19-Jähriger musste Handy und Bargeld herausrücken

Mi, 8. Okt. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 15

19-Jähriger musste Handy und Bargeld herausrücken

Neue Raubüberfälle. Seniorin vor Bank beraubt.

Aachen. Die Serie von gewalttätigen Raubüberfällen ging auch gestern weiter. Einer älteren Dame wurde gegen 12.20 Uhr auf der Elsassstraße die Handtasche entrissen. Kurz zuvor hatte sie in der Bank Bargeld abgehoben, der Täter hatte dies offenbar beobachtet und schlug direkt vor der Eingangstüre zu. Der Räuber flüchtete mit der schwarzen Damenhandtasche in Richtung Sedanstraße. Laut Zeugen war der Angreifer etwa 1,85 Meter groß, er hatte hellbraune, kurze Haare und war mit einer beigen Jacke bekleidet.

In der Nacht fragten zwei Männer um 3 Uhr einen 19-Jährigen auf der Haarbachtalstraße nach der Uhrzeit. Nachdem der Aachener sein Handy aus der Hosentasche herausgezogen hatte, wurde er zu Boden gedrückt. Mit vorgehaltenem Messer entwendeten die Räuber auch noch sein Bargeld und seine Halskette. Die beiden Tatverdächtigen waren zwischen 20 und 30 Jahre alt und 1,70 Meter groß. Einer der beiden Männer hatte eine Glatze und war während der Tat mit einer Jeans bekleidet. Der andere hatte längere Haare und trug eine Trainingshose. Auffällig war bei diesem Täter ein Muttermal auf der linken Wange.

Hinweise zu den Tätern nimmt die Polizei unter 0241/9577-31301 (oder außerhalb der Bürozeiten unter 0241/9577-34210) entgegen.

Überfälle trotz der massiven Polizeipräsenz

Di, 7. Okt. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Überfälle trotz der massiven Polizeipräsenz

Neue Ermittlungsansätze sind dünn. Nach wie vor ist das brutale Vorgehen erschreckend. „Tätern so schwer wie möglich machen.“

Von Heiner Hautermans

Aachen. 365 Raubüberfalle haben sich im letzten Jahr in Aachen ereignet, statistisch also jeden Tag einer. Der Hinweis, dass man trotz der seit Ende August anhaltenden Serie von brutalen Übergriffen statistisch immer noch unter den Vorjahreszahlen liegt, hilft aber im Moment nicht groß weiter. Sieben Raubüberfälle sind jetzt wieder über das lange Wochenende, also von Donnerstag, 2. Oktober, bis Sonntag, 5. Oktober, gezählt worden. Fast alle Überfälle trugen sich in der Innenstadt zu. Und fast immer gingen die Täter mit großer Brutalität vor. Zwei der Opfer mussten mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Die Gesamtzahl der brutalen Attacken ist damit auf fast 50 angewachsen.

Am Montag wollte die Polizei weitere Einzelheiten, etwa zu Personenbeschreibungen und Fahndungsansätzen, bekanntgeben. Doch die sind dünn. Neu ist lediglich, dass in der Gruppe der zehn Täter, die auf der Trierer Straße aktiv waren, auch vier junge Frauen gewesen sein sollen. Ein 38-Jähriger war dort am frühen Sonntagmorgen zusammengeschlagen worden, die Bande verletzte den Mann und raubte sein Handy.

Sieben neue Taten, das zweitschlimmste Wochenende seit Ende August. Und das, obwohl die Polizei ihre Präsenz in der Innenstadt mit Dutzenden Beamten, sowohl in Uniform als auch in Zivil, stark erhöht hatte. Sprecherin Iris Wüster: „Wir waren wieder massiv in der Stadt unterwegs.“ Und obwohl die Tätergruppierungen wieder sehr unterschiedlich gewesen seien, wiesen die Vorgehensweisen wieder einige Gemeinsamkeiten auf: „Was erschreckt, ist wieder das brutale Vorgehen mit Tritten und Schlägen.“ Und die Überfallenen seien meist hilflos, etwa alte Menschen auf dem Friedhof oder Betrunkene, die allein auf dunklen Straßen und Plätzen unterwegs waren und deshalb leichte Opfer seien, die auch keine präzisen Beschreibungen liefern könnten.

