NS-Altlasten der Justiz

Interessanter Artikel der Aachener Nachrichten – Stadtausgabe

NS-Altlasten der Justiz
Neue Studie zu Richtern an NRW-Sozialgerichten

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20.12.2016

NS-Altlasten der Justiz

Neue Studie zu Richtern an NRW-Sozialgerichten

Von Fabian May

Essen/Düsseldorf. Todesurteile soll Horst Neubauer in Serie unterschrieben haben. 96 solcher Entscheidungen verantwortete er, etliche davon am Sondergericht im heutigen Lodz. Den Polen Stefan Gaszweski ließ er nach einem „Streit mit einem Volksdeutschen“ wegen Landfriedensbruchs hinrichten, ebenso wie im November 1942 die Polin Anna Rajs wegen Diebstahls.

Das geht aus einer im Mai 1957 in der DDR veröffentlichten Broschüre hervor, die sich neben anderen Biografien NS-belasteter Richter in einem neuen Buch über die dunklen Jahre der NRW-Sozialgerichte nachlesen lässt. Die Forscher sind überzeugt: In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete eine überraschend hohe Zahl NS-belasteter Richter in der nordrhein-westfälischen Sozialjustiz. Und Neubauer ist ein populärer Fall: Trotz Dutzender unterzeichneter Todesurteile war er nach dem Krieg Senatspräsident am NRW-Landessozialgericht in Essen.

Marc von Miquel, Leiter der Dokumentations- und Forschungsstelle der Sozialversicherungsträger („sv:dok“) und Mit-Autor des neuen Buchs „Sozialgerichtsbarkeit und NS-Vergangenheit“, geht für die ersten Jahrzehnte nach 1945 von 29 Richtern an NRW-Sozialgerichten aus, die „in Unrechtskomplexe des ,Dritten Reichs‘ involviert waren“.

Ausgewertet hat von Miquel Personalakten und andere Quellen zu 169 Juristen. Die Zahl der Richter mit belegbarer Nazi-Vergangenheit sei mit 29 „weitaus höher, als dies angesichts des Forschungsstands zur NS-Belastung in der westdeutschen Justiz zu erwarten stand“. Nicht alle waren nach den Recherchen der Historiker und Juristen glühende Nazis. Dennoch unterschrieben viele die Todesurteile wegen kleiner Vergehen. Dazu gehörte laut Studie auch der beruflich ambitionierte Mitläufer Herbert Maximilian Kieler. Er setzte 1943 in Kattowitz als Beisitzer seine Unterschrift unter mehrere Todesurteile, unter anderem gegen den Müllergesellen Robert Schwider, der größere Mengen Mehl an Juden verkauft hatte.

In Münster arbeitete Kieler nach dem Krieg als Sozialrichter. Vor zwei Entnazifizierungs-Ausschüssen berief er sich auf Erinnerungslücken. Er erhielt den Status „entlastet“. Maximilian Kieler profitierte damals von Verdrängung und schlechter Quellenlage, von Standessolidarität und mangelnder Sensibilität. Gabriele Hommel von der sv:dok zeigt ferner, dass die erst 1954 gegründeten Sozialgerichte Zehntausende aufgelaufene Streitfälle abarbeiten mussten. Trotz großer Personalnot. Und schlaue Karrieristen wie Kieler machten es leicht, nicht so genau hinzuschauen.

Auftrag zur Forschung

Den Auftrag für die Forschung der „sv:dok“ hat 2011 NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gegeben. Die Lektüre ergebe das Bild einer Justiz nach 1945, „der die Distanzierung von der NS-Vergangenheit erkennbar von außen aufgezwungen wurde und die auf eine weitgehende Reintegration auch schwer belasteter Juristen drängte“, schreibt er im Vorwort. „Das Buch zeugt auch von einer Rechtsprechung in der jungen Bundesrepublik, die das NS-Unrecht bagatellisierte und die in einem bisher kaum bekannten Maße Kriegsopfer von Leistungen ausschloss“.

