Rechtes Mobbing führt zu zweiter Suspendierung

Mi, 17. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Rechtes Mobbing führt zu zweiter Suspendierung

Aachen. Im Mobbing-Fall gegen eine Polizeianwärterin mit ausländischen Wurzeln hat die Aachener Polizei gestern einen zweiten Kollegen suspendiert. Der 22-Jährige aus der Städteregion Aachen hat wie der vor einer Woche suspendierte 19-jährige Polizeischüler rassistische und rechte Bilder in einer geschlossenen Handy-Chatgruppe (WhatsApp) des Polizeianwärter-Kurses veröffentlicht.

In beiden Fällen ist ein Entlassungsverfahren eingeleitet worden, wie Werner Schneider, Sprecher des Polizeipräsidiums Aachen gestern mitteilte. Weitere Suspendierungen werde es nicht geben. Die für die Polizeianwärter zuständigen Polizeipräsidien in Aachen, Köln und Bonn entscheiden jedoch, ob Schüler aus dem Kurs, die weggeschaut haben, Strafen wie einen Verweis oder eine Geldbuße erhalten werden. (mgu)   ▶ Region

Brutaler Tritt ins Gesicht: Fußballspiel wurde abgebrochen

Di, 16. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Brutaler Tritt ins Gesicht: Fußballspiel wurde abgebrochen

Spieler des SV Munzurspor rastete aus. 20-Jähriger erlitt einen Jochbeinbruch und wird monatelang ausfallen. Immer wieder Ärger.

Von Heiner Hautermans

Aachen. Fußball verkehrt: Während des Spiels der Kreisliga D auf dem Sportplatz Zum Kirschbäumchen nahe des Prager Rings hat ein 36-jähriger Spieler des Munzurspor SV Aachen einen 20-jährigen Gegenspieler des FV Haaren III in übelster Weise attackiert. Zur Vorbereitung eines Freistoßes 18 Meter vor dem Tor legte sich der Jüngere den Ball zurecht, bückte sich und soll in dem Moment von dem Älteren mit Ankündigung und voller Wucht mit dem Knie gegen den Kopf getreten worden sein. Der 20-Jährige ging blutüberströmt zu Boden. Er wurde von zwei Mitspielern vom Feld geführt, wurde kurze Zeit ohnmächtig und mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Der 20-Jährige erlitt dabei eine schwere Gesichtsverletzung. Adi Hermanns, Vorsitzender des FV Haaren: „Ich habe in all meinen Fußball-Jahren als Spieler oder Trainer noch nie so etwas Brutales erlebt und hoffe dies auch nicht mehr erleben zu müssen.“

Der nach Ansicht von Hermanns „sehr schlechte Schiedsrichter“ habe weiterspielen lassen und erst nach einigen Minuten dem 36-Jährigen die gelb-rote Karte gegeben, wegen Meckerns und Foulspiels. „Die dritte Mannschaft von Haaren verließ darauf geschockt den Platz.“ Ordner der Heimmannschaft, die hätten eingreifen können, seien nicht zu sehen gewesen. Das Spiel der Kreisliga D wurde schließlich abgebrochen. Bei dem 20-Jährigen sei im Uniklinikum ein Jochbeinbruch und ein abgebrochener Zahn diagnostiziert worden. Der Verletzte werde am Mittwoch unter Vollnarkose operiert und bekomme mehrere Metallplatten ins Gesicht eingesetzt. „Er ist erst einmal sechs Wochen krank geschrieben und kann bis auf Weiteres keine feste Nahrung zu sich nehmen“, so Hermanns: „Er wird mindestens sechs bis neun Monate ausfallen, von der psychischen Belastung nach so einem brutalen Foul ganz abgesehen.“

In einem Telefonat habe der junge Mann ihm mitgeteilt, dass er wohl nie mehr Fußball spielen wolle. Die hässliche Tat, so Hermanns, müsse mit allen Mitteln bestraft werden, sowohl privat- wie auch sportrechtlich. Den strafrechtlichen Part übernimmt die Polizei. Sie ermittelt gegen den 36-jährigen Spieler wegen gefährlicher Körperverletzung.

Taner Yalcin, 1. Vorsitzender von Munzurspor SV, betrachtet den Ausrutscher dagegen eher als Einzelfall und kündigt rasche Konsequenzen an: „Der Spieler wird bestraft und nicht mehr eingesetzt.“ Überhaupt wolle man sich von derartigen Brutalitäten distanzieren.

„Nur Ghettos“

Anderer Ansicht ist Peter Büttgen, Vorsitzender der Spruchkammer des Fußballkreises Aachen: „Es gibt schon gewisse Ärgernisse mit bestimmten Leuten.“ Er sei jetzt seit 31 Jahren dabei und habe immer wieder ähnlich gelagerte Vorkommnisse erlebt. Auch den Zeitpunkt kann er eingrenzen: „Seitdem erlaubt wird, rein türkische Fußballvereine zu bilden. Das sind aus meiner Sicht nur Ghettos.“ Bei Mannschaften mit gemischten Nationalitäten „gibt es diese Probleme nicht“. Anfang des Jahres war erstmals eine Mannschaft von der Spruchkammer komplett für ein halbes Jahr gesperrt worden, der Burtscheider FC Destan, dessen Spieler sich diverse Undiszipliniertheiten erlaubt hatten. Zwei Spieler hatten daraufhin den Verein verlassen müssen, daraufhin stand der Verein unter Bewährung. Doch alle folgenden Präventionsmaßnahmen hätten bisher nicht viel genutzt, so Funktionär Büttgen weiter.