Nach wie vor empfiehlt die Polizei Nachtschwärmern, „sich bewusst nicht in Gefahr zu begeben“, etwa zu mehreren nach Hause zu gehen, möglichst belebte Straßen zu wählen, teure Smartphones auch schon in der Disco möglichst nicht zu zeigen. Da viele Opfer unter Schock stehen und erst nach Hause gehen, vergehe kostbare Zeit. Deswegen werden Zeugen gebeten, sofort den Notruf 110 zu wählen. Wüster: „Besser zwei Mal anrufen als gar nicht. Oft wird das nicht getan, weil jeder denkt, der andere hat das schon gemacht.“

Für eine Verschärfung der Regeln, wie sie jetzt von mancher Seite gefordert wird, sind auch routinierte Polizisten, die seit vielen Jahren mit Verbrechen zu tun haben, nicht. Holger Kroth, stellvertretender Leiter des Kommissariats Vorbeugung: „Das Strafrecht, wie wir es haben, ist gut.“ Ob es immer richtig angewendet werde, sei eine andere Frage. Wichtig sei aber, dass die Bürger mitzögen, etwa die Vorsichtsmaßnahmen der Polizei beherzigten, vom Meiden dunkler Straßen in einsamer Nacht bis zu Vorsorge am eigenen Haus durch das Sichern von Fenstern und Türen: „Man sollte es den Tätern so schwer wie möglich machen.“

Ohnehin, ergänzt Opferschutzbeauftragte Sylvia Reinders, könne die Polizei das Problem der Gewaltdelikte nicht allein lösen. „Die Gesellschaft muss mehr Geld investieren.“ Etwa in Jugendzentren, soziale Einrichtungen oder Sportvereine. Stattdessen würden überall Zuschüsse gekürzt, sollen etwa die Stellen von Sozialarbeitern an Schulen gestrichen werden: „Es sind jetzt schon viel zu wenige.“ Schließlich müsse man erst einmal auf die Idee kommen, jemanden zu überfallen.

„Wir raten dazu, sich
bewusst nicht in
Gefahr zu begeben.“

Iris Wüster,

Polizeisprecherin

Nachts sind Dutzende Beamte unterwegs

Do, 18. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Nachts sind Dutzende Beamte unterwegs

Zum September Special verstärkt die Polizei noch einmal die Streifen in der Innenstadt. Vier von mehr als 30 Überfällen aufgeklärt.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Aufkommender Kritik, die Aachener Polizei setze mehr Personal für die Aufklärung rassistischer Vorfälle ihres Nachwuchses als für das Beenden der Serie brutaler nächtlicher Raubüberfälle ein, tritt Präsident Dirk Weinspach entschieden entgegen. Zu den fraglichen Zeiten seien wesentlich mehr als die 15 Beamten, die an den Rassismus-Vorwürfen arbeiten, als Fahnder im Stadtgebiet vor Ort, um einmal das Sicherheitsgefühl der Nachtschwärmer zu erhöhen und der noch nicht gefassten Räuber habhaft zu werden: „Wer in Aachen feiert, muss nicht Angst haben, auf dem Heimweg überfallen zu werden.“ Das war allerdings an den letzten Wochenenden immer wieder geschehen, Rekordhalter waren der Samstag und Sonntag, 30./31. August, mit neun ähnlich verübten Attacken. Ein paar Vorsichtsmaßnahmen, so Weinspach, sollten Nachtschwärmer beachten.

Parallelen

Die Vorgehensweise, die Tatzeiten und die Tatorte weisen nämlich viele Übereinstimmungen auf, wie Kriminaloberrat Wilhelm Sauer in einer eigens angesetzten Pressekonferenz erläuterte. Die Opfer, meist alkoholisierte Männer, würden zufällig ausgewählt, weil sie als leichte Beute erschienen. Ein Großteil der Taten würde nördlich der Achse zwischen Karlsgraben und Peterstraße verübt, „da wo am meisten los ist und man auch die meisten Opfer findet“. Oft hätten die aus einer Kneipe oder von einer Feier kommenden Männer erkennbar ein neues Smartphone dabei oder telefonierten sogar damit – für die Täter ein Gegenstand mit hohem Prestigewert, und mit einer neuen Karte einfach abzusetzen.

