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Mi, 6. Feb. 2013 Neonazis in der Region Aachen ordnen sich neu Mitglieder der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ gründen Kreisverbände der Partei „Die Rechte“. Auch „Kameradschaft Alsdorf Eupen“ ist aktiv. Aachen. Die rechtsradikale Szene der Region ist in Bewegung. Gut fünf Monate nach dem Verbot der „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass sich der harte Kern der verbotenen Neonazi-Organisation neu ordnet. Das Kommissariat „Rechts motivierte Kriminalität“ (Remok) der Polizei Aachen bestätigte auf Anfrage, dass ehemalige Mitglieder der KAL nun Funktionsträger in den am Wochenende neu gegründeten Kreisverbänden Aachen und Heinsberg der Partei „Die Rechte“ seien. Die seit 2012 existierende Partei positioniert sich nach eigenen Angaben politisch zwischen der rechtsradikalen Partei Pro NRW und der rechtsextremen NPD. Das NRW-Innenministerium prüft derzeit, ob „Die Rechte“ eine Ersatzorganisation für verbotene rechtsextreme Gruppierungen wie die KAL ist. Eine zweite rechtsradikale Organisation hat in den vergangenen Monaten in der Region für Aufmerksamkeit gesorgt: die „Kameradschaft Alsdorf Eupen“ (KAE). Erst vor wenigen Tagen beschädigten vermutlich Mitglieder der KAE die Außenfassade des Deutsch-Türkischen Kultur- und Sportvereins im Zentrum der Stadt Alsdorf mit Hakenkreuz-Schmierereien. Genau am 80. Jahrestag der „Machtübergabe“ an die NSDAP und Adolf Hitler am 30. Januar suchten Unbekannte in der Nacht das Haus heim, in dem auch eine Moschee untergebracht ist. Polizeisprecher Paul Kemen geht nicht davon aus, dass dies Zufall ist, wie er auf Anfrage unserer Zeitung sagt. Ziel, Datum und Vorgehensweise deuteten darauf hin, dass die Tat rechtsextremistisch motiviert ist. Deshalb ermittelt die Remok unter Leitung von Stephan Zenker auch im Fall der KAE. Bereits Anfang 2012 war die KAE durch rechtsradikale Schmierereien aufgefallen, sagt Remok-Leiter Zenker. Dass das aktuelle „Propagandadelikt“ in Alsdorf eine Reaktion auf das Verbot der KAL ist und die KAE ihre Aktivitäten wieder aufleben lässt, wurde nicht bestätigt. Der Polizei liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass Mitglieder der KAL zur KAE gewechselt sind. Zenker sagte: „Es gibt keine Hinweise, dass die KAE eine Nachfolgeorganisation der KAL ist. Es ist nicht bekannt geworden, dass Mitglieder der KAL zur KAE übergewechselt sind.“ Nach bisherigen Erkenntnissen sei die KAE eine vergleichsweise kleine Gruppierung. (ks/mik/ben) ▶ Die Seite drei „Es gibt keine Hinweise, dass die ,Kameradschaft Alsdorf Eupen’ eine Nachfolgeorgani-sation der ,Kameradschaft Aachener Land’ ist.“ Kriminalrat Stephan Zenker |
Archiv der Kategorie: Rechtsextremismus
„Die Rechte“: NRW prüft Verbot
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Fr, 1. Feb. 2013 „Die Rechte“: NRW prüft Verbot Neu gegründete Partei dient offenbar als Auffangbecken für die zerschlagenen Kameradschaften.So hat der Verfassungsschutz Hinweise darauf, dass auch in Aachen ein Kreisverband gegründet werden soll. Von Johannes Nitschmann Düsseldorf. Bei der in NRW neu gegründeten Partei „Die Rechte“ handelt es sich nach den Beobachtungen des Verfassungsschutzes um „ein Auffangbecken“ führender Aktivisten verbotener Neonazi-Organisationen. Bei Mitgliedern und Führungsstrukturen gebe es „deutliche Überschneidungen“, erklärte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes Burkhard Freier, gestern im Innenausschuss des Landtags. Das NRW-Innenministerium prüfe derzeit, ob diese rechtsextremistische Partei als „Ersatzorganisation“ der zerschlagenen Kameradschaften ebenfalls verboten werde müsse. „Die Rechte“ trete „sehr aggressiv und kämpferisch“ auf. Einige ihrer Mitglieder hätten Straftaten begangen, womöglich „auch im Namen der Partei“, sagte Freier. Die neue Partei lasse Bestrebungen erkennen, bei den Kommunalwahlen 2014 an Rhein und Ruhr und womöglich auch bei der kommenden Europawahl anzutreten. Bei beiden Wahlen entfällt die Fünf-Prozent-Hürde. Nach den Feststellungen des Verfassungsschutzes zählt die Neonazi-Partei derzeit landesweit 130 Mitglieder und unterhält sechs Kreisverbände in Dortmund, Hamm, Wuppertal, Mülheim, Rhein-Erftkreis sowie im Münsterland. Derzeit gebe es konkrete Anzeichen, dass in Aachen ein siebter Kreisverband gegründet werden solle, erklärte der Verfassungsschutzchef. Neben den Kameradschaften in Dortmund und Hamm war im Dezember auch die Kameradschaft Aachen-Land durch das Innenministerium verboten worden. Vermutlich handele es sich bei der Organisation „Die Rechte“ nicht um eine echte Partei, betonte Freier. Es bestehe vielmehr der Verdacht, dass das Parteiprivileg von den Rechtsextremisten missbraucht werde, auch um Straftaten zu verdecken. So sei „Die Rechte“ etwa mit dem bei bereits einschlägig in Erscheinung getretenen Versandhandel „Antimsem.it“ verflochten. Der Landesvorstand der Neonazi-Partei besteht laut Verfassungsschutz „vollständig“ aus ehemaligen Mitgliedern der verbotenen Kameradschaften. „Deren Ränder haben sich zwar aufgelöst, aber der harte Kern ist weiterhin aktiv“, berichtete Freier. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Partei „Die Rechte“, Dennis G., sei ebenso wie sein Stellvertreter Michael B. bei der verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ in führender Funktion tätig gewesen. Der Dortmunder Kreisverband der neonazistischen Partei werde von Siegfried B. angeführt, der sich als „Borussen-Siggi“ seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene tummele. Die Kreisverbände Mülheim und Rhein-Erft-Kreis werden nach den Beobachtungen des Verfassungsschutzes von ehemaligen NPD-Mitgliedern geführt, die offenkundig ein Verbot ihrer bisherigen Partei befürchten und sich ein neues Aktionsfeld suchen. Über ein Verbotsverfahren gegen „Die Rechte“ soll im Innenministerium frühestens Ende Februar entschieden werden. Es handele sich um „eine heikle Prüfung“ mit schwierigen juristischen Fragestellungen, erklärte der zuständige Abteilungsleiter Wolfgang Düren. Die Gründung von Ersatz- und Nachfolgeorganisationen sei den verbotenen rechtsextremistischen Gruppierungen nach dem Gesetz untersagt. Ku-Klux-Klan existiert auch in NRW Der rassistische Geheimbund Ku-Klux-Klan ist auch in NRW präsent. Der Verfassungsschutz habe mehrere Mitglieder des Ku-Klux-Klan (KKK) in NRW identifiziert, teilte das NRW-Innenministerium gestern dem Innenausschuss des Landtags auf Anfrage der CDU-Fraktion mit. Seit Juli 2011 gebe es auch einen Internet-Auftritt „Teutonische Ritter des Ku Klux Klan in Deutschland – Distrikt NRW“. Einige der Mitglieder seien bereits als Rechtsextremisten einschlägig bekannt. Die Zahl der Mitglieder betrage „unter zehn“. Besondere Aktivitäten seien nicht festzustellen. Im November 2011 sei in Köln ein Auftritt des bekannten ehemaligen KKK-Aktivisten und US-Amerikaners David Duke verhindert worden. Der Ku-Klux-Klan wurde 1865 gegründet. Berüchtigt wurde er durch grausame Gewalttaten gegen Schwarze im Süden der USA. |
Vier junge Neonazis und ein versuchter Totschlag
