Polizeiaktion läuft ins Leere

Mi, 30. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Polizeiaktion läuft ins Leere

Knapp 100 Beamte am Aachener Elsassplatz

Aachen. Fünf Tage brauchte der Staat, um zu zeigen, wer das Machtmonopol hat. Nach Ansicht vieler Bürger genau fünf Tage zu lang: Knapp 100 Beamte hatte die Polizei gestern am Elsassplatz zusammengezogen, um Personen im großen Stil zu kontrollieren und die Lokale in der Nähe unter die Lupe zu nehmen. Doch die Aktion wurde ein Schlag ins Wasser. Polizeidirektor Christian Außem: „Es ist keiner da. Wir werden uns auf andere Brennpunkte konzentrieren.“ Am Donnerstagabend hatte in dem Viertel eine Gruppe junger Männer einen Polizisten verfolgt, der seinerseits einen flüchtenden Straftäter festnehmen wollte. Später gelang es nicht, genügend Kräfte zusammenzuziehen, um eine Gruppe von 60 teilweise aggressiven Personen in Schach zu halten – die Ordnungshüter traten den Rückzug an. Der spektakuläre Vorfall wird in den nächsten Wochen auch die Aachener Politik beschäftigen. (hau)  ▶ Lokales

Polizei für härtere Strafen

Di, 29. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Polizei für härtere Strafen

Nach Angriff auf Beamten Konsequenzen gefordert

Aachen. „Das was dort passiert ist, hat eine neue Dimension erreicht, die wir so nicht hinnehmen werden“, sagt Polizeisprecher Paul Kemen. Er kündigt verschärfte Kontrollen im Aachener Ostviertel an. Die Aachener Gewerkschaft der Polizei spricht gar von einem lebensgefährlichen Angriff und fordert personelle Verstärkung sowie schärfere Gesetze, um Angriffe auf Polizisten härter zu bestrafen.

Vor fünf Tagen waren Polizisten dort massiv in Bedrängnis geraten, ein Beamter, der einen per Haftbefehl gesuchten Mann festnehmen wollte, wurde von eine Gruppe von zehn bis 15 jungen Männern verfolgt und mit dem Tode bedroht. Er konnte sich jedoch in Sicherheit bringen. Als die Polizei Verstärkung rief, sahen sich die rund 15 Beamten einer Gruppe von 60 Personen gegenüber und zogen sich zurück, um Unbeteiligte nicht zu gefährden.

Die Ordnungshüter haben gegen ihr bekannte und andere noch zu ermittelnde Täter Verfahren wegen Landfriedensbruchs, Bedrohung, Widerstands und Beleidigung eingeleitet. Seit Jahren werden im Ostviertel vermehrt Kontrollen vorgenommen, weil es sich um einen Kriminalitätsschwerpunkt handele. Die verspätete Information der Öffentlichkeit über den Vorfall erklärt die Behörde damit, dass man den Vorfall erst aufbereiten wollte. (hau)  ▶ Lokales

Polizei will die Kontrollen weiter verstärken

Di, 29. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 13

Polizei will die Kontrollen weiter verstärken

Beamter im Elsassviertel wurde von einer Gruppe junger Männer verfolgt. Rückzug angesichts der Übermacht. Hohe Kriminalität.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Normalerweise gibt es bei einer Verfolgungsjagd nur eine Bewegungsrichtung: Die Polizei ist hinter einem Verdächtigen oder Verbrecher her. Am Donnerstag gegen 19 Uhr im Elsassviertel war alles anders: Die Besatzung eines Streifenwagens entdeckt auf einer Routinefahrt einen 20-Jährigen, der gerade ein Lokal verlässt und per Haftbefehl gesucht wird. Der junge Mann ergreift angesichts der Uniformierten die Flucht. Ein Beamter macht sich zu Fuß an seine Verfolgung, der Fahrer versucht ihm mit dem Streifenwagen den Weg abzuschneiden, was sich aber wegen der baulichen Gegebenheiten als unmöglich erweist. Er verliert seinen Kollegen aus den Augen.

Dieser passiert auf seiner Verfolgung eine Gruppe von zehn bis 15 jungen Männern, die sich ihrerseits auf die Hatz nach dem Beamten machen – verkehrte Welt. Die jungen Männer hätten ihn beschimpft und gedroht, ihn umzubringen, gibt der Beamte später zu Protokoll. Der 20-Jährige konnte schließlich flüchten, der Beamte sich vor der Gruppe junger Männer in Sicherheit bringen.