Die Räuber treten meist in Gruppen auf. Entweder wird das Opfer von hinten zu Boden gezogen, ein Täter entreißt ihm das Handy und sucht eventuell in Hosentasche oder Jacke nach Bargeld. Oder die Bande kommt von vorne, spricht das Opfer an („Das ist aber ein tolles Handy“) und baut Druck auf. Falls der Überfallene nicht nachgibt, wird da ebenfalls sofort Gewalt eingesetzt. Außerdem seien die Wiedererkennungszeichen schlecht. Der Hinweis, dass die Täter Kappen und Olaseku-Frisuren (oben lang, Seite kurz) trügen, helfe auch nicht groß weiter, das treffe auf 80 Prozent aller jungen Männer zu. Und selbst die Überfälle einer Nacht seien nicht nur einer Gruppe zuzuordnen, weil ganz unterschiedliche Beschreibungen gegeben würden, etwa von unterschiedlichen Sprachen oder Hautfarben. Wahrscheinlich handele es sich um drei Tätergruppen, die in unterschiedlicher Zusammensetzung immer wieder zuschlügen, mittellose Jugendliche, Drogenabhängig e und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (s. Bericht 1. Seite Politik). Zwei von Letzteren sitzen in Untersuchungshaft, einer sei als vermisst ausgeschrieben: „Er ist nicht mehr hier.“ Eventuell seien auch Nachahmtaten verübt worden, weil sich herumgesprochen habe, dass man durch die Methode des Niederreißens sehr leicht Beute machen könne.

Allein im August verzeichnete man 29 dieser Überfälle, in September sei die Zahl zurückgegangen. Vier der Überfälle betrachtet die Polizei nun als aufgeklärt. Zur ihrer Bearbeitung und Bekämpfung hat die Behörde eine Fahndungsgruppe aufgestellt und ein Stufenkonzept erarbeitet, zu den fraglichen Zeiten seien mehrere Dutzend Beamte im Einsatz: „Wir werden die sichtbare Präsenz erhöhen, um das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken.“ Das gelte gerade für das kommende Wochenende mit dem September Special. Nachtschwärmern könne man nur raten, nicht allein durch dunkle Straßen zu gehen und kein teures Handy ans Ohr zu halten.

Einiges in petto

Klar ist, dass die Überfallserie der Polizei die schöne Jahresstatistik verhageln wird, die bis Ende Juli noch einigermaßen verheißungsvoll aussah. In der Rubrik Straßenraub auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, unter die auch die gegenwärtigen Taten fallen, war nämlich ein Rückgang von 26 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zu verbuchen, von 184 auf 137 Delikte. Im Februar hatte man einen leichten Anstieg zu verzeichnen, die Anzahl einschlägiger Delikte ging allerdings ging wieder zurück, nachdem man entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen hatte. Und auch jetzt hofft man auf baldige Klärung weiterer Taten: „Wir haben noch einiges in petto.“

Polizei: Keine „Gesinnungsprüfung“

Do, 18. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Polizei: Keine „Gesinnungsprüfung“

Der Aachener Mobbingfall beschäftigt den Integrationsausschuss im Landtag

Düsseldorf. Der vor einer Woche bekanntgewordene Fall von rassistischem Mobbing unter Polizeianwärtern in Aachen hat gestern auch den Integrationsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags beschäftigt. In einer aktuellen Viertelstunde erklärte der zuständige Abteilungsleiter im NRW-Innenministerium, Wolfgang Düren, das Auswahl-Verfahren für Polizeianwärter sei sehr aufwendig und dauere bis zu sechs Monate. Dabei stehe auch die Persönlichkeit der Bewerber auf dem Prüfstand. „Notwendig für den Beruf des Polizeibeamten ist ein positives Menschenbild“, sagte Düren. Eine „Gesinnungsprüfung“ finde aber nicht statt.

Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach hatte zuletzt zwei Polizeianwärter suspendiert. Entlassungsverfahren sind eingeleitet. Der Haupttäter hatte eine Studienkollegin rassistisch beleidigt, ein vorgestern suspendierter junger Mann gilt als „Mitläufer“. Beide hatten fremdenfeindliche Fotos in sozialen Netzwerken gepostet.

Düren sagte im Integrationsausschuss, man lege Wert auf „größte Integrität“. Er hoffe, dass der Fall und seine Aufarbeitung auch „eine erzieherische Wirkung auf die ganze NRW-Polizei“ haben werde.