Die Mehrheit schaute einfach weg

Do, 11. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Video

Die Mehrheit schaute einfach weg

Menschenverachtende Fotos, rechtsextreme Sprüche: Ein 19-jähriger Polizeianwärter aus unserer Region beleidigt eine Kommilitonin mit Migrationshintergrund. Es dauert Monate, bis ein Kollege Anzeige erstattet.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Ein Fußball, auf dem groß ein Hakenkreuz prangt, die Unterschrift: „Mit dem Ball werden wir Weltmeister“, Bilder eines toten Schwarzen mit beleidigenden Sprüchen – es sind etliche solcher Bilder, die die Aachener Ermittler auf dem Handy eines 19-jährigen Polizeianwärters finden. Der Mann aus dem Bereich Düren, der seit September 2013 Polizeianwärter am Polizeipräsidium Aachen war, hatte im Oktober 2013, kurz nach Beginn der theoretischen Ausbildung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln, damit begonnen, eine Kommilitonin mit Migrationshintergrund zu beleidigen. Dass die 23-Jährige rassistisch beleidigt wurde, macht den Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach, betroffen. „Ich kann mich nicht stellvertretend für rassistische Äußerungen gegenüber der Kollegin entschuldigen – dafür wird der Beschuldigte selbst die Verantwortung tragen. Aber ich bedauere das sehr.“

Dass menschenverachtende und fremdenfeindliche Sprüche und Fotos in einer geschlossenen Handy-Chatgruppe verschickt werden und die junge Frau auch im persönlichen Kontakt rassistisch beleidigt wird, bekommen die Studienkollegen zwar mit – aber lediglich drei von 32 unterstützen sie. Das Opfer habe sich teilweise gewehrt, aber alleingelassen gefühlt, sagt Weinspach. Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass sich das Opfer selbst nicht zu einer Anzeige durchringen konnte.

Ausbilder bemerken nichts

An der Hochschule bemerkt kein Dozent etwas. „Wir sind bisher noch nie mit einem solchen Fall konfrontiert gewesen“, sagte Reinhard Mokros, Präsident der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Es gebe die Möglichkeit, solche Vorfälle zu melden. Die Polizeianwärter würden sensibilisiert: Die Kurse fahren regelmäßig nach Auschwitz, haben Politik- und Sozialwissenschaftskurse. Wer auf die Internetseite der Hochschule geht, sieht als einen der ersten Termine „Rechtsextremismus und Musik“. In dem betroffenen Kurs aber schaut die Mehrzahl der Kommilitonen weg. Polizeipräsident Weinspach ist besonders erschüttert, dass „man das Gefühl hat, dass diejenigen, die wegschauten, eher auf der Seite des Täters als auf der des Opfers standen“. Auch gegen sie wird jetzt ermittelt.

Als Anfang April dennoch einer der Kollegen die Aachener Behörde anonym per E-Mail über das rassistische Mobbing in Kenntnis setzt, werden Ermittlungen eingeleitet: Im Mai ist der Schreiber der Mail ermittelt und befragt, anschließend wird das Opfer befragt, auf Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses wird im Juni schließlich Datenmaterial vom Handy des Täters sichergestellt. Die Ermittler sichten Material von 10 840 Internetseiten. Erst im August steht fest, dass der 19-Jährige eindeutig rechtsextreme Bilder und Äußerungen gepostet hat. Der junge Mann wird befragt. Details zu dessen Aussagen wollte gestern niemand bekanntgeben. „Ich habe den Eindruck, dass er eine Affinität zu rechten Inhalten hat und damit provozieren will“, sagte Weins­pach. Es habe im Vorfeld aber keinen Hinweis auf solch eine Gesinnung gegeben. Der 19-Jährige habe laut bisherigen Erkenntnissen nicht in Kontakt zu einschlägigen rechten Parteien oder Kamerads chaften gestanden. Ob es zu einer Anklage kommt, ist noch unklar. Bei Verurteilungen wegen Beleidigung drohen Geldstrafen oder bis zu drei Jahren Haft, wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole ebenfalls Geldstrafen oder bis zu zwei Jahre Haft.

Eindrücke aus der gestrigen Pressekonferenz in Aachen:

Video im Internet:

www.az-web.de

www.an-online.de

Die Polizeiausbildung in NRW

In Nordrhein-Westfalen dauert die Ausbildung zum Polizeibeamten drei Jahre. Die Polizeianwärter sind bei einem von zehn NRW-Polizeipräsidien angestellt. Das Polizeipräsidium Aachen ist eine dieser Ausbildungsbehörden und für die Städteregion Aachen, die Kreise Düren und Heinsberg sowie Teile des Rhein-Sieg-Kreises verantwortlich.