Die Polizei zieht sofort weitere Kräfte hinzu, die sich aber in der Dunkelheit ebenfalls einer Übermacht von bis zu 60 Personen, die sich teilweise aggressiv verhalten, gegenübersehen. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, sehen die Ordnungshüter von weiteren Maßnahmen ab. Sprecherin Sandra Schmitz: „Das Aufkommen unbeteiligter Passanten um diese Uhrzeit in der belebten Elsassstraße ließ keine andere Entscheidung zu.“

Die Polizei verweist darauf, dass dieser Vorfall eine längere Vorgeschichte hat. Sprecher Paul Kemen: „Wir dürfen nicht vergessen, dass das Ostviertel einen hohen Anteil an der Kriminalitätsstatistik hat.“ Diesem Schwerpunkt trage die Polizei Rechnung, indem sie verstärkt Einsätze fahre: „Es ist eigens ein Konzept entwickelt worden, um das Sicherheitsgefühl zu stärken und die Kriminalität in den Griff zu bekommen.“

Wilma Emmerich vom Seniorenbeirat hat nach der Hetzjagd beispielsweise einen Brief an Polizeipräsidenten Klaus Oelze geschrieben, in dem sie von nicht mehr tragbaren Zuständen im Ostviertel spricht. „Wir Bürger fühlen uns auf diesen Straßen nicht mehr sicher. Gerade die Elsassstraße mit den vielen Spielhallen sowie die Clubs mit der großen Außengastronomie bereitet uns große Sorgen. Der Elsassplatz ist fest in Dealerhand.“ Immer wieder erfahre sie als Anwohnerin selbst Kritik und Beleidigungen und werde in die Schublade gesteckt, ausländerfeindlich zu sein: „Dies möchte ich so nicht stehen lassen. Wir haben Kinder und Enkel und haben Sorge um ihre Zukunft. Es ist unsere Heimat, und wir möchten hier weiter leben.“ Darauf entgegnet Sprecher Kemen: „Es hat unzählige Eingriffe gegeben, in denen Personen kontrolliert, überprüft und Dealer festgenommen wurden. Wir wissen, mit welcher Klientel wir es dort zu tun haben. Es hat uns auch weh getan, dort eine Faust in der Tasche zu machen, aber jemanden um jeden Preis zu bekommen und eventuell Unbeteiligte in Mitleidenschaft zu ziehen, ist nicht die Arbeitsweise der Aachener Polizei.“

Im Jahr 2012 habe man beobachtet, dass sich verstärkt dort ansässige junge Leute gegen einschreitende Polizisten formierten, um ihre Maßnahmen zu erschweren. Daraufhin habe man reagiert, indem man die Kontrollen intensivierte, so dass sich die Entwicklung beruhigt habe. In diesem Zusammenhang hatte es aber auch massive Beschwerden gegeben, aber hier müsse klar gesagt werden, so Kemen weiter: „Duschen ohne nass werden gibt es nicht.“

Junge Leute aus dem Josefshaus klagten damals, dass sie sich durch die häufigen Kontrollen erniedrigt und auch körperlich massiv bedrängt fühlten. Die Drogenhändler seien jedoch clever und zögen sich zurück, wenn die Polizei auftauche. Die Jugendlichen erklärten, sie verstünden sich als Teil Deutschlands und wollten Polizeipräsident Oelze ins Josefshaus einladen. Dieser Besuch hat bislang jedoch nicht stattgefunden.

Keine rechtsfreien Räume

Die Aachener Polizei stellt auf alle Fälle klar, dass sie Vorfälle wie den vom letzten Donnerstag keinesfalls dulden und besonnen und konsequent dagegen vorgehen wird. Sprecherin Schmitz betont, dass „es keine rechtsfreien Räume gibt und die Behörde auch alles daransetzt, dass diese nicht entstehen“. Deshalb werde man die Kontrollen intensivieren.

GdP fordert Konsequenzen nach dem Angriff

Die Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppe Aachen, fordert, dass der „lebensbedrohliche Angriff nicht folgenlos bleiben darf“.

„Ein Glück, dass der geflüchtete Kollege jung und sportlich ist“, sagt der Aachener GdP-Vorsitzende Wilhelm Jensch: „Ich will mir nicht vorstellen, was hätte passieren können, wenn hier ein fast 60-jähriger Streifenbeamter im Einsatz gewesen wäre!“ Dass die Polizei den Rückzug angetreten habe, sei sehr umsichtig gewesen.

Nun seien der Polizeipräsident und der Minister gefordert, denn der Streifendienst sei der gefährlichste Arbeitsbereich der Polizei. 2012 seien mehr als 10 000 Polizisten im Dienst angegriffen worden. Deshalb müsse die personelle Ausstattung deutlich verbessert werden.(hau)

Ein Priester ganz ohne die Liturgie des Üblichen

Mo, 28. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Spezial / Seite 8

Ein Priester ganz ohne die Liturgie des Üblichen

Der Ehrenvorsitzende des Sozialwerks Aachener Christen, Toni Jansen, freut sich über sein Lebenswerk und kann nach positiverer Diagnose das Hospiz verlassen.