„Das Buch zeugt auch von einer Rechtsprechung in der jungen Bundesrepublik, die das NS-Unrecht bagatellisierte.“

Thomas Kutschaty (SPD),

NRW-Justizminister

Was geschah beim Massaker in Nemmersdorf?

Der Name eines Dorfes in Ostpreußen steht beispielhaft für sowjetische Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg. Doch ein Großteil dieser kollektiven Erinnerung ist von Joseph Goebbels geprägt worden.

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Urkatastrophe“ 1914 Trieb Frankreich Deutschland in den Krieg?

Neueste Forschungen legen nahe: Staatspräsident Raymond Poincaré kreiste 1912 bis 1914 das Kaiserreich ein. Dabei nahm er sich ein Beispiel an Bismarck, urteilt der Historiker Rainer F. Schmidt.

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"Hier ist Berlin! Heil den Arabern!"

Nachrichten-Artikel vom 20.07.2016 08:17 Um Muslime gegen Briten und Juden aufzuhetzen, begann Goebbels‘ Radio Berlin 1939 mit der Ausstrahlung arabischer Nachrichten. Ein Historiker erforscht dieses unbekannte Kapitel der NS-Propaganda. Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/geschichte/article157176083/Hier-ist-Berlin-Heil-den-Arabern.html

»Schuld? Welche Schuld?« – 1941 und 1946 ermordeten Bürger von Jedwabne und Kielce ihre jüdischen Nachbarn.

Der Staat gedenkt – und tut sich aber schwer damit

Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.juedische-allgemeine.de/article/email/id/25963

Polen

Schuld? Welche Schuld?

1941 und 1946 ermordeten Bürger von Jedwabne und Kielce ihre jüdischen Nachbarn. Der Staat gedenkt – und tut sich aber schwer damit

07.07.2016 – von Gabriele Lesserclip_image001

 

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Gedenken 2016: Polens Präsident Andrzej Duda am Montag in Kielce