Die Polizeianwärter durchlaufen in den drei Jahren theoretische Ausbildungsblöcke über mehrere Monate an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV). Die von Aachen betreuten Kommissarsanwärter müssen dafür zum FHöV-Standort Köln. Zurzeit sind dort 4200 Polizeianwärter aus Aachen, Köln und Bonn. In 47 Polizeibehörden teilt sich die praktische Ausbildung in Trainingsbausteine mit Übungssituationen und Praxiseinsätzen. Dabei fahren die Polizeianwärter etwa als dritter Mann mit auf Streife.

Polizeianwärter mobbt Kollegin mit Hakenkreuz

Do, 11. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Titel Aachen / Seite 1

Polizeianwärter mobbt Kollegin mit Hakenkreuz

19-Jähriger aus der Region Düren wird nach monatelangen fremdenfeindlichen Äußerungen suspendiert. Opfer hat Migrationshintergrund.

Von Madeleine Gullert

Aachen. Nach rassistischen und rechtsextremen Äußerungen gegenüber einer Studienkollegin mit Migrationshintergrund hat der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach einen Polizeianwärter mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert. Ein Entlassungsverfahren ist eingeleitet. Der 19-Jährige hatte die 23 Jahre alte Kollegin seit Oktober 2013 über mehrere Monate direkt und in sozialen Medien gemobbt. Opfer und Täter werden am Polizeipräsidium Aachen ausgebildet und stammen nach Informationen unserer Zeitung aus der Region Düren. Sie besuchten gemeinsam einen Ausbildungskurs an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in Köln.

Kollegen haben weggesehen

Der Vorfall wurde erst bekannt, als ein weiterer Polizeianwärter aus dem Kurs die Straftat im April dieses Jahres anzeigte. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) lobte dessen Zivilcourage gegenüber unserer Zeitung: „Wenn Straftaten innerhalb der Polizei begangen werden, dann gibt es keine Neutralität, keine Kollegialität, sondern nur einen Weg: Anzeige.“

Die vorläufigen Auswertungen der Handydaten des 19-Jährigen belegen, dass er fremdenfeindliche Bilddateien über eine geschlossene Handy-Chatgruppe des Kurses verbreitet hatte. Zeugenaussagen bestätigten das ausländerfeindliche Mobbing. Der angehende Beamte hatte beispielsweise ein Hakenkreuz in den Textmarker der jungen Frau geritzt.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aachen laufen. Dabei könnten auch Beleidigung oder die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole in den Blick geraten, sagte Staatsanwalt Jost Schützeberg. Eine von Weinspach errichtete Ermittlungsgruppe, bestehend aus elf Aachener Ermittlern sowie vier Polizisten aus Köln und Bonn, soll nun klären, ob noch andere Auszubildende des Kurses an dem Mobbing beteiligt waren. „Es drohen weitere Suspendierungen“, kündigte Weinspach an.

Der aus 32 Anwärtern bestehende Kurs habe mehrheitlich weggesehen, lediglich drei Kollegen hätten die 23-Jährige unterstützt. „Sie hat trotz allem ihre positive Einstellung zur Polizei und zu ihren Kolleginnen und Kollegen behalten. Das beeindruckt mich sehr“, sagte Jäger gestern nach einem Treffen mit der jungen Frau. Die Polizei brauche junge motivierte Menschen mit Migrationshintergrund.  ▶ Region & NRW

Brutale Räuber erbeuten Handys in Serie

Di, 2. Sep. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Brutale Räuber erbeuten Handys in Serie

Nicht weniger als neun Überfälle innerhalb relativ kurzer Zeit. Polizei sieht einige Zusammenhänge und setzt Sonderstreifen an.

Aachen. Eine Bande junger Männer zieht marodierend durch Aachen und überfällt vor allem Nachtschwärmer, denen gewaltsam Handys und Bargeld gestohlen wird. So ereigneten sich am Wochenende innerhalb kurzer Zeit nicht weniger als neun Raubüberfälle in der Innenstadt und im Hochschulviertel. Die nahe beieinander liegenden Tatorte, die Begehungsweise und die Anzahl der Täter sprachen dafür, dass die räuberischen Attacken von denselben jungen Leuten verübt wurden. Polizeisprecher Werner Schneider: „Wir prüfen die Zusammenhänge, aber das muss man sich im Detail angucken.“ Dabei wurde ein hohes Aggressionspotenzial gezeigt.

So verlangten am Samstagmorgen gegen 3.10 Uhr vier Unbekannte von einem Mann die Herausgabe seines Handys. Vor einem Internetcafé an der Kurhausstraße bedrohten sie ihn mit einem Messer. Weil der Bedrohte dieser Forderung dennoch nicht nachkam, schlug ein Täter ihm mit der Faust gegen den Kopf und zog anschließend sein Handy aus der Hosentasche. Dann flüchteten die vier Räuber in Richtung Blondelstraße. Das Opfer verfolgte die Tätergruppe zunächst, verlor sie dann jedoch aus den Augen. Das Opfer beschrieb die vier Täter als Jugendliche südländischer Herkunft, mit dunklen Haaren und dunkler Kleidung. Während der Tat sollen sie sich in arabisch klingender Sprache unterhalten haben. Eine sofortige Fahndung verlief ohne Erfolg.