Von Bernd Mathieu

Aachen. Es ist einer jener sonnigen, hellen, freundlichen Vormittage, mit denen uns dieser Oktober beschenkt hat. Ein Besuch im Hospiz Haus Hörn. Ein Besuch bei einem katholischen Priester, der über Jahrzehnte diese Stadt bereichert hat. Bereichert in seiner zurückhaltenden, aufmerksamen und zugewandten Art.

Sein Leben ist geprägt vom Kampf für Gerechtigkeit, aber das Wort „Kampf“ klingt für diesen feinsinnigen Menschen natürlich übertrieben martialisch. Und doch war es so, so nachhaltig, so hartnäckig, so zielstrebig, ja: manchmal so kompromisslos – nicht für sich, für andere.

Dieses Leben ist gekennzeichnet von Anstrengung und Überzeugungskraft, von Respekt vor der Arbeit und von der frühen Erkenntnis, dass man schon sagen soll, was man will. Das tut er als Neunjähriger in Eilendorf, das damals noch lange nicht zur Stadt Aachen gehört, eine historische Reminiszenz, die er auch an diesem Vormittag eigens betont. Der Mann ist vom Dorf und doch nie ein Provinzler gewesen.

Der Neunjährige

Als kleiner Steppke hat er seinen Eltern gesagt, dass er unbedingt aufs Gymnasium wolle. Wohl wissend, zumindest irgendwie ahnend, dass dies für seine Eltern nicht einfach werden würde, die Mutter Stöpferin, der Vater Maschinenschlosser. Aufs Gymnasium? Da haben die Eltern gesagt, sie könnten es nicht bezahlen. Und dann blitzten die Entscheidungsfreude, die Entschlusskraft, das Wahrnehmen einer letzten Chance auf: Da gestand der Neunjährige seiner Mutter, dass er Priester werden wolle.

Heute würde man tiefenpsychologisch korrekt von der demokratischen Dynamik des Familienrats sprechen. Kurzum: Der Vater fragte die vier Geschwister des jungen Priesteramtskandidaten, ob sie damit einverstanden seien, dass Anton das Kaiser-Karls-Gymnasium besuchen dürfe. Sie, teilweise noch jünger als der Neunjährige, stimmten nach Diskussion zu. Anton, mit seiner Großmutter in aller Herrgotts Frühe stets zur Messe gegangen, hatte es geschafft.

Toni Jansen, so nennen alle später den Erwachsenen, lebt heute in einem kleinen Zimmer im Erdgeschoss des Hospizes. Ja, er lebt! Vor einem halben Jahr musste er, mussten alle, die ihn schätzen, lieben und mögen, befürchten, dass er nur noch eine kurze Zeit im Diesseits der Welt verbringen dürfe. Die ärztliche Diagnose klang klar und schonungslos brutal, sie kam ohne jede Hoffnung daher und ohne irgendeine Alternative zu bieten: unheilbarer Krebs, äußerst geringe Lebenserwartung, fast in Wochen zu zählen.

Ein verantwortungsbewusster Mensch mit 78 Jahren weiß, was er dann zu tun hat. Er ordnet sein Leben für die ihn Überlebenden. Er klärt, was zu klären ist. Toni Jansen gibt seine Wohnung auf, löst seinen Hausstand auf, meißelt unwiderruflich diese Zäsur in den vermeintlich letzten Meilenstein seines Lebens und zieht in das Hospiz – zum Sterben. „Ich hatte mich innerlich darauf eingelassen: Wenn es so ist, dann ist das so, dann stirbst du in diesem Hospiz.“

Abschied. Letzte Worte.

Viele Freunde und Wegbegleiter, manchmal sind es bis zu 15 an einem Tag, besuchen ihn, und für manchen ist es ganz eindeutig: Abschied. Letzte Worte. Letzte Gedanken. Letzte Gesten. Vielleicht auch: erste Tränen.

Toni Jansen spricht darüber nicht viel, und ich frage ihn auch nicht danach. Zumal: Das Blatt hat sich gewendet, es ist noch einmal ein neues Kapitel aufgeschlagen worden. Sechs Monate wohnt er nun hier im Hospiz, sechs lange Monate mit der „Gewissheit“, dass dies seine letzte Station sei. Aber sie ist es nicht; denn plötzlich klingt die Diagnose positiver. Es sei möglicherweise kein bösartiger, sondern ein gutartiger Tumor, heißt es nun. Auch darüber wollen wir nicht ins Detail gehen an diesem Vormittag.