Polizeipräsident Weinspach hatte betont, dass beide Suspendierten nicht einschlägigen rechten Gruppierungen zugeordnet werden können. Bei der routinemäßigen Überprüfung im Einstellungsverfahren habe es keine Hinweise auf eine rechte Gesinnung gegeben. (epd/mgu)

Aachen: Polizei fasst brutale Räuber

Do, 18. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Aachen: Polizei fasst brutale Räuber

Vier jugendliche Flüchtlinge aus Nordafrika sollen an einer Reihe von nächtlichen Überfällen meistauf Kneipenbesucher beteiligt sein. Polizeipräsident warnt aber vor Generalverdacht gegen Zuwanderer.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Die Aachener Polizei verzeichnet erste Erfolge im Kampf gegen die Serie von Raubüberfällen, die seit Anfang August die Bevölkerung beunruhigt. Sie hat vier junge Männer ermittelt, die einige dieser Taten begangen haben. Es handelt sich um drei 16 und 17 Jahre alte Marokkaner und einen Libyer, die als unbegleitete jugendliche Flüchtlinge nach Aachen gekommen sind. Zwei von ihnen sitzen in Untersuchungshaft, einem werden von den Ordnungshütern nicht weniger als 15 Straftaten in diesem Jahr zur Last gelegt. Seit der Festnahme der Vier sind die Fallzahlen wieder rückläufig. Kriminaloberrat Wilhelm Sauer: „Die Spitze müsste gebrochen sein.“

Zumal die Beamten alle verfügbaren Mittel einsetzen, um der Räuber habhaft zu werden. Polizeipräsident Dirk Weinspach: „Die Serie beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Wir nehmen das sehr ernst und es erfüllt uns mit Sorge.“ Die Überfälle waren vor allem an den Wochenenden verübt worden, meist in der Nacht zum Sonntag. Opfer waren meist Männer, die alkoholisiert von einem Kneipenbesuch kamen, in dunkler Straße mit einem neuen Handy telefonierten und von meist mehreren Tätern von hinten überraschend und brutal angegriffen wurden. Man solle sich lieber zu mehreren auf den Heimweg machen, rät die Polizei, die ihrerseits zu den fraglichen Zeiten mit Dutzenden Beamten im Einsatz ist, um eine sichere Rückkehr zu ermöglichen und die Täter zu fassen, aber natürlich auch nicht zu jeder Zeit an jeder einsamen Stelle sein kann. Einer der Verhafteten war im Zuge einer Fahndung samt Beute gefasst worden, ein anderer vo n einem Opfer wiedererkannt worden.

Der Polizeipräsident warnt in diesem Zusammenhang vor einem Generalverdacht gegen die Gruppe von jugendlichen Flüchtlingen, von denen sich derzeit 416 in Aachen und Umgebung aufhalten (im letzten Jahr waren es nur 160). Von diesen seien nur 31 straffällig geworden, viele wegen eines Ladendiebstahls. Ihre Quote (7,4 Prozent) liege im Vergleich zur Gesamtzahl der Jugendlichen und Heranwachsenden (mehr als 20 Prozent bei den unter 21-Jährigen) weit niedriger: „Sie sind weit weniger kriminell und erheblich rechtstreuer. Diese Gruppe ist nicht das Problem und Maßnahmen gegen sie nicht die Lösung.“ Es handele sich um einzelne Straftäter, die bestraft werden müssten.

Weil die Opfer oft nur vage Angaben machen können, hat die Polizei wenig klare Täterprofile. Fest steht aber, dass mehrere Tätergruppen in wechselnder Besetzung oft in einer Nacht mehrere Überfälle begehen, allein im August waren es 29. Beteiligt seien auch Drogenabhängige und sozial schwache Jugendliche, sowohl deutsche als auch solche mit Migrationshintergrund. Man habe aber noch einige Ermittlungsansätze und hoffe auf die Aufklärung weiterer Straftaten.  ▶ Kommentar Seite 2, Lokales

Viele Illegale stranden im Raum Aachen

Die Bundespolizei Aachen verzeichnet an den Grenzen zu Belgien und den Niederlanden weiterhin hohe Flüchtlingszahlen. Alleine am vergangenen Wochenende wurden 47 illegale Einreisen im Einzugsgebiet der Bundespolizeiinspektion Aachen festgestellt, wie die Bundespolizei gestern mitteilte.