Geld für Döner geliehen

Gegen 7 Uhr der nächste Überfall von drei Tätern auf einen 28-jährigen Mann im Bereich der Antoniusstraße, entwendet wurde Bargeld. Einige Zeit zuvor hatten offenbar dieselben Personen ihn um Geld für einen Döner angebettelt, was dieser ihnen auch gab. Dabei sahen sie, wo der 28-jährige sein Geld in der Kleidung aufbewahrte, und warteten einen günstigen Augenblick ab, um ihn auszurauben. Das Opfer wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Der Mann beschreibt die Täter als etwa 30 Jahre alt, 1,60, 1,70 und 1,80 Meter groß, vermutlich türkischer Herkunft.

Gut eine halbe Stunde später überfielen vier Täter einen Mann in der Straße Bädersteig (nahe Büchel). Zunächst wurde er von der Personengruppe angegangen und zusammengeschlagen. Dabei entwendeten die Täter etwa 400 Euro Bargeld. Das Opfer wurde ebenfalls ins Krankenhaus gebracht. Gegen 22 Uhr der nächste Fall, wieder ging es um ein Handy. Dabei wurde ein 28-Jähriger im Bereich Lütticher Straße von zwei Männern mit Schlägen bedroht und zur Herausgabe des Handys genötigt. Das Opfer blieb unverletzt.

Gegen 23.30 Uhr am Bushof war ebenfalls das Handy Ziel eines Räubers. Dieser riss einem 15-Jährigen das Handy aus der Hand und flüchtete. Das jugendliche Opfer verfolgte den Täter und versuchte ihn zu stellen. Dabei wurde er noch von einem Faustschlag getroffen, blieb zum Glück jedoch unverletzt. Der Täter konnte entkommen.

Am frühen Sonntagmorgen war ein 23-jähriger Aachener in der Junkerstraße Opfer eines Überfalls. Nach seinen Angaben ging er gegen 4.20 Uhr auf dem Templergraben in Richtung Karlsgraben, als er von drei Männern von hinten festgehalten, gewürgt und geschlagen wurde. Anschließend raubten die Täter seine Geldbörse, sein Handy und flüchteten. Das Opfer erlitt eine blutende Wunde über dem rechten Auge und am Kopf. Ein vorbeikommender Passant kümmerte sich um ihn und verständigte die Polizei. Da der Mann über akute Schwindelgefühle klagte, wurde er ins Krankenhaus gebracht. Ein Täter soll ca. 1,90 groß gewesen sein. Eine sofort eingeleitete Fahndung verlief ohne Erfolg.

Wenig später, gegen 6 Uhr, überfielen dann zwei Täter einen Mann in der Wilhelmstraße und erbeuteten eine Geldbörse. Der Überfallene beschreibt die geflüchteten Täter als dunkelhäutig.

Ziel eines Raubes wenige Minuten später waren Geldbörse und Handy. Dabei wurde ein 31-Jähriger in der Lothringer Straße von zwei dunkelhäutigen Tatverdächtigen angegangen und zu Boden geworfen. Mit dem Raubgut flüchteten sie anschließend. Das Opfer blieb unverletzt. Ebenfalls von mehreren Tatverdächtigen wurde ein Mann gegen 6.05 Uhr in der Monheimsallee, Nähe Quellenhof, beraubt. Zunächst hatten die Täter das Opfer nach einer Zigarette gefragt, ihn dann zusammengeschlagen und sein Bargeld geraubt. Anschließend flüchteten sie.

Auch in Zivil

Nach Auskunft von Sprecher Schneider ist die Anzahl der von Jugendlichen verübten Raubüberfälle bis Mitte des Jahre zurückgegangen. Auf die jetzige Häufung werde man mit verstärkten Einsätzen reagieren – auch in Zivil. (hau)

Dreimal Notruf 110 – und niemand geht ran

Mi, 20. Aug. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 13

Südviertel-Bewohner hört einen Alarm, er erreicht aber die Polizei erst nach zehn Minuten. 6700 Anrufe pro Jahr „gehen verloren.“

Von Heiner Hautermans

Aachen. Nachts ertönte in einem Haus am Luxemburger Ring, also eine der feineren Wohngegenden der Stadt, eine Alarmsirene. Ein Nachbar reagierte und wählte den Notruf 110, um eine unangenehme Überraschung zu erleben: „Erst nach Ablauf von etwa zehn Minuten hat sich beim dritten Telefonat jemand gemeldet. Von mir auf die vorhergehenden vergeblichen Versuche angesprochen, sagte ein Mitarbeiter, es seien halt alle Kollegen beschäftigt gewesen.“ So schildert der Nachbar, der ehemalige Beigeordnete Dr. Heiner Jüttner, den Vorfall in der Nacht zum 20. Juli. Der Fall ließ ihm keine Ruhe: „Als ich Bekannten mein Erlebnis schilderte, erntete ich zunächst nur ungläubiges Staunen, das dann in Entsetzen umschlug. Niemand konnte sich vorstellen, dass der Polizeinotruf nicht erreichbar sein könnte.“