Toni Jansen spricht darüber ohne Bitterkeit. In seinen Worten spürt man eher eine Mischung aus Hoffnung, Zuversicht und Ungewissheit darüber, was nun kommen mag. Bald wird er ins Altenheim nach Laurensberg ziehen, er, der krank ist, aber offensichtlich nicht ganz so dramatisch, wie wir und er selber ein halbes Jahr glaubten, und fast scheint es so, als gewinne er nach dieser Karenzzeit Tag für Tag ein gutes Stück seiner Vitalität scheibchenweise so zurück, wie er sie in der jüngsten Vergangenheit verloren hat.

Ein halbes Jahr im Hospiz, ein halbes Jahr mit dieser Diagnose der schon mehr als nur mit einem Bein in den Raum eingetretenen Endlichkeit, die sich jetzt als halbjähriges Provisorium darstellen könnte. Nein: Es war mehr als ein Provisorium, allenfalls ein räumliches, aber kein menschliches; denn die Krankenbesuche waren für ihn, das merkt man an seiner dankbar-fröhlichen Rhetorik, wohl nie eine Pflichtübung, sondern ernst gemeinte Zeichen von Freundschaft, Solidarität und Fürsorge.

Er mischt sich ein

Toni Jansen fasst das in dem schönen Satz zusammen: „Ich mag die Menschen.“ Und er habe sich jedes Mal gefreut, wenn jemand gekommen sei. „Je älter ich werde und mich mit Menschen unterhalte, zum Beispiel darüber, was sie tun, was sie als wichtig erkannt haben, desto mehr mag ich sie.“ Je älter er werde, um so mehr wachse das Interesse an den Menschen. „Früher war ich relativ schüchtern, ein zurückhaltender Mensch, ja ehrlich: viel schüchterner als jetzt.“

Ein schüchterner Priester war er nicht wirklich. Wer ihn predigen hörte, weiß, dass er sich einmischt in diese irdische Welt. Und er bestätigt das heute ausdrücklich. „Ich habe immer gerne gepredigt. Mich hat dabei die Frage beschäftigt, was die Leute bewegt in ihrem Leben, in ihrem Alltag. Das war mir wichtiger, als noch mal das Evangelium von vorne zu erzählen.“

Das soziale Element hat ihn interessiert und motiviert. Er wusste, dass im Weinberg Gottes hart gearbeitet wird. Er wusste es von seinen Eltern, und er sah es, wenn er genau hinschaute. Das war ihm angeboren, anerzogen, und das hat ihn während seines fünfjährigen Theologie-Studiums bei den Jesuiten in Frankfurt/Main geprägt – für ein langes Leben.

Stationen: Priesterseminar in Aachen, Kaplan in Krefeld, Abteilungsleiter für Gemeindearbeit im Generalvikariat, Pastor an St. Peter in Aachen. Da war er Mitte 30 und hatte schon jenen Elan, der über die Jahrzehnte sein zuverlässiger und guter Wegbegleiter geblieben ist. Er kannte die Probleme der Arbeiter, die Würde der Arbeit und den Respekt davor musste ihm niemand erklären. Er erinnerte sich an die Freitagnachmittage, an denen sein Vater die Lohntüte mit nach Hause brachte (Toni Jansen sagt: „abgab“.) „Erst nach 60 Wochenstunden Arbeit, später nach 48, schließlich nach 42.“

Arbeitskampf: Das war kein Fremdwort in der Eilendorfer Familie. Und auch für die Bibel nicht, in der es – im Klartext – heißt: „Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.“ (Luk. 10,7)

Kurzum: Toni Jansen ergriff, mit Hilfe von ganz wenigen anderen, die Initiative und gründete 1982 das Sozialwerk Aachener Christen. Die Jugendarbeitslosigkeit in der Stadt, die Langzeitarbeitslosen, Familienväter und Alleinerziehende ohne Job: Er traute der Liturgie des Üblichen nicht, da war Kirche gefragt nach Art von Toni Jansen: „Keine kirchliche Institution mit dem Deckmäntelchen von Frömmigkeit, sondern ein gut organisierter Betrieb.“

Der wurde immer größer, immer interessanter und immer mehr zog er wichtige Mitstreiter an, die Toni Jansen ansprachen: Unternehmer, Einzelhändler, Anwälte, die dem Sozialwerk einen ebenso intellektuellen wie professionellen und nach wie vor praktisch orientierten Charakter gaben und geben. Die gesamte Palette kam auf das Sozialwerk zu: Mitarbeiterführung, Betriebswirtschaft, Öffentlichkeitsarbeit. „1000 Dinge waren jeden Tag zu erledigen“, sagt der Priester und Manager in seinem persönlichen Rückblick.

