Zwickau – nach „rechter Gewalt“ in der Aachener Region.

Mit den Gesprächspartnern Oberstaatsanwalt Lutz Bernklau, Pressedezernent Oberstaatsanwalt Robert Deller, Staatsanwalt Jan Baltasar und der Leitenden Oberstaatsanwältin Elisabeth Auchter-Mainz wurden die Themenbereiche Aktivitäten der rechtsnationalen Kameradschaft Aachener Land (KAL), Grad und Härte der Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Aktivisten wie mögliche Erkenntnisse über terroristische Gewalttäter in der hiesigen Region erörtert.

Ein Anlass des Gesprächs waren die wiederholten Vorwürfe anlässlich eines aktuellen Prozesstermins. Hier wurde den Behörden vorgeworfen, die Verfolgung zweier bekannter KAL-Mitglieder, die sich an einem organisierten Übergriff rechter Aktivisten auf eine linke Demonstration im Jahr 2008 in der Aachener Innenstadt beteiligt hatten, zu langsam abgewickelt zu haben. Linke, die ins Fadenkreuz geraten seien, hätten bereits lange einen Strafbefehl zu Hause, hieß es wiederholt.

Dem widersprach die Behördenleiterin Elisabeth Auchter-Mainz energisch. Im angesprochenen Fall sei der Vorsitzende Richter des Jugendschöffengerichts im Verfahren erkrankt, nur so sei der Zeitverzug zustande gekommen. Staatsanwalt Jan Baltasar brachte eine anderes Verfahren ins Spiel, das sich gegen zwei rechte Täter gerichtet hatte, die in Aachen Sprengkörper gebastelt und sie auf eine Fahrt zu Mai-Demonstrationen in Berlin mitgenommen hatten. „Da haben wir das Maximale herausgeholt“, bekräftigte Baltasar. Die Sprengsätze seien nicht sehr gefährlich gewesen, bessere Chinaböller. Trotzdem habe die Staatsanwaltschaft für den Haupttäter zwei Jahre und acht Monate, für den Begleiter zwei Jahre und vier Monate beantragt, das sei im Verhältnis hoch. Beide erhielten eine Strafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Baltasar: „Wenn es nach uns gegangen wäre, wären sie in Haft geblieben. Das war ein Warnschuss für die. “

Zur Frage, ob es in unserer Region etwaige gewaltbereite rechte Terrorzellen nach Zwickauer Vorbild gebe, schüttelten die Ermittler den Kopf. Dieses Thema liege ausschließlich im Zuständigkeitsbereich des Generalstaatsanwalts, erklärten die Aachener. Und von dieser Seite habe es keine Informationen gegeben, dass in der hiesigen Region Ermittlungen laufen. Taten wie die sogenannten Döner-Morde seien hier nicht bekannt. „Gäbe es in unserem Bereich eine solche oder eine ähnliche Tat“, erklärte Bernklau, „dann wüssten wir davon“.

Die Kameradschaft Aachener Land (KAL) ist allerdings ein Dauerthema in Aachen. Gibt es dort V-Männer? „Eine Antwort hierauf wäre lebensgefährlich für die Betreffenden“, erklärte der Dezernent für politische Fragen. Doch er gibt eine Einschätzung. Man müsse sich das wie im Bereich Drogenkriminalität vorstellen. Dort würden verdeckte Ermittler auch erst dann eingesetzt, wenn es in die mittleren und hochrangigen Bereiche der Verfolgung organisierter Kriminalität gehe. Übertragen auf die KAL heiße das, die dort angesiedelten Delikte erreichen diese Schwelle nicht oder noch nicht.

Vor dem Asylantenheim

Zu einem oftmals geforderten Verbot der KAL – gefordert etwa durch das Herzogenrather Bündnis gegen Rechtsextremismus und die Aachener SPD – äußerte sich Bernklau pragmatisch. „Uns hier in Aachen würde das die Arbeit erleichtern. Denn dann wäre die Kölner Staatsschutzkammer zuständig“.

Die Vergleichszahlen rechter und linker Vergehen und/oder Straftaten sehe folgendermaßen aus: Gegen Links seien bis zum 30. November dieses Jahres 149 Verfahren anhängig, davon 125 Delikte im Zusammenhang mit Demonstrationen.

Da gehe es vorrangig um das Vermummungsverbot. Das Delikt werde zwar ermittelt, zumeist aber wieder eingestellt, es sei denn, es handele sich um einen Wiederholungstäter.

Es bleiben 24 Straftaten, die verfolgt werden. Demgegenüber existieren auf der rechten Seite 194 Verfahren, davon 56 wegen ausländerfeindlichen Verhaltens, dazu 103 aus dem Katalog rechtsradikaler Umtriebe wie öffentliche Bekenntnisse zu Hitler, das Anbringen von Hakenkreuzen, Körperverletzungen oder Schmierereien. 35 Delikte gebe es im Umfeld von Demonstrationen.

Die Behördenleiterin Auchter-Mainz fasste zusammen: „Die Staatsanwaltschaft sucht sich ihre Klientel nicht aus. Wir sind auf keinem Auge blind. Wir gehen mit zwei sehenden Augen an die Ermittlungen ran.“

Wenn – wie in Stolberg passiert – Rechte mit Fackeln und Stiefeln vor ein Asylantenheim zögen, dann sei das Volksverhetzung. Jan Baltasar: „Alle, die wir identifiziert haben, wurden angeklagt.“

„Gäbe es in unserem Bereich eine solche oder eine ähnliche Tat, dann wüssten wir davon.“

Lutz Bernklau,

Oberstaatsanwalt

Kluft zwischen Arm und Reich wird größer

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Di, 6. Dez. 2011
Aachener Nachrichten – Stadt / Politik / Seite 4

Kluft zwischen Arm und Reich wird größer

Berlin. Die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich ist in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren erheblich stärker gewachsen als in den meisten anderen Industrienationen. Dies zeigt eine Studie der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OSZE).

Demnach verdienten die zehn Prozent der Deutschen mit den höchsten Einkommen 2008 etwa achtmal so viel wie die untersten zehn Prozent. Konkret beliefen sich ihre Nettobezüge auf durchschnittlich 57 300 Euro im Jahr, die der Geringverdiener hingegen nur auf 7400 Euro (ohne staatliche Hilfen). Anfang der 90er Jahre hatte das Verhältnis noch bei sechs zu eins gelegen. Die Zahl der Teilzeitarbeiter stieg seit Mitte der 80er Jahre von knapp drei auf mehr als acht Millionen.(dpa)