Jüttner schritt zur Tat und verfasste einen geharnischten Brief an das Polizeipräsidium. „Ich halte eine solche Nicht-Erreichbarkeit des Notrufs für untragbar. In meinem Fall war die Verzögerung wahrscheinlich nicht besonders schlimm. Ich kann mir jedoch eine Reihe von Situationen vorstellen, wo die Betroffenen auf sofortigen Kontakt angewiesen sind oder vielleicht gar nicht in der Lage sind, mehrfach anzurufen.“ Schließlich gebe es heute eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten, die sogar ihm als Laien sofort einfielen, etwa die Umschaltung auf eine andere Dienststelle, ein Polizeifahrzeug oder die Feuerwehr: „Das Mindeste wäre, wenn der Anruf aufgezeichnet würde.“

Beantwortet wurde der Brief von der Leitenden Regierungsdirektorin Bärbel Feldmann-Beuß, der Stellvertreterin des Polizeipräsidenten. Sie schilderte noch einmal die „angespannte Einsatz- und Notruflage“ in jener Nacht: „Bei einem hohen Einsatzaufkommen kann es ausnahmsweise zu einer längeren Wartezeit kommen. Dafür bitte ich um Ihr Verständnis. Unsere technischen Möglichkeiten werden zudem fortlaufend optimiert, um Notrufe möglichst schnell entgegenzunehmen.“ Man werde Jüttners Anregungen jedoch gerne aufnehmen.

Schreiben an den Minister

Damit wollte sich der Südviertel-Bewohner jedoch nicht zufrieden geben und verfasste dieserhalb ein Schreiben an Innenminister Ralf Jäger: „Die Antwort ist leider derartig nichtssagend, dass ich es für notwendig halte, mich an Sie persönlich zu wenden.“ Er sei der Überzeugung, dass der Polizeinotruf stets erreichbar sein müsse und auch eine angespannte Personallage dem nicht entgegenstehen dürfe. Selbst wenn diese nicht kurzfristig verbessert werden könne, müssten die vorhandenen technischen Möglichkeiten genutzt werden, um die ständige Erreichbarkeit sicherzustellen: „Ich bin sicher, dass meine Forderung der Erwartungshaltung der meisten Mitbürger entspricht.“

Weitere Nachforschungen der „Nachrichten“ ergaben, dass derartige Fälle der „sehr angespannten Notruf- und Einsatzlage“ gar nicht so selten sind – im Gegenteil. „Über 161 000 Notrufe gehen bei unserer Leitstelle in Aachen jährlich ein. Etwa 6700 Notrufe können nicht angenommen werden. Das sind umgerechnet 4,2 Prozent“, sagt Polizeisprecher Paul Kemen. In der Regel dauere es den Anrufern zu lange, bis abgenommen werde oder es melde sich niemand, weil die Auslastung erreicht sei. Dies komme vor allem bei Ereignissen vor, bei denen viele Anrufer per Notruf von ein und derselben Feststellung berichteten (etwa Feuer, schwerer Unfall, Wetter….). „Im Landesvergleich sind wir noch eine der Behörden, bei der die wenigsten Notrufe verloren gehen. In der Notrufbearbeitung haben wir mit etwa 1,5 Sekunden gar einen Spitzenwert“, rückt der Sprecher die Zahl der „verloren gegangenen Anrufe“ in die rechte Dimension.

„Nicht in Sicht“

Große Hoffnung auf schnelle Besserung kann Kemen nicht machen: „Eine andere Lösung ist derzeit nicht in Sicht. Wir raten den Leuten, wenn sie tatsächlich nicht angenommen werden sollten, in ganz dringenden Fällen, wenn die Umstände es zulassen, noch einmal zu wählen oder die 112 anzurufen. Umgekehrt ist es auch so, dass uns Menschen anrufen, wenn sie unter der 112 nicht durchkamen oder generell nicht mehr weiter wissen. Wir sind eng vernetzt.“

Rechter Angriff nach WM-Spiel löst Kritik aus

Di, 8. Jul. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokales / Seite 17

Rechter Angriff nach WM-Spiel löst Kritik aus

Vertreter des linken Spektrums von Hooligans auf dem Synagogenplatz attackiert und verletzt. Kneipe demoliert. AZ beklagt: „Unter den Augen der Polizei.“

Aachen. Die Schlägerei zwischen „Fußballfans“ nach dem WM-Spiel der deutschen Nationalelf gegen Frankreich am vergangenen Freitag wird die Aachener Polizei wohl noch eine Weile beschäftigen. Die Ermittlungsgruppe „Remok“ – spezialisiert auf rechtsmotivierte Kriminalität – soll das Geschehen auf dem Synagogenplatz aufklären. Im Raum stehen die Delikte Landfriedensbruch, Körperverletzung und Volksverhetzung. In einer Stellungnahme des links orientierten Autonomen Zentrums (AZ) ist von „Naziangriffen“ die Rede, die Piraten-Fraktion im Stadtrat verurteilt die „jüngste Gewalt von Rechts“.

Nach Angaben der Polizei hatten etwa 50 Personen nach dem Viertelfinal-Spiel auf dem Synagogenplatz Bengalos gezündet. Darunter waren laut Polizei auch „mehrere Personen, die der rechten Szene zugeordnet werden“. Die naheliegende Gaststätte, aus der sie kamen, bezeichnet das Autonome Zentrum in seiner Stellungnahme als „einschlägig bekannte rechte Hooligankneipe“.