Er erwähnt an dieser Stelle seine Mitgliedschaft im Rotary Club Aachen, wohl wissend, dass es gegen die von außen behauptete elitäre Noblesse manchmal keine rhetorische Chance auf Gegenwehr gibt: „Ich war nie ein Rotarier der upper class, ich habe im Rotary Club zum größten Teil meine besten Freunde gefunden, und dafür bin ich sehr dankbar.“

Die seelischen Muskeln

Wir berühren manches Thema an diesem Vormittag und reden auch über Politik, die sich um Arbeitslose zu wenig kümmere. Darüber denke er oft nach, sagt er. Es stimme zwar, dass einige Arbeitslose gar nicht mehr arbeiten wollten, aber das sei die Minderheit. Und: „Bei manchen, die so lange arbeitslos sind, erschlaffen allmählich die seelischen Muskeln.“

Jetzt ist er Ehrenvorsitzender des Sozialwerks. „Es war mir wichtig, einen offiziellen Schlussstrich zu ziehen.“ Das habe er schon sehr früh geplant. „Ich wusste ja nicht, dass ich dieses Haus hier wieder verlassen würde.“ Er empfinde große Dankbarkeit für unendlich vieles, für die Mitarbeiter, den Vorstand, den Beirat, die Spender. Sie alle gemeinsam haben in zahlreichen Biografien ihnen Anvertrauter die Folgen einiger Absturzstellen mit ihrem Engagement ehrenamtlich ausgeglichen.

Durch den Papst bestätigt

Wir erwähnen Papst Franziskus, und Toni Jansen sagt, er fühle sich „spät bestätigt“ durch diesen Jesuiten aus Argentinien. An den Jesuiten fasziniere ihn die Intellektualität, bei den Jesuiten habe er gerne studiert, gerne Prüfungen gemacht, gerne gelesen. „Die führenden Jesuiten hatten immer die Gesellschaft im Blick und sahen, was da schief lief.“ Er nennt namentlich die Jesuiten Oswald von Nell-Breuning, Hermann-Josef Wallraff und Friedhelm Hengsbach.

Wir sprechen über Literatur, und dass er alle wesentlichen zeitgenössischen deutschen Schriftsteller gelesen hat, Böll, Walser, Enzensberger, Grass, auch den guten Wellershoff. Und er mag jüdische Autoren, David Grossmann und sein Buch „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ zum Beispiel. Wir wollen bald eine Literaturliste austauschen.

Das ist eine schöne Verabredung auf die Zukunft. Und ein gutes Gefühl.

„Keine kirchliche Institution mit dem Deckmäntelchen von Frömmigkeit.“

Toni JanseN über das Sozialwerk Aachener CHristen

„Früher war ich relativ schüchtern, ein zurückhaltender Mensch, ja ehrlich: viel schüchterner.“

Toni Jansen, sich selber beschreibend

Historisches Baudenkmal in Aachen, der Rütscher Bunker

clip_image001

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Luftschutzbunker in der Rütscherstraße / Försterstraße Aachen soll einem Bauprojekt für Stadtwohnungen weichen. Eine Abbruchgenehmigung wurde bereits erteilt. Mit der Beseitigung dieser schützenswerten Anlage wäre ein historisches Baudenkmal unwiederbringlich vernichtet.

clip_image002

                                             Foto oben: Ansicht: Försterstraße

                                                        Zustand am 23.7.2013

         2 Fotos unten: Ansicht: Rütscherstraße

© Inge und Dieter Wernet

clip_image003

clip_image004

Seine von Schüssen und Einschlägen vernarbte Fassade gibt Zeugnis von den erbitterten Kämpfen in und um die Stadt Aachen. Hier war am 21. Oktober 1944 die erste Kapitulation

einer deutschen Wehrmachtseinheit vor dem Ansturm der Alliierten Streitkräfte. Ein bis dahin unerhörter Vorgang, er leitete aber schließlich das Ende des 2. Weltkrieges in Europa ein.

Am 21. Oktober 2014 ist der siebzigste Jahrestag dieses historischen Ereignisses. Es ist davon auszugehen, dass dies amerikanische Veteranenverbände zum Anlass nehmen, dieser und anderen historischen Stätten einen Erinnerungsbesuch abzustatten. Sollen die hochbetagten Veteranen dann tief enttäuscht vor einer Baugrube stehen?