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Sa, 19. Jan. 2013 Vier junge Neonazis und ein versuchter Totschlag „Mache den Penner platt“: Angeklagte aus dem Kreis Heinsberg sollen einen Mann mit Flasche und Tritten schwer verletzt haben Von Wolfgang Schumacher Aachen/Wassenberg. Drei junge Männer im Alter von 16, 18 und 24 Jahren sind seit gestern wegen versuchten gemeinschaftlichen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor der Großen Jugendkammer am Aachener Landgericht angeklagt. Die 27-jährige Ehefrau vom Ältesten der drei muss sich wegen Anstiftung zum gemeinschaftlichen Totschlag und Körperverletzung verantworten. Der 24-jährige Stefan S. soll das 48-jährige Opfer zunächst beschimpft und dann mit einer Bierflasche ins Gesicht geschlagen haben, bis sie zerplatzte. Als das Opfer danach benommen am Boden lag, hätten sich alle drei Männer auf ihn gestürzt, ihn auf den Kopf geschlagen und heftig getreten. Das aus Heinsberg und Wassenberg stammende Quartett wird der rechten Szene um die seit August 2012 verbotene neonazistische „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) zugeordnet und soll vor der Tat abends am 28. September 2011 in einem Jugendheim am Wassenberger Kahnweiher lautstark Mitglieder für die in Stolberg beheimatete KAL angeworben haben. Bei Gesprächen mit Jugendlichen sollen sie Naziparolen wie „Sieg heil“ und „Heil Hitler“ geäußert haben, hieß es in der Anklageschrift. Als sich eine Außenstehende darüber ereiferte und sich einmischte, sei es zunächst zu einem Disput zwischen der 27-jährigen Nicole S. und der Frau gekommen. S. habe der Frau „einen schmerzhaften Schlag ins Gesicht“ versetzt, hieß es vor der Kammer unter Vorsitz von Richter Gerd Nohl. Dann habe sich der 48-Jährige eingemischt, um die beiden Frauen auseinanderzubringen. Es gab ein Handgemenge, dessen Ende der brutale Angriff auf das Opfer war. Als sich die Männer auf ihn stürzten, habe Nicole S. geschrien, sie sollten „den Penner plattmachen“, hieß es in der Anklageschrift. Dem jüngsten Angeklagten, der zur Tatzeit noch 15 Jahre alt war, werden in einer Zusatzanklage weitere Straftaten vorgeworfen. Danach soll er im Dezember 2011 in einem Linienbus Naziparolen verbreitet und Gleichaltrige mit Waffen wie einem sogenannten Totschläger bedroht haben. „Wenn du nicht die Klappe hältst, mach ich dir eine Kugel rein“, habe er bei seinem Angriff gedroht. Der Prozess geht am Freitag mit Einlassungen der Angeklagten weiter. |
Guter Rat zu teuer?
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Do, 17. Jan. 2013 Mobile Beratung gegen Rechts in NRW vor dem Aus Köln. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in NRW steht vor dem Aus. Zum Jahresende laufe das Bundesförderprogramm aus, mit dem das Projekt bislang finanziert worden sei, sagte Mitarbeiter Hendrik Puls gestern. Die Beratungseinrichtung mit Standorten in Köln, Münster, Schwerte, Vlotho und Wuppertal hat seit ihrer Gründung 2008 in mehr als 500 Fällen soziale Einrichtungen, Vereine, Schulen, Gemeinden, Stadtverwaltungen und Privatpersonen unterstützt und beraten. Von der Hakenkreuzschmiererei an der Schulwand über rechte Mitglieder im Sportverein bis hin zu einem neonazistischen Aufmarsch reichten die Anlässe, bei denen die Mitarbeiter die Ratsuchenden bei der Entwicklung von Gegenstrategien unterstützten. „Jetzt steht uns allerdings das Wasser bis zum Hals“, sagte Heiko Klare in Münster. Daher appellierten sie an Bund und Land, das Fortbestehen des Projektes sicherzustellen. Bislang waren die Beratungsstellen mit je 51 000 Euro im Jahr aus Mitteln des Familienministeriums unterstützt worden. Der Leiter des NS-Dokumentationszentrums in Köln, Werner Jung, forderte eine langfristige Finanzierung: „Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist Daueraufgabe einer demokratischen Gesellschaft.“ (epd) Kommentar: Und gerade eine Rot-grüne Regierung in NRW lässt Projekte gegen Rechtsextremismus sterben? Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich es für einen schlechten Scherz halten! |