Auf dem Platz hätten rechte Hooligans und Neonazis aus dem Umfeld der Fanszene von Alemannia Aachen ihre Verbundenheit mit einem „Kameraden“ bekundet, der nach einem Unfall im Krankenhaus liege. Dabei wurde nach Darstellung des AZ auch der Hitlergruß gezeigt und eine Reichskriegsflagge geschwenkt. Eine vor der Synagoge platzierte Polizeistreife habe diesem Treiben „tatenlos zugesehen“, monieren die Vertreter des linken Spektrums. Als einer der Ihren den Platz überquerte, um die Beamten auf den Hitlergruß aufmerksam zu machen, sei er „unvermittelt aus der Gruppe heraus angegriffen“ worden.

Nach Angaben der Polizei habe der 58-Jährige „aus dem hiesigen linken Spektrum“ die Gruppe auf ihr Verhalten angesprochen, über die „Art und Weise des Ansprechens wie auch zum nachfolgenden Geschehenablauf“ gebe es „unterschiedliche Angaben“. Klar ist, dass der 58-Jährige von Personen aus der Gruppe verfolgt wurde und in eine nahegelegene Gaststätte flüchtete.

Dort ging es dann weiter zur Sache. Nicht nur der 58-Jährige, sondern auch eine weitere Person trugen laut Polizei leichte Verletzungen davon, auch ging diverses Mobiliar zu Bruch. Nach AZ-Darstellung dauerte es 15 Minuten, bis die Polizei vor Ort erschien. Die Angreifer hätten sich dann „unbehelligt“ in ihre Hooligan-Kneipe zurückziehen können. Die Polizei verweist hingegen darauf, dass die Beamten ihnen in die Gaststätte gefolgt seien und die Personalien festgestellt hätten.

Während die Remok-Ermittler nun der Sache nachgehen, will die Piratenpartei den Vorfall beim nächsten „Runden Tisch gegen Rechts“ zur Sprache bringen. (wb)

Bürgerwehren gehen lieber selbst auf Verbrecherjagd

Nachrichten-Artikel vom 10.05.2014 11:28

Die Zahl der Einbruchsdelikte in Deutschland steigt von Jahr zu Jahr. Viele Menschen fühlen sich von der Polizei nicht mehr ausreichend geschützt – und nehmen ihre Sicherheit selbst in die Hand.

Den Artikel können Sie hier lesen: http://www.welt.de/finanzen/immobilien/article127846568/Buergerwehren-gehen-lieber-selbst-auf-Verbrecherjagd.html

Kommentar: In anderen Staaten funktioniert die Beteiligung und Mitarbeit der Bürger bei der Sicherheit sehr gut, Beispiel Israel. Wenn die Polizei nicht für Sicherheit sorgt, was sie offensichtlich z.B. im Bereich Einbruch nicht kann, müssen neue Wege gegangen werden, warum nicht?

Und für den, der sich nicht auskennt:  

§ 32
Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

§ 34
Rechtfertigender Notstand

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Was uns die Alemannia Aachen kostet

Sa, 10. Mai. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Lokaltitel Aachen / Seite 15

Der Stadt droht ein 30-Millionen-Loch

Gewerbesteuer-Einnahmen scheinen deutlich hinter den Erwartungen zu liegen. Kämmerin: „Es ist unbestritten eng.“

Von Gerald Eimer

Aachen. Die Gewerbesteuer-Einnahmen fallen in Aachen in diesem Jahr möglicherweise drastisch niedriger aus als erhofft. Darauf hat Kämmerin Annekathrin Grehling jetzt die Finanzpolitiker vorbereitet. Aktuell liegen die Sollstellungen lediglich bei rund 170 Millionen Euro. Kalkuliert sind hingegen Einnahmen in Höhe von etwas über 200 Millionen Euro. Ob und wie die Lücke von gut 30 Millionen Euro in einem auf Kante genähten Haushalt geschlossen werden kann, ist derzeit völlig offen.

Noch will die Kämmerin nicht wirklich Alarm schlagen, doch zur Beruhigung geben die nach dem ersten Quartal ausgewerteten Zahlen wahrlich keinen Anlass. Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Um die Stadt aus den tiefroten Zahlen rauszuholen, hat der Aachener Rat erst für dieses Jahr den Hebesatz auf 475 Punkte angehoben. 16 Millionen Euro zusätzlich sollte das bringen. Doch die wirtschaftliche Entwicklung scheint derzeit dagegen zu sprechen.

Löcher von 30 bis 40 Millionen Euro habe es auch in früheren Jahren schon gegeben, gibt sich Grehling noch halbwegs gelassen. „Das ist nicht ganz ungewöhnlich“, sagt sie. Auch zeigten weitere Zahlen, dass die Stadt im Grunde „wirtschaftlich stabil“ dastehe. Ein leichtes Plus gebe es etwa bei der Einkommensteuer, im Plan liege die Umsatzsteuer. Dennoch bleibt die Frage: Was passiert, wenn das sich nun abzeichnende Loch bei der Gewerbesteuer nicht geschlossen werden kann.

„Es ist unbestritten eng“, sagt Grehling. Doch über Gegenmaßnahmen will sie frühestens Ende Juli sprechen, wenn die Auswertung des zweiten Quartals vorliegt. Dann aber muss sie womöglich die Keule „Verfügungssperre“ schwingen. „Dann kann ich nur noch bei den Ausgaben knabbern“, sagt sie.