2013 hatte die Bundespolizei im Raum Aachen mehr als 2045 Flüchtlinge ohne entsprechende Papiere aufgegriffen. In diesem Jahr ist bereits eine Steigerung um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Die meisten Flüchtlinge kommen aus den Krisengebieten Syriens, Eritreas und dem Norden und Westen Afrikas. Unter ihnen sind auch viele Jugendliche. Im Jahr 2013 wurden mehr als 300 minderjährige Flüchtlinge bei der Bundespolizeiinspektion Aachen registriert. (an)

Zweiter Polizeischüler in Aachen entlassen

Mi, 17. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Zweiter Polizeischüler in Aachen entlassen

Rassistisches Mobbing: Zweiter Suspendierter gilt als Mitläufer. Kollegen aus dem Kurs müssen mit Konsequenzen rechnen.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Eine Woche, 15 Ermittler, 100 000 Datensätze. Am Ende dieser Ermittlungen stehen zwei suspendierte Polizeianwärter, die nun beide entlassen werden. Der 19-jährige B. aus dem Bereich Düren gilt weiterhin als Hauptbeschuldigter. Er war bereits vor einer Woche suspendiert worden. Monatelang hatte er eine Kollegin aus dem gemeinsamen Kurs an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln rassistisch beleidigt, ihr etwa ein Hakenkreuz in den Textmarker geritzt. Nur wenige Kollegen in dem Kurs hatten der 23-Jährigen mit ausländischen Wurzeln beigestanden.

Die Aachener Ermittlungsgruppe untersuchte deshalb 100 000 Postings, also Fotos oder Äußerungen, aus sozialen Netzwerken und einer geschlossenen Handy-Chatgruppe des Polizeianwärter-Kurses. Ziel war es herauszufinden, ob weitere Kollegen an dem Mobbing beteiligt waren. Gestern wurde schließlich auf Grundlage der beendeten Ermittlungen und Zeugenaussagen ein weiterer Polizeianwärter suspendiert. Dieser 22-Jährige hatte ebenfalls fremdenfeindliche und menschenverachtende Fotos in der Handy-Chatgruppe gepostet, wie die Aachener Polizei gestern mitteilte. Man betrachte den Mann aus der Städteregion Aachen als „Mitläufer“, sagte Polizeisprecher Werner Schneider. Er habe die junge Frau nicht direkt beleidigt.

Seine Karriere bei der Polizei ist nun beendet. „Wo wir den Nachweis für offene Sympathie und Unterstützung der Täter finden konnten, kennen wir kein Pardon: Rassismus wird konsequent verfolgt und geahndet“, sagte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach zu den Vorfällen. Die beiden jungen Männer, die nicht in rechten Gruppierungen organisiert sind, waren während der Ausbildung am Polizeipräsidium in Aachen angestellt. Die 32 Teilnehmer des Kurses an der FH verteilen sich außerdem auf die Polizeipräsidien Bonn und Köln. Die Behörden müssen nun darüber entscheiden, wie sie mit den Polizeianwärtern umgehen, die weggesehen haben. Weitere Suspendierungen wird es nicht geben, mit disziplinarischen Maßnahmen müssten einige Polizeischüler aber rechnen, sagte Schneider. Die Ermittlungsgruppe habe für jeden Kursteilnehmer ein Protokoll angefertigt. Dort sind jegliche Aktivitäten in dem Chat nachzuvollziehen: Wer hat was gesehen? Wer h at was gepostet? Wer hat welche Konsequenzen gezogen?

Tatsächlich haben wohl nicht alle 25 Kursteilnehmer mutwillig weggesehen. „Die Ermittlungen haben ergeben, dass einige Polizeianwärter zwar in dem Chat angemeldet waren, sich die Inhalte aber nicht angesehen haben“, erklärte Schneider. Wer aber reingeschaut und dann einfach weggesehen hat, muss mit einem sogenannten Verweis oder einer Geldbuße in Höhe eines „empfindlichen“ Prozentsatzes des Gehaltes rechnen. Ein Polizeianwärter verdient 1000 Euro monatlich.

Die Polizeianwärter hatten gestern erstmals wieder im Kursverband Unterricht in Köln. Man prüfe weiterhin, wie es dort weitergeht. Noch immer steht im Raum, den Kurs aufzulösen und anders zusammenzusetzen. Die Fachhochschule wolle außerdem ein zusätzliches Aufarbeitungsprogramm für die Studiengruppe entwerfen. Darin soll ab kommender Woche die Entstehung von Gruppendynamik und der Umgang mit latent rassistischen Provokationen analysiert werden.

Auch das Polizeipräsidium kündigte Konsequenzen an: In Aachen werde die Orientierungswoche zur Einführung neuer Polizeianwärter künftig einen eigenen Themenschwerpunkt zu Rechtsextremismus in der Region enthalten.

„Da kennen wir kein Pardon. Rassismus wird konsequent verfolgt und geahndet.“

Dirk Weinspach,
Aachener Polizeipräsident

Kommentar: Wundert es da noch, dass die Polizei in weiten Bereichen auf dem rechten Auge blind ist? Thema NSU!