Mit der von dem Niederländer Herrn Patrice Wijnands initiierten Petition, die von uns namhaft unterstützt wird, setzen wir uns nachhaltig für den Erhalt dieses einmaligen Bauwerkes ein.

Petition:

https://www.change.org/de/Petitionen/stadt-aachen-landschaftsverband-rheinland-lousberg-h%C3%B6fe-gmbh-der-hochbunker-f%C3%B6rsterstr-in-aachen-soll-nicht-f%C3%BCr-stadtwohnungen-weichen

Hier sprechen sich derzeit bereits 1.340 Unterstützer (Stand Sonntag 27. 10. 2013) aus 19 Ländern ausdrücklich gegen eine Beseitigung des historisch so bedeutsamen Schutzbaues aus.

Helfen Sie bitte mit, dieses zeitgeschichtlich wichtige Bauwerk als Erinnerung an schlimme Zeiten auch nachfolgenden Generationen zu erhalten und tragen Sie sich bitte als Unterstützer und Befürworter in die Petition ein.

Unter dieser Internetadresse erfahren Sie Näheres über uns:

http://www.unser-aachen.com/autoren/wernet-inge-und-dieter/

Sie finden unseren Beitrag zum Thema unter:             

http://www.unser-aachen.eu/beiträge/bunker-rütscherstraße/

Mit freundlichen Grüßen

Inge Wernet und Dieter Wernet Dipl. Ing.

Unser Kommentar in der Unterschriftenaktion: Wann bekennt sich Deutschland endlich zu seiner Geschichte? Schutzbauten haben in den unsäglichen Bombennächten zahllosen Menschen das Leben gerettet. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Vergangenheit und unersetzliche Zeitzeugen für spätere Generationen. Die wenigen noch erhaltenen Bauwerke sind daher schützenswert und sollten Denkmalschutz erhalten. Sie dürfen keinesfalls rein finanziellen Aspekten geopfert werden.

Weitere Links:

http://www.crifa.de/

“The Daily Telegraph”:

http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/germany/10356270/Germans-campaign-to-stop-Nazi-bunker-being-turned-into-luxury-flats.html

http://www.bunkertours.be/nein_zum_abriss.html

Erbost über die Wahl von Ralf Woelk

Fr, 25. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 18

Erbost über die Wahl von Ralf Woelk

Eberhard Wollgarten äußert sich zum Artikel „Ralf Woelk ist neuer Vorsitzender des Friedenspreises“ (AN v. 21. Oktober):

Als jahrzehntelanges Mitglied der Gewerkschaft IG Medien im DGB, heute ver.di, Fachbereich 8 (Eintritt 1.1.1966) bin ich sehr erbost über diese Wahl (Funktionäre = Ämterhäufung?). Die Ablehnung der Bundeswehr durch den Verein Aachener Friedenspreis stößt bei mir auf Unverständnis. Als ehemaliger Wehrpflichtiger (18 Monate, 1968-1970, Unteroffizier der Reserve) sehe ich in der Preisverleihung an „Schulen ohne Bundeswehr“ eine Verhöhnung des Dienstes meiner Kameraden und all deren Gefährdungen bei den Einsätzen.

Die Bundeswehr hat von unserem demokratisch gewählten Parlament den Auftrag zur Friedenssicherung erhalten. Als Bundeswehr-Reservisten sind meine Kameraden und ich des Öfteren bei Kranzniederlegungen auf dem Aachener Waldfriedhof von „Linken unterschiedlicher Gruppierungen“ als „Mörder“ auf das Übelste beschimpft worden. Wer so agiert, ist kein Demokrat, sondern ein „Faschist“, ob „links oder rechts“. Egal! Meine Empfehlung an die Aachener Gewerkschaftsführung: Fairness! Der Verein des Aachener Friedenspreises sollte selbstkritisch sein und nach seinen internen Querelen (zwei Jahre ohne Vorstand) bei sich selbst anfangen und „Frieden leben“!

Stadt kauft Hausentwürfe nachträglich ab

Fr, 25. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Stadt kauft Hausentwürfe nachträglich ab

Streit um Grundstücksvergabe am alten Tivoli soll endgültig ausgeräumt werden. Heute weiteres Treffen.

Von Gerald Eimer

Aachen. Im Streit um die Vergabe der Reihenhausgrundstücke am alten Tivoli strebt die Verwaltungsspitze nun eine Lösung an, die der Stadt zwar Mehrkosten bescheren wird, die aber alle Häuslebauer zufrieden stellen soll. Wie Oberbürgermeister Marcel Philipp auf Anfrage mitteilt, wird die Stadt den Architektenentwurf für die 13 Reihenhäuser abkaufen. Durch welche Architekten die Häuser letztlich errichtet werden, bleibt den einzelnen Käufern überlassen.