Die FDP, die zu den schärfsten Kritikern der Gewerbesteuererhöhung zählt, fühlt sich von der jetzigen Entwicklung bereits bestätigt. Es gebe viele Stundungsanträge, weil kleinere Unternehmen an der Grenze der Belastbarkeit angekommen seien. „Dieses Geld fehlt dann der Stadt“, sagt etwa Fraktionschef Wilhelm Helg. Auch gebe es bereits Firmenverlagerungen, weil die Steuersätze in den Nachbarkommunen niedriger sind. Doch Grehling widerspricht: „Abwanderungstendenzen sind für mich nicht zu erkennen.“ Und mit Stundungsanträgen habe sie – aus unterschiedlichsten Gründen – seit jeher zu tun. Derzeit liegen nicht mehr als sonst auf ihrem Tisch, versichert sie. Auf die jetzt vorliegenden Zahlen hätte die Frage der Fälligkeit aber ohnehin keinen Einfluss.

Die Lage ist gleichwohl bedenklich und dürfte dem neuen Rat die Arbeit nicht erleichtern. Und während Bundesfinanzminister Schäuble der Regierung in Berlin ein neues Steuerplus prognostiziert, wird Grehling nahezu zeitgleich vor Augen geführt, wie es in den Niederungen der Kommunen zugeht.

 

Fr, 9. Mai. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Region AN Titel / Seite 9

Bürgschaften werden zur Bürde

Das Land NRW hat seit 2000 für zehn neue Fußballstadien gebürgt – insgesamt mit einer Summe von 126,7 Millionen Euro. In Aachen und Duisburg muss das Land einspringen: mit fast 36 Millionen Euro.

Von Marlon Gego

Aachen/Düsseldorf. Die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Kai Abruszat (FDP) kam so kurz vor den Wahlen überraschend, normalerweise werden zu solchen Zeitpunkten seichtere Diskussionen geführt. Abruszat wollte von der nordrhein-westfälischen Landesregierung wissen, für welche der vielen neuen Fußballstadien das Land eigentlich bürgt. Eine solche Anfrage ist immer auch eine Provokation, weil in ihr die These mitschwingt: Hört endlich auf, die Stadien der reichen Fußballvereine zu subventionieren.

Die EU schaltet sich ein

Ganz so deutlich sagt es Abruszat dann im Gespräch mit unserer Zeitung nicht, schließlich sind ja bald Wahlen. Er formuliert es stattdessen so: „Ich finde es seltsam, bei der Inklusion um jeden Euro zu ringen, aber bei der Unterstützung eines ohnehin schon reichen Gewerbes wie dem Profifußball großzügig zu sein.“ Das Land solle klare Prioritäten setzen, findet Abruszat, erst recht bei einem Schuldenstand von etwa 135 Milliarden Euro.

Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) antwortete Abruszat im Haushaltskontrollausschuss des Düsseldorfer Landtages, das Land habe seit 2000 Bürgschaften für zehn Fußballstadien in einer Gesamthöhe von 126,7 Millionen Euro übernommen. Bürgen heißt ja nicht automatisch auch bezahlen; die Bürgschaft wird nur dann fällig, wenn der Kreditnehmer den Kredit nicht mehr bezahlen kann.

So wie es in Aachen passierte: Die Alemannia meldete Insolvenz an, die Bürgschaft des Landes wurde fällig: 21,84 Millionen Euro flossen aus der Landeskasse an die kreditgebenden Banken. Wie in Duisburg: Für das neue Stadion des mittlerweile in die dritte Liga abgestiegenen MSV wird das Land mit knapp 14,1 Millionen Euro einspringen müssen. Und weil sich im Profifußball die Dinge auch für große Vereine sehr schnell ändern können, ist nicht ausgeschlossen, dass das Land für weitere Bürgschaften wird bezahlen müssen.

Weil es fragwürdig ist, wenn Gewinne privatisiert, Schulden aber sozialisiert werden, hat sich die EU des Themas angenommen. Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im NRW-Landtag, Mario Krüger, bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass die EU-Kommission prüfe, ob Landesbürgschaften für Stadionneubauten nicht gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. „In diesem Fall“, sagt Krüger, „müssten alle Bürgschaften rückabgewickelt werden“.

Was das in der Praxis bedeuten würde, ist im Moment völlig offen. Ob nun aber Bund, Länder, Kreise oder Kommunen bei der Stadionfinanzierung einspringen müssen, spielt eigentlich keine Rolle: Bislang ist noch immer der Steuerzahler zur Kasse gebeten worden, wenn Fußballvereine sich mit Stadionneubauten verspekuliert haben.

Zehn Bürgschaften, zwei Ausfälle

Das Land NRW hat nach Angaben von Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) seit 2000 für zehn Stadionneu- oder -umbauten von nordrhein-westfälischen Fußballvereinen aus den drei deutschen Profiligen gebürgt. Um welche Stadien es sich konkret handelt, sagt Walter-Borjans unter Berufung auf das Bürgschaftsgeheimnis nicht. Die Gesamthöhe der Bürgschaften beläuft sich auf 126,7 Millionen Euro.