© dpa

Ich kann mir vorstellen, wie sehr das Pogrom von Kielce die erschöpften und unglücklichen Menschen entsetzt haben muss, die gerade erst aus den Konzentrationslagern zurück nach Hause gekommen waren«, sagte Anna Azari, Israels Botschafterin in Polen, bei der Gedenkfeier für die 1946 ermordeten Juden in der zentralpolnischen Stadt Kielce. »Aber in ihren Häusern wurden sie nicht nur unfreundlich empfangen, man wollte sie sogar töten. Das Pogrom von Kielce wurde zum Symbol dafür, dass Polen die Rückkehr der Juden nicht wünschte.«
Pogrome in Polen: tragische Ereignisse, Provokationen, Schweigen und aktive Auseinandersetzung mit den schwarzen Flecken in der Geschichte. Während Auschwitz weltweit als Symbol für den Holocaust gilt, steht Kielce für den Nachkriegsantisemitismus in Polen.
Als am 4. Juli 1946 Arbeiter, Hausfrauen, Passanten, Milizionäre, Soldaten und Agenten des Geheimdienstes mehr als 40 Überlebende des Holocaust und Sowjetunion-Heimkehrer brutal ermordeten und knapp 100 schwer verletzten, begann der Massenexodus der polnischen Juden. In Panik vor dem Hass ihrer Nachbarn packten Zehntausende ihre Koffer und verließen das Land.
Ghettoaufstand Dabei hatten die Warschauer Juden, wenige Tausend von einst 350.000, noch am 19. April 1946, dem Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes von 1943, ein erstes kleines Denkmal für die von den Nazideutschen ermordeten Juden enthüllt und dabei Antwort auf die Frage gegeben: »Wie soll es nun weitergehen?« Neben Palm- und Ölzweig, den Symbolen für Frieden und Neuanfang nach der Sintflut, steht auf dem Denkmal der erste Buchstabe der hebräischen Bibel: »Bet«. Die Überlebenden der einst 3,5 Millionen Juden in Polen wollten von vorne anfangen: »Bereschit bara Elohim … – Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.«
Doch nur drei Monate später, als ein Gerücht über den angeblich geplanten Ritualmord an einem katholischen Kind das Pogrom von Kielce auslöste, war für viele polnische Juden klar, dass es in ihrer alten Heimat keine Zukunft für sie geben würde. Trotz vieler Bitten an die katholische Kirche, die Gläubigen darüber aufzuklären, dass Juden ihre Mazzen aus Mehl und Wasser herstellen und kein Blut von Christenkindern dafür brauchen, schwiegen fast alle Bischöfe. So löste die Ritualmordlegende in mehreren polnischen Städten Pogrome aus, wie in Krakau und Rzeszow, oder gefährliche Beinahe-Pogrome wie in Lublin, Wloclawek und Tschenstochau.
Aufarbeitung Während in vielen polnischen Orten die Aufarbeitung der oft schwierigen polnisch-jüdischen Geschichte nur schleppend vorankommt, ist Kielce eine Ausnahme. Dies ist vor allem Bogdan Bialek zu verdanken, einem Journalisten und Psychologen, der seit vielen Jahren Gedenkmärsche organisiert, den Dialog sucht und mit sehr viel Geduld immer wieder über das Pogrom von Kielce diskutiert.
»Ich habe auch den Staatspräsidenten zur Gedenkfeier eingeladen, aber es kam nicht einmal eine Antwort«, sagt der 61-Jährige und zuckt mit den Schultern. »Letztlich ist ja auch die tägliche Arbeit hier vor Ort entscheidend. Wir Kielcer müssen schließlich damit klarkommen, dass wir 1946 mit dem ›Pogrom von Kielce‹ schmachvoll in die Weltgeschichte eingingen. Das ist nicht leicht«, seufzt er.
Doch dann kommt Andrzej Duda doch noch, nimmt am Gebet auf dem jüdischen Friedhof teil, legt einen Kranz am Tatort nieder, dem Haus an der Planty 7/9, und hält eine kurze Ansprache: »Es gibt keine Rechtfertigung für antisemitische Verbrechen, und es wird keine geben«, betont der Präsident. »Am 6. Juli 1946 verhielten sich staatliche Organe – die Armee, die Miliz und der Geheimdienst – seltsam, ja bestialisch. Sie eröffneten als Erstes das Feuer auf die Opfer. Statt unseren Mitbürgern zu helfen und sie zu schützen, griffen sie sie an und ließen sie dann allein.«
Während die mitgereisten Staatsbeamten keine Miene verziehen, senkt Polens orthodoxer Oberrabbiner Michael Schudrich den Blick auf den Boden. Noch sind die Schlüsselworte »Jude« und »Pole« nicht gefallen. Nach einem kurzen Seitenblick auf Schudrich fährt Duda fort: »Polen und Juden lebten hier 1000 Jahre zusammen, schlossen Ehen und Freundschaften. Im Warschauer Museum ›Polin‹ lernen wir, dass Polen der jüdischen Nation gegenüber freundlich eingestellt war und ist.«
Schudrich lehnt sich inzwischen an die Hauswand an. »Wie will er jetzt, von der Freundschaft, auf die vielen Pogrome in Polen kommen?«, scheint er zu denken.
Ungerührt fährt Duda fort: »Ich will hier mit allem Nachdruck betonen, dass diejenigen, die diese Verbrechen begangen haben, sich automatisch aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen haben, aus der Republik der Freunde.«
Während die Beamten zustimmend nicken, sackt Schudrich immer mehr in sich zusammen. Es ist nun klar, dass der Präsident nur den kommunistischen Staatsapparat für die Verbrechen verantwortlich machen will. »Polen« kann er unter den Tätern nicht erkennen.