Rückgrat gezeigt, Preis gewonnen
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Do, 6. Dez. 2012 Rückgrat gezeigt, Preis gewonnen Weil die NPD bei Facebook um Stimmen für „Golzheim aktiv“ wirbt, steigt die Interessengemeinschaft aus dem Wettbewerb um den Engagementpreis aus. Dafür erhält sie jetzt den Sonderpreis und 5000 Euro. Von Sarah Maria Berners Merzenich/Berlin. Die Chancen für die Interessengemeinschaft „Golzheim aktiv“ standen gut, es beim Rennen um den Deutschen Engagementpreis auf Platz 1 zu schaffen oder wenigstens die Nummer 2 zu werden. Doch dann kam plötzlich alles ganz anders, und aus Freude und Begeisterung wurden Enttäuschung und Wut. Wut auf die rechtsextreme NPD, die versuchte, den Verein für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Der 130 Mitglieder starke Verein „Golzheim aktiv“ setzt sich im 1300-Seelen-Dorf für das Miteinander der Generationen ein, bietet Kurse und Aktionen an, die es bislang nicht gab. Der Verein will, dass es Spaß macht, in Golzheim zu leben. Das Dorf soll Zukunft haben. Jemand fand das Engagement so lobenswert, dass er die Gemeinschaft für den Deutschen Engagementpreis vorschlug. Unter 2000 Nominierten hatte die IG es unter die ersten Zehn geschafft. Dann sollte das Publikum entscheiden. Die Golzheimer warben fleißig um Stimmen, riefen bei Facebook auf, der IG ihre Stimme zu geben. Obwohl Organisationen aus Großstädten zur Abstimmung standen, schafften es die Golzheimer kurz auf Platz 1 und stabilisierten sich dann auf dem zweiten Rang. Mehr Stimmen hatte nur „Endstation Rechts – Storch Heinar“ bekommen, ein Aufklärungsportal zum Thema Rechtsextremismus. Doch dann forderte Facebook-User „NPD – Die soziale Heimatpartei“ auf: „Den dauerbetroffenen Heulsusen von Endstation Rechts schnappen wir schön die Kohle weg. Abstimmen gegen Antideutsche!“ Dem folgte der Appell, für „Golzheim aktiv“ zu stimmen, und damit einem „heimatverbundenen Projekt“ zum Sieg zu verhelfen. In wenigen Stunden kamen mehrere Hundert Stimmen dazu. „Mit diesen Stimmen aus dem rechten Lager wollten wir die Abstimmung nicht gewinnen. Sie waren nicht für uns, sondern gegen ein anderes Projekt gerichtet“, sagt Maria Schoeller, die Vorsitzende der IG. „Golzheim aktiv“ sei kein politisch motivierter Verein. „Von rechtem Gedankengut distanzieren wir uns deutlich.“ Daher hatte die IG beschlossen, aus dem Wettbewerb auszusteigen. Dafür gab es Anfeindungen aus der rechten Szene, aber noch viel mehr Lob und Anerkennung – auch vom Bündnis für Gemeinnützigkeit, das den Engagementpreis auslobt. Kurzerhand wurde ein Sonderpreis ins Leben gerufen – „für die anerkennungswürdige Haltung, aufgrund fragwürdiger Unterstützung auf einen fast sicheren Preis zu verzichten.“ Gestern nahm die IG den mit 5000 Euro dotierten Preis in Berlin entgegen. Damit will sie einen wetterunabhängigen Treffpunkt im Dorf errichten. „Mit Stimmen aus dem rechten Lager wollten wir den Wettbewerb nicht gewinnen.“ Maria Schoeller, „Golzheim Aktiv“ |
Die braune Gewalt kehrt nach Hoyerswerda zurück
Die braune Gewalt kehrt nach Hoyerswerda zurück
Wieder gerät Hoyerswerda in die Schlagzeilen: Die Polizei muss ein Paar zum Schutz vor gewaltbereiten Neonazis an einen unbekannten Ort bringen. Es herrscht Angst – doch die Behörden sind ratlos.