In mindestens zwei Fällen, nämlich beim Tivoli in Aachen und der Schauinsland-Reisen-Arena in Duisburg, wurde die Bürgschaft fällig. In Aachen muss das Land 21,84 Millionen, in Duisburg knapp 14,1 Millionen Euro bezahlen.

Stand Ende 2012 bürgte das Land NRW für insgesamt 521 Kredite von Vereinen und Unternehmen in Höhe von fast 2,4 Milliarden Euro.

Aachener Beutekunst für immer russisch?

Di, 15. Apr. 2014
Aachener Nachrichten – Stadt / Kultur / Seite 11

Aachener Beutekunst für immer russisch?

Van den Brinks Plan zerschlagen: Nach dem Umbruch auf der Krim kehren die Bilder nicht ins Suermondt-Ludwig-Museum zurück

Von Eckhard Hoog

Aachen. Die Krim dürfte für die Ukraine verloren sein – und mit ihr wohl auch die Aussicht Aachens, jemals die knapp 80 Bilder aus dem Suermondt-Ludwig-Museum wiederzusehen, die 2008 im Kunstmuseum von Simferopol aufgetaucht waren. Seit 2007 ist die Aachener Beutekunst dort ausgestellt. 1953 war sie über verschiedene Stationen nach Simferopol gelangt – am Ende einer langen Odyssee von der Auslagerung in der Meißener Moritzburg während des Zweiten Weltkriegs über den Abtransport in die Sowjetunion bis hin zum Verbleib im Heimatmuseum von Jalta, das keinen geeigneten Raum dafür gefunden hatte. Ein bayrisches Touristenpaar, des Russischen mächtig, entdeckte die Aachener Bilder dann 2008 völlig überraschend in einer Ausstellung im Museum Simferopol – die Endstation für immer, wie es nun aussieht.

Drei Mal reiste Museumsdirektor Peter van den Brink als Mitglied einer deutschen diplomatischen Kommission in die Ukraine, um das Thema in Kiew mit dem dortigen Kulturministerium zu besprechen. Das vierte Mal sollte jetzt im Mai stattfinden. Doch: „Das Auswärtige Amt hat die Reise abgesagt“, sagt van den Brink mit Bedauern und Verständnis zugleich. „Schließlich gehören die Bilder ja nicht mehr der Ukraine“ – sondern wie die gesamte Krim zu Russland.

Dabei hätte gerade jetzt die Chance bestanden, den gordischen Knoten zu durchschlagen: Mit einem außergewöhnlichen Vorschlag wollte van den Brink eine endgültige Lösung für die Aachener Kollektion ebenso finden wie für eine dauerhaft vertrauensvolle Kommunikation mit dem Museum auf der Krim, womöglich mit der Perspektive eines gelegentlichen Austauschs von Kunstwerken. Um die Rückgabe von fünf, nur fünf, der 76 Bilder wollte van den Brink bitten – allerdings solche, die für Aachen eine ganz besondere Bedeutung haben: vor allem Johann Gottfried Pulians Gemälde „Das Aachener Münster“ von 1854/55. Im Gegenzug sollte das Kunstmuseum Simferopol alle anderen Beutebilder aus Aachen geschenkt bekommen.

Daraus wird nun nichts: Jetzt gehören sie sowieso alle Russland, denn die Duma, das russische Parlament, hatte 1998 in einem Gesetz pauschal die von sowjetischen Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg mitgenommenen Kunst- und Kulturgüter zu Staatseigentum erklärt. Deutschland hält dieses Gesetz für völkerrechtswidrig – was aber an den Tatsachen nichts ändert.

Die ganze Entwicklung auf der Krim, so der begründete Verdacht Peter van den Brinks, dürfte der Museumsdirektorin in Simferopol, Larina Vladimirovna Kudryashova, sehr entgegenkommen: „Sie ist ja selbst Russin und stammt auch noch aus einer edlen russischen Familie.“ Larina ist ein direkter Abkömmling des Fürsten Juri Dolgorukij, dem Gründer von Moskau. Der Aachener Museumsdirektor hat indes selbst Verständnis für die russische Seite, was die Krim angeht: „Die war immer russisch, vor der Zeit der Perestroika noch sehr viel mehr und stärker als heute.“

So verfahren die Lage um die Aachener Bilder auf der Krim auch sein mag: Peter van den Brink erkennt dennoch Perspektiven für Verhandlungen über andere Beutekunst aus Deutschland, die sich nach wie vor in der Ukraine befindet. „Gerade jetzt!“, sagt er mit Blick auf die versprochene Finanzhilfe der EU in Höhe von elf Milliarden Euro. „Man sollte die Hilfe an die Bedingung knüpfen, die Depots in Kiew und Odessa zu öffnen. Dabei ginge es nicht um die Rückgabe von Kunstgegenständen, sondern darum, den Zugang zu ermöglichen. Die Zeit dazu ist reif.“ In Kiew und Odessa sollen große Bestände an Beutekunst aus Deutschland unter Verschluss gehalten werden. Van den Brink: „Klar, dass die Ukraine jetzt andere Sorgen hat. Aber das Thema sollte man trotzdem ansprechen.“

„Das Auswärtige Amt hat die Reise abgesagt.“

Museumsdirektor Peter van den Brink wollte im Mai eigentlich zum vierten Mal in die Ukraine reisen