Mit keinem Wort geht Polens Präsident darauf ein, dass ein Teil der rund 300.000 überlebenden polnischen Juden ihre einstige Heimat auch wegen der Nachkriegspogrome verließ.
Heute leben in Polen noch schätzungsweise um die 30.000 Juden. Bei der letzten Volkszählung im Jahre 2011 gaben etwa 8000 Menschen an, jüdisch zu sein. Rund 1500 gehören den orthodoxen und liberalen Gemeinden des Landes an.
Geschichtspolitik Vor wenigen Monaten machte der polnisch-jüdische Sozialpsychologe Michal Bilewicz auf eine ganz spezifische Ethnisierung der Täter durch die seit Oktober 2015 regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) aufmerksam. In der neuen Geschichtspolitik Polens tauchen katholische Polen immer nur als Helden und Opfer auf. Sollten sie dennoch einmal zu Tätern geworden sein, verlören sie automatisch ihre bisherige Nationalität als Polen und seien nur noch »Verbrecher«, »Kommunisten« oder »Pack«.
Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski erinnerte vor wenigen Tagen in Bialystok an das Verbrechen einer berüchtigten Polizeieinheit aus Hamburg. Sie hatte am 27. Juni 1941 2000 Juden ermordet und die Große Synagoge von Bialystok abgefackelt. Kaczynski sagte vor dem Denkmal: »Der Holocaust ist die Schuld des deutschen Staates und des deutschen Volkes, das Hitler bis zum Ende unterstützte. (…) Die deutsche Armee hat monströse Verbrechen begangen. (…) Wir müssen heute daran erinnern, in 100 Jahren, 200, 500 und sogar 1000 Jahren.«
Die PiS will per Gesetz verbieten, dass künftig Journalisten, Historiker oder Politiker über die Beteiligung von Polen an Pogromen und anderen Judenmorden sprechen oder forschen. Selbst wenn sich Polen gegen Juden vergangen hätten, erklärte Kaczynski in Bialystok, sei dies allein auf die vorherigen Verbrechen der Deutschen zurückzuführen. »Die Schuld liegt klar auf der Hand«, so Kaczynski, und auch im Falle des Pogroms von Jedwabne dürfe sie nicht durch verschiedene Operationen verdeckt werden, die am Ende ein Verbrechen völlig losgelöst von seinem eigentlichen Verlauf darstellten.
Mit dem Hinweis Kaczynskis auf Jedwabne ist ein weiterer wichtiger Jahrestag verbunden: Am kommenden Sonntag jährt sich zum 75. Mal das Pogrom von Jedwabne. Kurz nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion und damit auch in den bis dahin sowjetisch besetzten Teil Ostpolens, stellten SS-Männer die Einwohner von Jedwabne vor die Wahl, innerhalb der nächsten Tage entweder selbst ihre jüdischen Nachbarn zu ermorden und dann deren Eigentum unter sich aufzuteilen, oder auf die offizielle Ankunft der neuen Besatzungsmacht zu warten, die dann die Juden ermorden würde.
Äxte Nicht alle, aber viele Jedwabner nahmen den Mord an ihren jüdischen Nachbarn in die eigenen Hände. Mit Äxten, Sicheln und Mistgabeln gingen sie auf Frauen, Kinder und Männer los. Die meisten Juden aus Jedwabne verbrannten bei lebendigem Leib in einer Scheune am Ortsrand. Wie viele Opfer es gab, ist bis heute nicht geklärt.
Die über Jahrzehnte verbindliche Opferzahl von 1600 ermordeten Juden wurde erst dann in Zweifel gezogen, als im Jahr 2000 das Buch Nachbarn des polnisch-amerikanischen Historikers Jan Tomasz Gross klarmachte, dass diesmal nicht Deutsche, sondern Polen die Täter gewesen waren. Da die Exhumierung der Opfer in der Scheune aus religiösen Gründen abgebrochen und auf dem jüdischen Friedhof erst gar nicht gegraben wurde, kam es zu einer wesentlich niedrigeren Opferzahl von rund 400, die allerdings nach oben offen ist.
Das unscheinbar wirkende Büchlein von Gross löste die heftigste und längste Geschichtsdebatte aus, die es in Polen je gegeben hatte. Viele hörten vom Pogrom in Jedwabne zum ersten Mal. Das Entsetzen wurde immer größer, als die Zahl der Pogrome mit der weiteren Forschung immer weiter stieg. Nach heutigem Stand kam es in mehr als 70 Städten Polens zu ähnlichen Kriegspogromen wie in Jedwabne.
Verweigerung Viele Polen weigern sich, ihr von der kommunistischen Zensur geschütztes Geschichtsbild als »Helden und Opfer« aufzugeben. So auch Jaroslaw Kaczynski und viele seiner Anhänger.
»War es wirklich so, dass jeder – Nazi oder Kommunist – in der Lage war, Polen zum Töten von Juden zu provozieren?«, fragt Piotr Kadlcik, der ehemalige Vorsitzende des Jüdischen Gemeindebundes, angesichts der Schulddebatten rund um Kielce und Jedwabne. »Ich denke, dass dem nicht so ist. Vielleicht sollte man einfach zur Kenntnis nehmen, dass sie kamen und töteten, dass es diese Pogrome gab.«
Auch Leslaw Piszewski, der neue Vorsitzende des Jüdischen Gemeindebundes in Polen, verfolgt die Diskussion um Gedenken und Schuldfrage mit großer Skepsis. »Wir haben wie jedes Jahr ein paar Busse gechartert«, erklärt er. »In Jedwabne werden wir am Sonntag der Toten gedenken, später aber auch in einige andere Pogrom-Orte in der Umgebung fahren, die weniger bekannt sind.« Ob Polens Präsident Andrzej Duda am 75. Jahrestag des Pogroms von Jedwabne teilnehmen werde, wisse er nicht. »Wir haben angefragt«, sagt er und hebt seine Schultern. »Aber von diesen neuen Politikern an der Macht bekommen wir fast nie eine Antwort.«