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„Polizei ignorierte NSU-Spur“
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Mo, 26. Nov. 2012 WDR: NRW-Fahnder gingen Hinweisen nach Kölner Anschlag 2004 nicht nach Köln. Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden haben dem WDR zufolge offenbar konkrete Hinweise auf einen rechtsextremistischen Hintergrund des Kölner Nagelbombenanschlags vom Juni 2004 nicht verfolgt. Das zeigten bislang vertrauliche Unterlagen der Ermittlungsbehörden, erklärte das WDR-Politmagazin Westpol. Die Unterlagen lägen dem Magazin vor. Demnach hatten sogenannte Profiler von Landes- und Bundeskriminalamt schon kurz nach dem Anschlag in der von vielen Zuwanderern bewohnten Keupstraße mit ihren zahlreichen Geschäften auf ein ausländerfeindliches Motiv der Täter hingewiesen. Experten des Bundesamts für Verfassungsschutz hätten Parallelen zu einem Sprengstoffanschlag in London aufgezeigt, der von Rechtsextremisten verübt worden war, hieß es. Die Kölner Polizei und das nordrhein-westfälische Innenministerium hätten entschieden, diese Spuren nicht mit Nachdruck zu verfolgen und Erkenntnisse über einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Öffentlichkeit systematisch zu verschweigen, kritisierte das Magazin. So habe das Düsseldorfer Innenministerium das Landeskriminalamt schon wenige Stunden nach dem Anschlag angewiesen, den Fall nicht weiter als „terroristischen Anschlag“ einzustufen. Stattdessen gingen die Ermittler von einem Fall organisierter Kriminalität aus. Kritik am damaligen NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) äußerte erneut der zuständige NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, der Behrens am Donnerstag befragt hatte. CDU-Obmann Clemens Binninger kritisierte ein weiteres Mal nun auch dem WDR-Magazin gegenüber, dass weder der Innenminister noch der damalige Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sich zu dem Anschlag öffentlich geäußert hätten. Am 9. Juni 2004 hatte ein Sprengsatz in der Keupstraße im Kölner Stadtteil Mülheim 24 Menschen verletzt. Damals vermutete die Polizei einen Streit zwischen türkischen und kurdischen Geschäftsleuten als Motiv. Inzwischen wird der Anschlag der rechtsextremen Terrorgruppe NSU zugerechnet. (epd) |
Hunderte von antisemitischen Straftaten
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Mo, 12. Nov. 2012 Hunderte von antisemitischen Straftaten Allein im ersten Halbjahr 2012 und auch in Aachen verübt. Mahnwache vor der Synagoge zum Gedenken an die Pogromnacht 1938. Von Werner Czempas Aachen. „In Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt.” Solch unfassbar widerwärtiger Ekeldreck ist heute auf deutschen Straßen zu hören. An Abscheulichkeiten dieser Art wurde erinnert bei der alljährlichen Mahnwache vor der Aachener Synagoge zum Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Als in Deutschland vor 74 Jahren die jüdischen Gotteshäuser brannten, ging auch die Aachener Synagoge in Flammen auf. Der antisemitische Mob raste, legte, während Polizei und Feuerwehr tatenlos zuschauten, an der Synagoge mehrere Brandherde, zog zur Großkölnstraße und zerstörte dort die Geschäfte jüdischer Besitzer. 268 jüdische Aachener wurden verhaftet, in das Zwischenlager am Grünen Weg und von dort in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen deportiert. Zur Erinnerung an die immerwährende Schande des 9. November 1938, mit der der Völkermord an Millionen Menschen in ganz Europa begann, wurde auch in diesem Jahr unter dem Motto „Aus der Geschichte lernen – Für eine Zukunft frei von Nationalismus, Rassismus, Faschismus und Krieg” wieder von der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) eingeladen zur „Mahnwache an diesem denkwürdigen Platz”, so Moderatorin Alexandra Simon-Tönges. Rund 80 Personen waren zum