Aus Sicht des Oberbürgermeisters ist dies der einzig rechtlich saubere Weg, der den Fall „alter Tivoli“ auch „rückwirkend heilen“ kann. Details will die Verwaltung bei einem weiteren Krisentreffen am heutigen Freitag besprechen.

Letztlich geht es vor allem darum, den Vorwurf gegen den städtischen Fachbereich Immobilienmanagement auszuräumen, gegen das sogenannte Koppelungsverbot verstoßen zu haben. Demnach darf die Stadt grundsätzlich keine Grundstücke mit Architektenbindung verkaufen. Der E-Mail-Verkehr mit einzelnen Kaufinteressenten scheint jedoch genau einen solchen Verstoß zu belegen.

Die Verwaltungsabteilung wollte auf diese Weise offenbar dem Wunsch der damaligen schwarz-grünen Mehrheit entsprechen, wonach eine einheitliche Gestaltung im Baugebiet „alter Tivoli“ sichergestellt werden sollte. Das Architektenbüro, das im Herbst letzten Jahres den Siegerentwurf erarbeitet hat, sollte nun auch die Umsetzungsaufträge erhalten und auf diese Weise offenbar auch entlohnt werden.

Kaufinteressenten hatten dem Büro unter anderem vorgeworfen, die Honorarsatzung allzu sehr auszureizen, weshalb sich viele ein Haus dort gar nicht leisten können. Unter 400 000 Euro war nach letztem Stand kein Reihenhaus am alten Tivoli zu kriegen.

Ohne Architektenbindung könnte der Traum vom eigenen Haus nun für einige Menschen erschwinglicher werden. Offen ist allerdings, wie viel die Stadt für den Kauf der Architektenentwürfe nun nachträglich bezahlen muss. Das werde sich im Rahmen der Gebührenordnung bewegen, sagt Philipp, ohne bereits konkrete Zahlen nennen zu können. Vermutlich werde man auch die Architektenkammer zu Rate ziehen. Klar sei jedenfalls, dass es jetzt so läuft, „wie es von Anfang an hätte sein müssen“, sagt Philipp, „wir hätten die Architekten für ihre Leistung bezahlen müssen.“

Nachteilige Folgen für Käufer durch Fehlleistungen der Verwaltung sollen nachträglich ausgeräumt werden, sagt Philipp. „Unser Ziel ist es, am Ende alle zufriedenzustellen.“

Vortrag macht Freunden des Bunkers Hoffnung

Mi, 23. Okt. 2013
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 15

Vortrag macht Freunden des Bunkers Hoffnung

Dietmar Kottmann erinnert an die „Schlacht von Aachen“ vor 69 Jahren und die Kapitulation, die am 21. Oktober 1944 im Bunker an der Rütscher Straße unterzeichnet wurde. Referat stößt auf riesiges Interesse. Mehr als 100 Zuhörer.

Von Werner Czempas

Aachen. Kann in letzter Minute doch noch verhindert werden, dass der Lousberg-Bunker abgerissen wird? Kann er entgegen bisherigen Entscheidungen doch noch zum Denkmal erklärt werden?

Für alle, die sich seit Monaten dafür einsetzen, dass der Bunker zwischen Rütscher Straße und Försterstraße erhalten bleibt, kommt Hoffnung auf. „Der Bunker ist ein Denkmal. Er muss in die Denkmalliste. Die Weigerung, ihn in die Liste aufzunehmen, ist rechtswidrig.“ Diese Auffassung jedenfalls vertritt Dietmar Kottmann, pensionierter früherer Rechtsdirektor der Stadt Aachen. In seiner damaligen Tätigkeit war er auch zuständig für das Denkmalrecht. Als Vorsitzender der Laurensberger Heimatfreunde hielt Kottmann genau am Tag der Kapitulation Aachens vor 69 Jahren einen Vortrag: „Die Schlacht um Aachen (12.09. – 21.10. 1944)“.

Der Lousberg-Bunker steht nach einem Entscheid aus dem Jahr 2007 nicht unter Denkmalschutz. Er wurde vor Monaten vom Eigentümer Bund an den Aachener Investor Norbert Hermanns verkauft. Hermanns will den scheußlichen Betonklotz abreißen und dort elegante Stadtwohnungen bauen lassen. Die Stadt hat nach dem Ja des Planungsausschusses den Abriss genehmigt (die „Nachrichten“ berichteten).