Rechtes Mobbing führt zu zweiter Suspendierung

Mi, 17. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Rechtes Mobbing führt zu zweiter Suspendierung

Aachen. Im Mobbing-Fall gegen eine Polizeianwärterin mit ausländischen Wurzeln hat die Aachener Polizei gestern einen zweiten Kollegen suspendiert. Der 22-Jährige aus der Städteregion Aachen hat wie der vor einer Woche suspendierte 19-jährige Polizeischüler rassistische und rechte Bilder in einer geschlossenen Handy-Chatgruppe (WhatsApp) des Polizeianwärter-Kurses veröffentlicht.

In beiden Fällen ist ein Entlassungsverfahren eingeleitet worden, wie Werner Schneider, Sprecher des Polizeipräsidiums Aachen gestern mitteilte. Weitere Suspendierungen werde es nicht geben. Die für die Polizeianwärter zuständigen Polizeipräsidien in Aachen, Köln und Bonn entscheiden jedoch, ob Schüler aus dem Kurs, die weggeschaut haben, Strafen wie einen Verweis oder eine Geldbuße erhalten werden. (mgu)   ▶ Region

Brutaler Tritt ins Gesicht: Fußballspiel wurde abgebrochen

Di, 16. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Brutaler Tritt ins Gesicht: Fußballspiel wurde abgebrochen

Spieler des SV Munzurspor rastete aus. 20-Jähriger erlitt einen Jochbeinbruch und wird monatelang ausfallen. Immer wieder Ärger.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Fußball verkehrt: Während des Spiels der Kreisliga D auf dem Sportplatz Zum Kirschbäumchen nahe des Prager Rings hat ein 36-jähriger Spieler des Munzurspor SV Aachen einen 20-jährigen Gegenspieler des FV Haaren III in übelster Weise attackiert. Zur Vorbereitung eines Freistoßes 18 Meter vor dem Tor legte sich der Jüngere den Ball zurecht, bückte sich und soll in dem Moment von dem Älteren mit Ankündigung und voller Wucht mit dem Knie gegen den Kopf getreten worden sein. Der 20-Jährige ging blutüberströmt zu Boden. Er wurde von zwei Mitspielern vom Feld geführt, wurde kurze Zeit ohnmächtig und mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Der 20-Jährige erlitt dabei eine schwere Gesichtsverletzung. Adi Hermanns, Vorsitzender des FV Haaren: „Ich habe in all meinen Fußball-Jahren als Spieler oder Trainer noch nie so etwas Brutales erlebt und hoffe dies auch nicht mehr erleben zu müssen.“

Der nach Ansicht von Hermanns „sehr schlechte Schiedsrichter“ habe weiterspielen lassen und erst nach einigen Minuten dem 36-Jährigen die gelb-rote Karte gegeben, wegen Meckerns und Foulspiels. „Die dritte Mannschaft von Haaren verließ darauf geschockt den Platz.“ Ordner der Heimmannschaft, die hätten eingreifen können, seien nicht zu sehen gewesen. Das Spiel der Kreisliga D wurde schließlich abgebrochen. Bei dem 20-Jährigen sei im Uniklinikum ein Jochbeinbruch und ein abgebrochener Zahn diagnostiziert worden. Der Verletzte werde am Mittwoch unter Vollnarkose operiert und bekomme mehrere Metallplatten ins Gesicht eingesetzt. „Er ist erst einmal sechs Wochen krank geschrieben und kann bis auf Weiteres keine feste Nahrung zu sich nehmen“, so Hermanns: „Er wird mindestens sechs bis neun Monate ausfallen, von der psychischen Belastung nach so einem brutalen Foul ganz abgesehen.“

In einem Telefonat habe der junge Mann ihm mitgeteilt, dass er wohl nie mehr Fußball spielen wolle. Die hässliche Tat, so Hermanns, müsse mit allen Mitteln bestraft werden, sowohl privat- wie auch sportrechtlich. Den strafrechtlichen Part übernimmt die Polizei. Sie ermittelt gegen den 36-jährigen Spieler wegen gefährlicher Körperverletzung.

Taner Yalcin, 1. Vorsitzender von Munzurspor SV, betrachtet den Ausrutscher dagegen eher als Einzelfall und kündigt rasche Konsequenzen an: „Der Spieler wird bestraft und nicht mehr eingesetzt.“ Überhaupt wolle man sich von derartigen Brutalitäten distanzieren.