Entebbe 1976 – Vorbild aller Kommando-Unternehmen

Nachrichten-Artikel vom 18.07.2015 08:27 Im Juli 1976 befreiten israelische Elitesoldaten 100 Geiseln auf dem Flughafen Entebbe in Uganda. Die Terroristen wurden getötet. Jetzt rekonstruiert eine Ausstellung in Tel Aviv die Operation. Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/geschichte/article144149310/Entebbe-1976-Vorbild-aller-Kommando-Unternehmen.html

Warum die Aufarbeitung des Holocaust scheiterte

Nachrichten-Artikel vom 06.05.2016 12:53 Israels Justizministerin kritisiert Deutschlands Gerichte für den jahrzehntelang desinteressierten Umgang mit nationalsozialistischen Massenmorden. Im Kern liegt Ajelet Schaked damit richtig. Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article155102433/Warum-die-Aufarbeitung-des-Holocaust-scheiterte.html

Das „Spree-Chicago“ und der rheinische Anarchist

12.04.2016

Das „Spree-Chicago“ und der rheinische Anarchist
Der Kölner Volker Kutscher lässt Kommissar Gereon Rath im Berlin der frühen 30er Jahre ermitteln. Jetzt wird sein erster Bestseller von Tom Tykwer verfilmt.

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Der Kölner Volker Kutscher lässt Kommissar Gereon Rath im Berlin der frühen 30er Jahre ermitteln. Jetzt wird sein erster Bestseller von Tom Tykwer verfilmt.

Von Joachim Zinsen

Köln/Berlin. Wer mit Volker Kutscher durch Berlin fährt, fährt zurück in die Vergangenheit. Zurück in die späten 20er und frühen 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Es ist eine Reise auch an Orte, die nicht aus den Geschichtsbüchern bekannt sind. „An der Ecke dort, wo jetzt das Geschäftshaus steht, war früher die Kakadu-Bar“, erzählt der 53-jährige Bestseller-Autor auf dem Kurfürstendamm. „Hier hat sich Gereon Rath gerne einen hinter die Binde gegossen, wenn er mal wieder in Schwierigkeiten steckte.“ Wenige hundert Meter weiter, am Steinplatz, verweist er auf eine kleine Gedenktafel, die an einem weißen Prachtbau aus der Gründerzeit angebracht ist. Sie erinnert an Bernhard Weiß, der bis 1932 stellvertretender Polizeipräsident von Berlin war. Im Frühjahr 1933 wurde der jüdische Jurist von den Nazis hier aus seiner Wohnung gejagt. Im Roman „Märzgefallene“ hat Kutscher eindringlich beschrieben, wie sich die SA damals vor dem Haus aufbaute und die vor dem Gebäude postierte Schutzpolizei der braunen Schlägerbande nach anfänglichem Zögern den Weg freimachte.