Synagogenplatz an der Promenadenstraße zur wiederum beeindruckenden Stunde gekommen, unter ihnen etliche Politiker des sozialdemokratischen und linken Spektrums und auch DGB-Chef Ralf Woelk. „Wir erinnern heute dieser Reichspogromnacht von 1938 auch mit dem Blick auf die Gegenwart”, sagte Simon-Tönges. „Der Rechtsextremismus in Deutschland fordert uns täglich heraus. Wir müssen wachsam sein und streitbar bleiben gegenüber allen Formen von Rassismus und Antisemitismus.” Alle seien „gefragt zu handeln” und den Verursachern von alltäglichem Rassismus und Antisemitismus „besonnen und entschlossen” entgegenzutreten. Wie erforderlich das ist, zeigt eine lange Liste „fast alltäglicher” antisemitischer Aggressionen und Gewaltdelikte aus den vergangenen beiden Jahren. Aus deren Chronik zählten Birgit Valder und Tochter Lara eine Fülle erschreckender Beispiele auch aus Aachen auf. Allein 436 antisemitische Straftaten gab es im ersten Halbjahr 2012, davon 403 aus dem rechtsextremen Milieu verübt. Birgit Valder mahnte: „Wir können Nazis zwar nicht ihre Gesinnung verbieten, aber zumindest ihr öffentliches Auftreten.” Der junge Historiker Jens Lohmeier beschäftigte sich mit dem Komplex „Euthanasie und Holocaust – Zwei Seiten des nationalsozialistischen Rassenwahns”. In seinem bemerkenswerten Vortrag, der Eingang in den Schulunterricht finden sollte, belegte er die historischen Grundlagen und die Kontinuität eines seit dem vorvorigen Jahrhundert wachsenden rassistischen Antisemitismus’ auf der einen, basierend und genährt durch die sich verbreitende Auffassung und Lehre der Eugenik (Euthanasie) auf der anderen Seite. Auch der Rabbiner von Aachen, Max Mordechai Bohrer, war gekommen. Er sprach das Totengebet, mit dem so ergreifenden an- und abschwellenden Sprechgesang, zuerst in Hebräisch, dann ins Deutsche wechselnd mit den einleitend so poetisch-erhabenen Wort „Erbarmungsvoller, in den Höhen thronender Gott…” Ergreifend auch die von Illya Kiuila auf der Geige gespielten Stücke, Klezmermusik aus der jüdischen Volksmusiktradition, mal traurig erinnernd an einen Todesmarsch, mal jubilierend, den Holocaust überlebt zu haben, auch ein heiteres Kinderlied darunter und am Ende das „Shalom”, das Friedenslied. Organisatorische Gründe hatten es mit sich gebracht, dass die Mahnwache nicht traditionell am Abend des 9. November begangen werden konnte, sondern erst am Sonntag, dem „Elften im Elften” ab 11 Uhr. Zwei Steinwürfe weiter also schunkelten sich am Kugelbrunnen rund 800 Fastelovvendsjecke mit „So ein Tag, so wunderschön wie heute” in die Session. Doch Jecke und Mahner kamen sich akustisch nicht ins Gehege, auch nicht während der Schweigeminute vor der Synagoge. Wiewohl der UWG-Ratsherr Horst Schnitzler dabei ins Grübeln geriet, wie die Narren vor 74 Jahren noch hätten Karneval feiern können, wo doch die Synagoge schon in Schutt und Asche lag… „Wir können Nazis zwar nicht ihre Gesinnung verbieten, aber zumindest ihr öffentliches Auftreten.“ Birgit Valder, Chronistin |
Waffenerlaubnis von 99 Rechtsextremen im Fokus
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Mi, 10. Okt. 2012 Waffenerlaubnis von 99 Rechtsextremen im Fokus Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat eine Überprüfung von Mitgliedern der rechtsextremen Szene auf eine waffenrechtliche Erlaubnis bestätigt. Nach dem Aufdecken der NSU-Morde seien alle bekannten Rechtsextremisten überprüft worden, erklärte Jäger gestern in Düsseldorf. Bei 99 Rechtsextremisten sei ein Waffenschein beziehungsweise eine Waffenbesitzkarte ausgestellt worden. Die Waffenbehörden prüften derzeit in jedem Einzelfall, ob die Waffenerlaubnis nach geltendem Recht entzogen werden kann. „Wir wollen keine Waffen in den Händen von Neonazis. Wer sich aktiv gegen unsere Verfassung stellt, darf keine Schusswaffe legal besitzen“, sagte der Minister. „Der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist eine Daueraufgabe.