Am Lousberg-Bunker kapitulierte am 21. Oktober 1944 Oberst Wilck, der letzte Kampfkommandant Aachens. Wie groß das Interesse am damaligen Geschehen und am weiteren Schicksal des Bunkers ist, zeigte der Publikumsandrang zum Vortrag. Mehr als 100 Bürger drängten in das für diesen unerwarteten Ansturm viel zu kleine Vereinsheim der St.Laurentius-Schützen in der Laurensberger Rathausstraße. Kottmann versprach, sein Referat andernorts zu wiederholen.

Der Vortrag geriet zur brillanten Geschichtsstunde. Um die „Schlacht um Aachen“ historisch einordnen zu können, holte Dietmar Kottmann aus bis zur Invasion der Alliierten am 2. Juni 1944 in der Normandie. Unterlegt mit zumeist amerikanischen Dokumenten, Filmen und Zeitungen skizzierte er die strategische Planung der schnell auf das Deutsche Reich vorrückenden Alliierten. Zwar standen die Spitzen der amerikanischen Verbände schon in der Nacht vom 12. auf den 13. September im Aachener Stadtwald, doch konzentrierten sich die Alliierten zunächst auf die Operation „Market Garden“. Mit der wollten sie weit nördlich von Aachen die Brücken über die großen Flüsse und Kanäle in Besitz nehmen und so einen freien Weg durch die norddeutsche Tiefebene Richtung Berlin bekommen. Erst nach dem schweren Fehlschlag im Kampf um Arnheim wandten sich die Alliierten wieder Aachen zu.

Die Stadt wurde Kriegsziel. Ab dem 1. Oktober spitzten sich die Kämpfe zu. Nach besonders schweren Gefechten im Raum Bardenberg und Würselen schloss sich der Ring um Aachen. Während des Kottmann-Vortrags wurde ein angesengtes Exemplar jenes Flugblatts hochgehalten, das die Amerikaner damals mit über der Stadt zerplatzenden Granaten zigtausendfach auf Aachen regnen ließen: „Aachen ist eingeschlossen, von amerikanischen Truppen umzingelt. Aachener! Es gibt nur eine Wahl: Sofortige ehrenvolle Uebergabe oder völlige Zerstörung.“

Doch Adolf Hitler hatte befohlen, Aachen „bis zum letzten Mann, bis zur letzten Patrone“ zu halten. Das Ultimatum der Alliierten vom 10. Oktober verstrich und „Aachen wurde in den letzten Tagen total umgepflügt“ (Kottmann). 360 Bomber warfen in tagelangen Wellen ihre tödliche Fracht, stündlich krachten 5000 Salven in die Stadt. Das Ende kam am Lousberg-Bunker: Am 21. Oktober, 12.05 Uhr, war die „Schlacht um Aachen“ geschlagen, als Oberst Wilck dort die Kapitulation unterschrieb.

„Aachen war militärisch bedeutungslos“, resümierte Dietmar Kottmann, „hatte aber für die Alliierten hohe symbolische Bedeutung. Der Fall Aachens war ein wichtiger psychologischer Vorteil, der der ganzen Welt zeigen sollte: Seht her, wir zwingen den Feind zur Aufgabe der ersten Großstadt auf deutschem Boden.“ Im internationalen „Zeitungskrieg“ sei Aachen deshalb viel wichtiger gewesen als das militärische Geschehen. Kottmann zeigte das legendäre Foto, auf dem sich ein massiger Sherman-Panzer den Weg durch den schmalen Fußgängertunnel Bahnhof Rothe Erde bricht und mit dem die alliierte Presse weltweit vom zerbrochenen „Tor des Dritten Reichs“ triumphierte. Eine französische Zeitschrift nannte Aachen das „Stalingrad im Westen“.

Starker Applaus

Der starke Applaus bewies, dass Dietmar Kottmanns Plädoyer für den Erhalt des Bunkers als historisches Denkmal bestens angekommen war. „Solange der Bunker steht, kann er noch in die Denkmalliste aufgenommen werden“, drängte Kottmann zu entschlossenem Tun. Er verwies auf eine Petition an den nordrhein-westfälischen Landtag über das Internet. Mehr als 1300 Personen haben sich schon unter www.change.org/de eingetragen. Auch die Bürgerinitiative Lousberg-Bunker hat beantragt, den Bunker unter Denkmalschutz zu stellen. Das Bürgerforum wird sich mit dem Antrag in der Sitzung am 12. November (17 Uhr, Sitzungssaal Rathaus) beschäftigen.

Weitere Informationen: www. aachener-geschichtsverein.de

„Der Bunker ist ein Denkmal. Er muss in die Denkmalliste. Die Weigerung, ihn in die Liste aufzunehmen, ist rechtswidrig.“

Dietmar Kottmann, Ehemaliger Rechtsdirektor der Stadt Aachen