Ähnlich einem Historiker forscht Kutscher in Berlin ständig „nach dem Alten im Neuen“, sucht nach Orten, die die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges und den späteren Neubau-Wahn mancher Stadtsanierer überstanden haben. Dabei ist er eigentlich ein Kriminalschriftsteller, will vor allem spannende Mordgeschichten süffig erzählen. Gleichzeitig aber sollen seine fünf bisher erschienenen Rath-Krimis das alte Berlin porträtieren, die Leser mitnehmen auf einen Trip zurück in den Alltag der preußischen Metropole.

Eine Stadt extremer Gegensätze

Kutscher erzählt gerne. Und er erzählt viel. Von seinen Bücher, von Berlin. Gerade auch bei Lesungen in der Hauptstadt. Völlig unprätentiös sucht er den engen Kontakt zu seinem Publikum. Vielleicht, weil sich bei solchen Begegnungen erweist, ob Kutscher dem eigenen hohen Anspruch gerecht wird. Ob es ihm als Kölner, als eingefleischtem Rheinländer, tatsächlich gelungen ist, mit seinen opulenten Sittengemälden auch ausgemachte Kenner Berlins zu überzeugen.

Kutscher beschreibt ein Berlin, das schon vor mehr als 80 Jahren eine Stadt extremer Gegensätze war. Da ist das pulsierende Leben in Charlottenburg. Rund um den Kurfürstendamm gibt es jede Menge Jazzlokale, Theaterbühnen und Bars. Weltoffen, hedonistisch und kreativ feiert die Stadt hier die Moderne. Gleich nebenan die trostlosen Arbeiterquartiere: Dort bestimmen Wirtschaftsnot und die rasant wachsende Arbeitslosigkeit den Alltag der Menschen. Auf den Straßen prügelt sich die Polizei mit Kommunisten. Immer häufiger mischt bei den Auseinandersetzungen auch die SA der Nazis mit. Bis die Weimarer Demokratie zerrieben ist, die braunen Truppen die Macht übernehmen und das alte Berlin nach und nach stirbt.

In diesem politisch und sozial hoch aufgeladenen Ambiente ermittelt Kutschers Protagonist, der ins „Spree-Chicago“ strafversetzte Kölner Kriminalkommissar Gereon Rath. Er ist ein Staatsdiener, der so recht in kein Klischee passen will. Einerseits katzbuckelt der Kettenraucher vor seinen Vorgesetzten, wenn ihm das opportun erscheint. Andererseits macht der leicht verführbare Mann, der dem Nachtleben, dem Alkohol und überhaupt den Sinnesfreuden ausgesprochen zugeneigt ist, aber das, was er will. Dabei wandelt Rath gerne auch schon mal am Rande der Legalität. „Er ist halt eine Art rheinischer Anarchist, der sich ständig durchzulavieren versucht“, beschreibt Kutscher den eigenwilligen „Helden“. Nein, sein Alter Ego sei Rath ganz bestimmt nicht. Selbst als engen Freund könne er sich ihn nur sehr schwer vorstellen. „Auch wenn er ein großes Herz und ein enormes Gerechtigkeitsgefühl hat, ist mir Rath einfach zu unzuverlässig“, urteilt der 53-Jährige. „Im Umgang mit seiner Freundin Charly ist er sogar ein richtiges Arschloch. Dabei ist diese schöne, emanzipierte und politisch wache Frau tatsächlich seine große, romantische Liebe.“

Aber vielleicht machen ja gerade diese Brüche den Reiz der Figur Rath auch für Leser aus, die nicht unbedingt passionierte Krimifans sind. Zumal sich der Kommissar in einem Umfeld bewegt, das den gewöhnlichen Rahmen des Fiktiven sprengt. Denn in jedem Roman – die jeweils ein Jahr zwischen 1929 und 1933 abdecken – spielen neben Kutschers Figuren-Ensemble auch historische Personen „Sprechrollen“. Da ist neben Weiß auch Raths Vorgesetzter, der legendäre Chef der Berliner Mordkommission Ernst Gennat. Er gilt als Wegbereiter der modernen Kriminalistik. Da tauchen aber auch der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer oder der durch den ausgebrannten Reichstag stampfende Hermann Göring auf.