“ Als Antwort auf eine parlamentarische Kleine Anfrage der Düsseldorfer Fraktion der Piraten listet das NRW-Innenministerium die Funde von 147 Waffen bei den im August verbotenen rechtsextremistischen Vereinigungen Kameradschaft Aachener Land, Nationaler Widerstand Dortmund und Kameradschaft Hamm auf. Bei lediglich einem Mitglied in Dortmund habe für drei Schusswaffen die erforderliche Genehmigung vorgelegen. Der Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis werde derzeit „mit Hochdruck“ von der Waffenbehörde Dortmund verfolgt, hieß es. Seit Anfang 2009 bis Mitte 2012 haben den Angaben nach Rechtsextremisten in NRW bei vier politisch motivierten Straftaten Schusswaffen eingesetzt. Kriminalstatistik Zudem wurden bei weiteren 140 Straftaten – darunter Körperverletzung, Nötigung, Landfriedensbruch und Raub – Gegenstände als Waffen eingesetzt. Erst seit 2012 werden in Nordrhein-Westfalen auch die nicht politisch motivierten Straftaten von Rechtsextremen in der polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesen. „Straftaten von Rechtsextremisten müssen auch als Straftaten von Rechtsextremisten benannt werden“, erklärte Jäger.(epd) |
Experte: Die rechtsextreme Szene wird immer radikaler
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Sa, 6. Okt. 2012 Experte: Die rechtsextreme Szene wird immer radikaler Fachhochschule Düsseldorf erforscht Entwicklungen rechter Gesinnung in Deutschland. Themen sind Gewalt und Fanatismus. Köln/Düsseldorf. Die rechtsextreme Szene in Nordrhein-Westfalen hat sich nach Einschätzung des Düsseldorfer Rechtsextremismusforschers Fabian Virchow zunehmend radikalisiert. Die rechtsex-treme Partei NPD sei auch in NRW durch Zusammenarbeit mit den sogenannten Kameradschaften neonazistischer geworden, sagte der Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus (Forena) an der Fachhochschule Düsseldorf gestern in Köln. Die inzwischen verbotenen Zusammenschlüsse „Kameradschaft Aachener Land“ und „Nationaler Widerstand Dortmund“ seien deutschlandweit ein Bezugspunkt für die Neonazi-Szene gewesen. Die rechte Szene in NRW habe zudem durch Gruppierungen wie „Pro Köln“ und den entsprechenden Ableger auf Landes- und Bundesebene maßgeblich den organisierten Rechtspopulismus hervorgebracht, erläuterte Virchow. Auch das Phänomen der „Autonomen Nationalisten“ ist nach Angaben von Virchow in NRW mit einer Reihe aktiver Gruppen in Dortmund relativ früh entstanden, erklärte der Sozialwissenschaftler. Aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des bundesweit einmaligen Hochschulschwerpunktes findet zurzeit eine Jubiläumstagung zu dem Thema statt. Forschungsziel der Zukunft ist nach Einschätzung von Virchow die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass Neonazis fanatisch werden und sich unterschiedlichen Gewaltniveaus zuwenden. Was folgt auf NPD-Verbot? Eine weitere Fragestellung, mit Vier Rechte aus dem Kreis Heinsberg angeklagt Ein brutaler Angriff auf einen 48-Jährigen in Wassenberg hat für drei Männer und eine Frau aus der rechten Szene ein juristisches Nachspiel. Die Aachener Staatsanwaltschaft erhob gestern gegen die Beschuldigten Anklage wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung, wie die Behörde mitteilte. Die mutmaßlichen Täter im Alter zwischen 16 und 26 Jahren aus Heinsberg und Wassenberg sollen vor einem Jahr vor einem Jugendtreff zunächst Mitglieder für die inzwischen verbotene Kameradschaft Aachener Land angeworben und nationalsozialistische Grußformeln gerufen haben. Dann pöbelten sie zwei Passanten an und schlugen einen zusammen. Nachdem das Opfer schon am Boden lag, prügelten und traten alle vier auf den Mann weiter ein. Er trug eine Platzwunde, Schnittwunden und Prellungen davon. (red) |