„Nur Ghettos“

Anderer Ansicht ist Peter Büttgen, Vorsitzender der Spruchkammer des Fußballkreises Aachen: „Es gibt schon gewisse Ärgernisse mit bestimmten Leuten.“ Er sei jetzt seit 31 Jahren dabei und habe immer wieder ähnlich gelagerte Vorkommnisse erlebt. Auch den Zeitpunkt kann er eingrenzen: „Seitdem erlaubt wird, rein türkische Fußballvereine zu bilden. Das sind aus meiner Sicht nur Ghettos.“ Bei Mannschaften mit gemischten Nationalitäten „gibt es diese Probleme nicht“. Anfang des Jahres war erstmals eine Mannschaft von der Spruchkammer komplett für ein halbes Jahr gesperrt worden, der Burtscheider FC Destan, dessen Spieler sich diverse Undiszipliniertheiten erlaubt hatten. Zwei Spieler hatten daraufhin den Verein verlassen müssen, daraufhin stand der Verein unter Bewährung. Doch alle folgenden Präventionsmaßnahmen hätten bisher nicht viel genutzt, so Funktionär Büttgen weiter.

Die Mehrheit schaute einfach weg

Do, 11. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Video

Die Mehrheit schaute einfach weg

Menschenverachtende Fotos, rechtsextreme Sprüche: Ein 19-jähriger Polizeianwärter aus unserer Region beleidigt eine Kommilitonin mit Migrationshintergrund. Es dauert Monate, bis ein Kollege Anzeige erstattet.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Ein Fußball, auf dem groß ein Hakenkreuz prangt, die Unterschrift: „Mit dem Ball werden wir Weltmeister“, Bilder eines toten Schwarzen mit beleidigenden Sprüchen – es sind etliche solcher Bilder, die die Aachener Ermittler auf dem Handy eines 19-jährigen Polizeianwärters finden. Der Mann aus dem Bereich Düren, der seit September 2013 Polizeianwärter am Polizeipräsidium Aachen war, hatte im Oktober 2013, kurz nach Beginn der theoretischen Ausbildung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln, damit begonnen, eine Kommilitonin mit Migrationshintergrund zu beleidigen. Dass die 23-Jährige rassistisch beleidigt wurde, macht den Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach, betroffen. „Ich kann mich nicht stellvertretend für rassistische Äußerungen gegenüber der Kollegin entschuldigen – dafür wird der Beschuldigte selbst die Verantwortung tragen. Aber ich bedauere das sehr.“

Dass menschenverachtende und fremdenfeindliche Sprüche und Fotos in einer geschlossenen Handy-Chatgruppe verschickt werden und die junge Frau auch im persönlichen Kontakt rassistisch beleidigt wird, bekommen die Studienkollegen zwar mit – aber lediglich drei von 32 unterstützen sie. Das Opfer habe sich teilweise gewehrt, aber alleingelassen gefühlt, sagt Weinspach. Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass sich das Opfer selbst nicht zu einer Anzeige durchringen konnte.

Ausbilder bemerken nichts

An der Hochschule bemerkt kein Dozent etwas. „Wir sind bisher noch nie mit einem solchen Fall konfrontiert gewesen“, sagte Reinhard Mokros, Präsident der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Es gebe die Möglichkeit, solche Vorfälle zu melden. Die Polizeianwärter würden sensibilisiert: Die Kurse fahren regelmäßig nach Auschwitz, haben Politik- und Sozialwissenschaftskurse. Wer auf die Internetseite der Hochschule geht, sieht als einen der ersten Termine „Rechtsextremismus und Musik“. In dem betroffenen Kurs aber schaut die Mehrzahl der Kommilitonen weg. Polizeipräsident Weinspach ist besonders erschüttert, dass „man das Gefühl hat, dass diejenigen, die wegschauten, eher auf der Seite des Täters als auf der des Opfers standen“. Auch gegen sie wird jetzt ermittelt.

Als Anfang April dennoch einer der Kollegen die Aachener Behörde anonym per E-Mail über das rassistische Mobbing in Kenntnis setzt, werden Ermittlungen eingeleitet: Im Mai ist der Schreiber der Mail ermittelt und befragt, anschließend wird das Opfer befragt, auf Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses wird im Juni schließlich Datenmaterial vom Handy des Täters sichergestellt. Die Ermittler sichten Material von 10 840 Internetseiten. Erst im August steht fest, dass der 19-Jährige eindeutig rechtsextreme Bilder und Äußerungen gepostet hat. Der junge Mann wird befragt. Details zu dessen Aussagen wollte gestern niemand bekanntgeben. „Ich habe den Eindruck, dass er eine Affinität zu rechten Inhalten hat und damit provozieren will“, sagte Weins­pach. Es habe im Vorfeld aber keinen Hinweis auf solch eine Gesinnung gegeben. Der 19-Jährige habe laut bisherigen Erkenntnissen nicht in Kontakt zu einschlägigen rechten Parteien oder Kamerads chaften gestanden. Ob es zu einer Anklage kommt, ist noch unklar. Bei Verurteilungen wegen Beleidigung drohen Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft, wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole ebenfalls Geldstrafen oder bis zu zwei Jahre Haft.