Fasziniert von Döblin und Kästner

Heimlicher Hauptdarsteller von Kutschers Büchern ist aber das historische Berlin. „Als Parvenü unter Europas Metropolen hat mich die Stadt immer schon fasziniert“, sagt Kutscher und erzählt von Büchern, die ihn geprägt und ihm die Reichshauptstadt und die Weimarer Zeit nahe gebracht haben. Etwa von Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“, bis heute sein Lieblingsroman, von Erich Kästners „Emil und die Detektive“ und von dessen „Fabian“. Sie hätten ihn ähnlich wie Fritz Langs Film „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ tief beeindruckt. Später, während seiner Zeit als Lokalredakteur bei der „Kölnischen Rundschau“, sei dann die Idee zu seinen Berlin-Romanen und seiner Kommissarsfigur gereift. Schon früh habe er den Plan gehabt, insgesamt acht Bücher zu schreiben, die lose aufeinander aufbauen und bis ins Jahr 1936 reichen sollten. „Spätestens im Jahr der Olympischen Spiele von Berlin musste nämlich auch dem politisch naiven und uninteressierten Rheinländer Rath klar geworden sein muss, dass er sich schuldig macht, wenn er unter den Nazis weiter im Polizeidienst bleibt“, sagt Kutscher.

Von seiner eigenen Idee überzeugt, ist der Kölner vor gut zehn Jahren ins kalte Wasser gesprungen, hat seinen festen Job gekündigt und versucht, einen Verlag für sein Projekt zu finden. Die Suche gestaltete sich allerdings schwierig. Mehrfach biss Kutscher auf Granit. Erst nach fast zwei Jahren bot sich Kiepenheuer & Witsch an, mit dem unbekannten Autoren zusammenzuarbeiten. Ein Risiko, das sich schnell auszahlte. Schon Kutschers erster Rath-Roman „Der nasse Fisch“ landete ganz oben in den Bestseller-Listen. Mittlerweile kratzt die Auflagenzahl seiner Bücher an der Millionengrenze. Dem Erfolg auf dem deutschen Markt folgten Preise und Übersetzungen in andere Sprachen. Schließlich wurde auch das Filmgeschäft auf Kutscher aufmerksam. Mit Tom Tykwer sicherte sich einer der Stars der deutschen Regisseur-Szene die Rechte an dem Stoff.

Tykwer und seine Produktionsgesellschaft haben inzwischen ein Projekt auf die Beine gestellt, das ein neues Kapitel in der deutschen Fernsehgeschichte aufschlagen soll. Unter dem Arbeitstitel „Babylon Berlin“ wollen sie den „Nassen Fisch“ zu einer sechzehnteiligen TV-Serie verfilmen. Rund 40 Millionen Euro soll der Spaß kosten – eine Rekordsumme. Verträge mit der ARD und dem Bezahlsender Sky wurden nach langem Gezerre vor wenigen Wochen unterzeichnet. Die Hauptdarsteller der Serie stehen mit Volker Bruch („Unsere Mütter, unsere Väter“) und Liv Lisa Fries fest. Drehbeginn soll bereits im April sein und zwar in der neuen, bisher noch nicht bespielten „Berliner Straße“ der Filmstudios von Babelsberg.

"Niemand will hier Deutsche sehen"

Nachrichten-Artikel vom 07.04.2016 12:37 Nach dem 2. Weltkrieg war der Hass in Dänemark auf die deutschen Besatzer sehr groß. Martin Zandvliets Film „Unter dem Sand“ erinnert daran, wie sich die Dänen an deutschen Kriegsgefangenen rächten. Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/kultur/kino/article154094698/Niemand-will-hier-Deutsche-sehen.html