Eindrücke aus der gestrigen Pressekonferenz in Aachen:

Video im Internet:

www.az-web.de

www.an-online.de

Die Polizeiausbildung in NRW

In Nordrhein-Westfalen dauert die Ausbildung zum Polizeibeamten drei Jahre. Die Polizeianwärter sind bei einem von zehn NRW-Polizeipräsidien angestellt. Das Polizeipräsidium Aachen ist eine dieser Ausbildungsbehörden und für die Städteregion Aachen, die Kreise Düren und Heinsberg sowie Teile des Rhein-Sieg-Kreises verantwortlich.

Die Polizeianwärter durchlaufen in den drei Jahren theoretische Ausbildungsblöcke über mehrere Monate an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV). Die von Aachen betreuten Kommissarsanwärter müssen dafür zum FHöV-Standort Köln. Zurzeit sind dort 4200 Polizeianwärter aus Aachen, Köln und Bonn. In 47 Polizeibehörden teilt sich die praktische Ausbildung in Trainingsbausteine mit Übungssituationen und Praxiseinsätzen. Dabei fahren die Polizeianwärter etwa als dritter Mann mit auf Streife.

Polizeianwärter mobbt Kollegin mit Hakenkreuz

Do, 11. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Polizeianwärter mobbt Kollegin mit Hakenkreuz

19-Jähriger aus der Region Düren wird nach monatelangen fremdenfeindlichen Äußerungen suspendiert. Opfer hat Migrationshintergrund.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Nach rassistischen und rechtsextremen Äußerungen gegenüber einer Studienkollegin mit Migrationshintergrund hat der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach einen Polizeianwärter mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Ein Entlassungsverfahren ist eingeleitet. Der 19-Jährige hatte die 23 Jahre alte Kollegin seit Oktober 2013 über mehrere Monate direkt und in sozialen Medien gemobbt. Opfer und Täter werden am Polizeipräsidium Aachen ausgebildet und stammen nach Informationen unserer Zeitung aus der Region Düren. Sie besuchten gemeinsam einen Ausbildungskurs an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln.

Kollegen haben weggesehen

Der Vorfall wurde erst bekannt, als ein weiterer Polizeianwärter aus dem Kurs die Straftat im April dieses Jahres anzeigte. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) lobte dessen Zivilcourage gegenüber unserer Zeitung: „Wenn Straftaten innerhalb der Polizei begangen werden, dann gibt es keine Neutralität, keine Kollegialität, sondern nur einen Weg: Anzeige.“

Die vorläufigen Auswertungen der Handydaten des 19-Jährigen belegen, dass er fremdenfeindliche Bilddateien über eine geschlossene Handy-Chatgruppe des Kurses verbreitet hatte. Zeugenaussagen bestätigten das ausländerfeindliche Mobbing. Der angehende Beamte hatte beispielsweise ein Hakenkreuz in den Textmarker der jungen Frau geritzt.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aachen laufen. Dabei könnten auch Beleidigung oder die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole in den Blick geraten, sagte Staatsanwalt Jost Schützeberg. Eine von Weinspach errichtete Ermittlungsgruppe, bestehend aus elf Aachener Ermittlern sowie vier Polizisten aus Köln und Bonn, soll nun klären, ob noch andere Auszubildende des Kurses an dem Mobbing beteiligt waren. „Es drohen weitere Suspendierungen“, kündigte Weinspach an.

Der aus 32 Anwärtern bestehende Kurs habe mehrheitlich weggesehen, lediglich drei Kollegen hätten die 23-Jährige unterstützt. „Sie hat trotz allem ihre positive Einstellung zur Polizei und zu ihren Kolleginnen und Kollegen behalten. Das beeindruckt mich sehr“, sagte Jäger gestern nach einem Treffen mit der jungen Frau. Die Polizei brauche junge motivierte Menschen mit Migrationshintergrund.  ▶ Region & NRW